Großkarolinenfeld – Ein Gottesdienst könnte in der evangelischen Karolinenkirche derzeit ganz offensichtlich nicht stattfinden. Zwischen hohen Baugerüsten stehen Schubkarren, Leitern und Zementkübel. Der Boden liegt blank und an den Wänden sind grob verputze Leitungen zu sehen. Es ist auch keine Messe, die hier heute abgehalten wird. Die kleine Gruppe, die sich versammelt hat, will die Baustelle besichtigen. Einer von ihnen hat eine große Mappe dabei. Darin: ein Förderbescheid über 30000 Euro. Eine willkommene Unterstützung für die Kirchengemeinde, die ihr Gotteshaus seit April umfangreich saniert.
Überraschung
im Glockenstuhl
„Wir haben mit dem Dachstuhl angefangen“, berichtet Dr. Richard Graupner, der evangelische Gemeindepfarrer. Die Balken im Turm seien korrodiert gewesen, ein Träger im Glockenstuhl etwa musste komplett erneuert werden. „Das war eine der Überraschungen bei der Sanierung“, sagt der Pfarrer schmunzelnd.
Die Karolinenkirche ist die älteste evangelische Kirche in Altbayern. 2023 hat sie ihr 200. Jubiläum gefeiert. Zunächst war es die Idee, das Gebäude für diesen Anlass lediglich aufzuhübschen. Bei einer Bestandsaufnahme stellte sich dann heraus, dass die Bausubstanz an einigen Ecken grundlegend marode ist. Daher ist nun eine umfassende Sanierung in Gange, um das Gotteshaus erhalten zu können: Unter anderem mussten Dach und Dachstuhl trockengelegt sowie der Glockenturm statisch ertüchtigt werden. Die Kosten für die Maßnahme liegen bei rund 1,95 Millionen Euro.
Weiter geht es mit den Arbeiten im Kirchenschiff. Aktuell wird eine neue Isolierverglasung eingebaut sowie eine neue Pelletanlage mit Photovoltaik errichtet. Herausfordernd ist auch der Boden. „Wir hatten schon immer Probleme mit Feuchtigkeit“, so Dr. Graupner. Eigentlich hatte man die alten Fliesen erhalten wollen. Doch es zeigte sich, dass diese schon zu beschädigt waren. Jetzt ist ein Holzboden geplant – ohne die frühere Schwelle, die den Altarbereich trennte. „Das Ziel ist es, die Kirche zu öffnen“, erklärt der Pfarrer.
Doch das Gotteshaus solle nicht nur symbolisch einen Platz mitten in der Gemeinde haben. Zukünftig ist geplant, neben Gottesdiensten auch andere Veranstaltungen wie Kunstausstellungen, Konzerte, Lesungen oder Feste in der Kirche abzuhalten. Daher ist auch eine neue Bestuhlung vorgesehen: Statt der alten Holzbänke werden Klappstühle angeschafft, die je nach Bedarf aufgestellt werden können. Außerdem wird die Kirche mit allerlei Technik ausgerüstet, etwa ist in der Wand ein Loch für einen Beamer eingelassen. Auf diese Weise ist der Raum multimedial nutzbar. Ein Leader-Antrag soll helfen, einen Kulturraum für die Region zu schaffen.
Das Ambiente der historischen Kirche dürfe dabei aber nicht verloren gehen. „Der Raum lebt von seiner Klarheit“, so Dr. Graupner. Dafür steht auch das liturgische Konzept der Künstlerin Katharina Gaenssler und deren Entwürfe für Altar, Ambo, Taufbecken, die im Raum variabel platziert werden können.
Bei Axel Hofstadt und Joachim Freiherr von Maltzan vom Ortskuratorium München der Deutschen Stiftung Denkmalschutz weckt das Vorhaben großes Interesse. „Wir beschäftigen uns derzeit stark mit der Umnutzung von Kirchen“, so Hofstadt. Es sei spannend, zu hören, wie das soziale und kirchengemeindliche Miteinander gelinge. Bernd Fessler, Großkarolinenfelds Bürgermeister, berichtet von der gelebten Ökumene in der Kommune. Gemeinsame Gottesdienste seien nichts Außergewöhnliches. Auch plane die Gemeinde auf einer Fläche zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche einen sogenannten „Pfälzer Stadl“, der für Veranstaltungen genutzt werden soll und die Kirchen zusätzlich verbinde.
Stiftung Denkmalschutz hilft
Pfarrer Graupner rechnet mit einer Wiedereröffnung der Karolinenkirche im September des nächsten Jahres. Ein Großteil der Bausumme sei inzwischen zusammen: Unterstützung gab es etwa von der evangelischen Landeskirche, vom Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes, von der Gemeinde sowie der Nachbargemeinde Tuntenhausen. Dazu kommt nun eine Summe von 30000 Euro der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, deren symbolischen Scheck Ortskurator Hofstadt überreicht. Die Stiftung fördert geschichtlich bedeutsame, nicht-staatliche Objekte. Die ehrenamtliche Auswahlkommission legt ihr Augenmerk auf Vorhaben, die einen hohen regionalen Stellenwert haben. „Mir gefällt das Projekt hier auch architektonisch sehr gut“, lobt Hofstadt.