Amerang/Chiemgau – Bessi, Disney, Olympia und Bavaria sausen aufgeregt über den Rasen am Anwesen Betzl in Amerang. Und auch beim Fototermin sind die Dackel zuerst kaum zu bändigen – Energiebündel auf vier Pfoten, jedes mit einem eigenen Charakterkopf. Doch Justine Betzl, Steffi Diepers und Katharina Seidel haben die vier, die gerade erst aus ihren Hundekörbchen im Auto entlassen wurden, blitzschnell im Griff. Ein paar klare Kommandos und die Dackel hören aufs Wort.
Tiere wollen
arbeiten
Trotzdem ist auf den ersten Blick klar: Schoßhündchen sind sie nicht, obwohl sie auf einen Schoß passen würden. „Ein Dackel ist kein Handtäschchen-Hund für die Tussi-Klientel“, bringt Zuchtwartin Steffi Diepers die Persönlichkeit der Tiere auf den Punkt. „Dackel haben ihren eigenen Kopf.“ Will heißen: Ein Teckel will gefordert werden, man könnte sagen: Er will arbeiten, berichten die Züchterinnen. Denn der Dackel ist der kleinste deutsche Jagdhund, so die Halterinnen.
„Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos“, findet die Vorsitzende des Clubs in der Sektion Chiemgau, Justine Betzl aus Amerang, und schaut liebevoll Richtung „Bessi“, die über das Gelände tollt. Der siebeneinhalb Jahre alte schwarz-rote Rauhaardackel ist schon der sechste seiner Art im Hause Betzl.
Bessi ist ein geprüfter Jagdhund, der mit Ehemann Herbert zur Jagd geht, berichtet Justine Betzl. Bessi hat keine Scheu vor Wasser, apportiert, sucht, „ein fleißiger Arbeiter“. Und ein vierbeiniger Freund der Familie, der Kinder mag und auch gerne kuschelt. „Der Dackel ist von Natur treuherzig“, ergänzt Zuchtwartin Steffi Diepers. Steffi Diepers hält derzeit sogar fünf Dackel, darunter auch Amica, eine alte Hündin, die an Demenz erkrankt ist. Ihre Halterin züchtet seit 15 Jahren. Ihr größtes Problem: Sich von einem Wurf wieder zu trennen. Das muss jedoch sein, auch wenn es schwerfällt, denn die Welpen wachsen einem sehr ans Herz, bestätigt auch Katharina Seidel. Ihre Hündin Bavaria (sechs Jahre alt) ist derzeit trächtig. Den neunjährigen Linus, der eigentlich als Vater ihrer Welpen ins Auge gefasst worden war, mochte Bavaria jedoch nicht. Im zweiten Anlauf habe es dann mit einem anderen Rüden geklappt. „Die Chemie zwischen den beiden hat diesmal sofort gestimmt“, freut sich Katharina Seidel, Schriftführerin des Vereins.
Sie spürt die große Verantwortung für Mutter und Welpen, vor allem während der Geburt. Ein normaler Verlauf sei jedes Mal ein kleines Wunder der Natur, schließlich gebe es pro Wurf fünf bis acht Hundebabys. Komplikationen könnten auftreten, sogar Kaiserschnitte notwendig sein. Wenn es so weit sei, gebe es in der Regel eine schlaflose Nacht. Und danach etwa neun bis zehn Wochen Trubel im Züchterhaus, denn gesunde junge Dackel sind neugierig, mobil und kleine Schlitzohren, berichtet Steffi Diepers.
Jeder Welpe habe einen eigenen Charakter. Die Erziehung ist deshalb kein Kinderspiel, sagen die Züchterinnen unisono. „Den berühmten Dackelblick haben schon Welpen drauf. Sie tun gerne so, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte und können schnell auf stur schalten.“ Deshalb seien die Halter als Erzieher und Führer gefragt. „Mit konsequenter Stimme Gehorsam einfordern und wenn gefolgt wird, in den höchsten Tönen loben und mit einem Leckerli belohnen“, laute das Erfolgsrezept. „Gehorsam ist die Versicherung des Hundes!
Deshalb ist es sehr wichtig, sich frühzeitig im Verein für Welpen- und Junghundekurse anzumelden und wenn der Dackel reif ist, den Begleithundekurs mit dem Ziel der Prüfungen zu absolvieren“, sagt die Vorsitzende des Vereins.
Die Sektion Chiemgau hat 174 Mitglieder und feiert am heutigen Samstag das 50-jährige Bestehen. Eine Dackel-Liebe mit Tradition. Dahinter steckt viel Erfahrung und eine Gemeinsamkeit: „Unsere Dackel sind alle geadelt, sie haben einen Stammbaum, sind Von-und-zu“, betont Betzl. Die Hunde stammen von anerkannten Züchtern, die die Abstammung jedes Wurfs dokumentieren und zertifizieren plus Eintragung in die Ahnentafel. Es sind „gläserne Tiere“, unterstreicht Steffi Diepers.
Dies sei wichtig für die Gesundheit der Dackel, wie die Zuchtwartin betont. Denn auch der Teckel ist so wie viele Hunderassen aufgrund der Diskussion um Qualzuchten in den Fokus der Kritik geraten. Eine Debatte, die die Sektion Chiemgau nicht empört. Im Gegenteil: Sie sei grundsätzlich notwendig, um Missbrauch zu verhindern. Trotzdem bringe die geplante Reform, dargelegt in einem Entwurf für die Novellierung des Tierschutzgesetzes, den Fortbestand der Rassehundezucht in Gefahr.
Tatsache ist: Der Dackel mit seinen kurzen Läufen, seinem lang gestreckten, niedrigen Körper und seiner kleinen, kompakten Statur ist eine Züchtung, anatomisch perfekt für die Jagd, etwa im Unterholz. Hat er gesundheitliche Probleme, wie die so oft bei Zuchtkritikern angeführten Bandscheibenvorfälle, liege das jedoch oft daran, dass der Hund falsch gehalten werde, berichtet die Zuchtwartin.
Überforderung von Knochen und Muskulatur durch Hundesport, also Überlastung, nennt sie als Beispiel. Auch die Anlage zur Glasknochenkrankheit würden einige Dackel in sich tragen, jedoch nicht alle daran auch wirklich erkranken. Deshalb seien gut dokumentierte Zuchtergebnisse und regelmäßige gesundheitliche Prüfungen das A und O.
Zucht mit
Verantwortung
Qualzucht: Das betrifft in ihren Augen eher neue Mode-Hunde wie etwa den „Golden Doodle“, eine Mischung aus Retriever und Pudel. Eine Kreuzung, bei der das Fell stark verfilze, wie die Zuchtwartin bedauert. Sie verweist außerdem auf den Welpenhandel im Internet. Auf Online-Marktplätzen wie Ebay und Co. würden auch Jungtiere ohne Abstammungszertifikat oder Gesundheitsnachweisen billig angeboten. Deshalb sei es wichtig, sich Dackelclubs wie in der Sektion Chiemgau anzuschließen, die ein verantwortungsbewusstes Zuchtmanagement betreiben würden.