Prutting – Jeder kennt sie, die gebauten Scheußlichkeiten in seiner Nähe: Häuser, die in die Umgebung passen, wie die Faust aufs Auge. Bauten, die wirken, als hätten Bauherren und Architekten einen schlechten Witz in die Landschaft setzen wollen. Interessanterweise ist die Umkehrung aber viel schwerer zu beantworten. Was sind schöne Häuser? Woran liegt es, dass man bei manchen sofort den Eindruck gewinnt: „In dem würde ich auch wohnen wollen“. Da kommt man ins Stottern – die Frage nach dem „schönen Haus“ ist offenbar genau so schwer zu beantworten, wie die nach dem Schönen an sich.
Verleihung im
März 2025 geplant
In Prutting versucht man nun keine theoretische, sondern eine ganz praktische Antwort auf diese Frage zu finden. Die Gemeinde lobt im kommenden Jahr erstmals einen Baukulturpreis aus, der im kommenden März und darauf dann im Zweijahresturnus verliehen werden wird.
Bis zum 15. Februar, so erläutert Bürgermeister Johannes Thusbaß, können alle Pruttinger Vorschläge einreichen für gelungenes Bauen. Dabei, so betont er, ist das Alter des Gebäudes unwichtig – vom Denkmal-Haus bis zum jüngst fertiggestellten Neubau kann sozusagen alles vorgeschlagen werden.
Die Jury, die dann den gelungensten Bau küren wird, besteht aus Stefanie Seeholzer, die die Gemeinde bei ihrem Entwicklungskonzept betreut hat, Daniela Klinginger als der Bauamtsleiterin, Johannes Thusbaß als Bürgermeister sowie drei Gemeinderäten. Beteiligt sein wird auch noch Rupert Seeholzer als Rosenheimer Kreisbaumeister (nicht verwandt mit Stefanie Seeholzer).
Dass Rupert Seeholzer mit dabei ist, kommt nicht von ungefähr. Er hatte im Frühjahr 2022 bei einem Vortrag den Gemeinderäten aus Prutting und Söchtenau Beispiele für gelungenes und eher misslungenes Bauen vorgestellt. Und damit sozusagen den Keim gelegt für den Pruttinger Baukulturpreis. Den kann man, so meint Thusbaß, durchaus auch als einen Beitrag für eine weiter gefasste Antwortsuche sehen. Nicht nur nach dem, was gelungene Häuser ausmacht, sondern auch, wie das zukünftige Prutting insgesamt idealerweise gestaltet werden soll: So, dass es zu einem Dorf wird, dass einerseits mit der Zeit geht und dennoch dabei seinen ursprünglichen Charakter nicht preisgibt.
Dieses Anliegen treibt nicht nur den derzeitigen Gemeinderat seit Anfang an um, es ist auch eine Frage, die den Bürgern wichtig ist. Das zeigte die rege Beteiligung am Gemeindeentwicklungskonzept, es war aber nicht zuletzt auch der lebhaften Resonanz zu entnehmen, die unlängst die große Ausstellung zur Gemeindegeschichte erfuhr. Denn dort ging es nicht nur um alte Bräuche, um besondere Ereignisse oder Anekdoten. Es ging vor allem auch um Strukturen und deren Entwicklungslinien: Wie war Prutting, wie waren alle seine Ortsteile ursprünglich angelegt und warum? Und welche Erkenntnisse für die Zukunft lassen sich daraus gewinnen?
Altes kann ganz
modern sein
Oftmals zeige sich dabei, dass „altes“ Bauen überaus modern war, etwa was die Anpassung an Wetter- und Klimabedingungen anbelangt, sagt Johannes Thusbaß. Und er verweist auch hier wieder auf Rupert Seeholzer, der in einem Vortrag einmal auf die Lage der Häusereingänge in Bamham einging. Die sind nämlich nicht, wie man vermuten könnte, auf beiden Seiten zur Straße hin orientiert. Sondern sie liegen an der jeweils wetterabgewandten Seite der Häuser und öffnen sich deshalb nur auf einer Straßenseite zu dieser hin.
Natürlich wird einstiges Bauen nicht immer als Eins-zu-Eins Vorbild für heutige Haus- und Ortsgestaltung dienen können, stellt Johannes Thusbaß fest. Es solle und müsse auch Platz für Neues geben – es sollte nur möglichst gelungen sein. Und für die Suche nach solchen Beispielen – die dann durchaus auch als Ganzes oder in Teilen zum Vorbild dienen könnten – will der Baukulturpreis einen Beitrag leisten.