Bad Endorf – „Es is a Wahnsinn, wenn man sowas liest“, sagt Franz (49) aus der Steiermark. Er hätte einen Stall und sogar ein Haus für Bauer Wast B. (Name von der Redaktion geändert) aus Dorfbach. Wenn auch 300 Kilometer entfernt, wenn auch nur für den Winter. Der Bauer aus Bad Endorf ist nach dem Ehe-Aus vor 16 Jahren allein zurückgeblieben, hat lange um den Erhalt der Landwirtschaft gekämpft. Jetzt sind alle Gerichtsinstanzen durchlaufen, muss er Haus und Hof verlassen. 30 Kühe und zehn Färsen darf er mitnehmen. Doch einen Stall hat er für seine Tiere nicht.
Ähnliche
Erfahrungen gemacht
Franz kann erahnen, wie es dem 66-jährigen Wast geht: „Da baut man sich einen Lebenstraum auf und arbeitet hart dafür. Und dann wird er über Nacht zerstört.“ Der Steirer hat Ähnliches erlebt. Einst hatte er 170 Kühe. Heute nicht eine mehr. Nur noch zwei leere Laufställe. Einen hat er erst vor neun Jahren gebaut. Doch vor drei Jahren ist ihm die Frau davongelaufen. Weil er nur noch gearbeitet hat. Das hat alles geändert. Auch er habe lange gekämpft, erzählt er im Telefonat mit dem OVB. „Doch irgendwann gibt man auf, da es keinen Sinn macht.“
Franz hat all seine Tiere verkauft, seine Frau ausgezahlt. Bauer zu sein, war immer sein Traum. Doch der ist ausgeträumt. Heute arbeitet er als Außendienstler bei einem Hersteller von Landtechnik. Im nächsten Jahr will er die entseelte Hofstelle verkaufen. Doch bis dahin könnte der Dorfbacher Landwirt mit seinen Tieren ein Übergangsquartier bei ihm haben, sagt er.
Landwirte wissen: „Ist die Ehe kaputt, ist auch der Hof kaputt.“ Viele haben Bauer Wast B. aus Dorfbach in den vergangenen Tagen angerufen oder sich beim OVB gemeldet. Die Resonanz auf sein Schicksal ist groß. „Die einen spenden Trost, die anderen geben mir Beistand, wieder andere erzählen mir, wie es ihnen nach der Scheidung ergangen ist“, erzählt der 66-Jährige. Er ist überwältigt von der großen Solidarität und dem ehrlichen Mitgefühl: „Das hätte ich nie gedacht.“
Ein Bauer aus dem Landkreis Ebersberg bedankt sich beim OVB dafür, dass das Thema aufgegriffen wurde: „Landwirte werden oft als Millionäre dargestellt, weil nur der Wert der Hofstelle, der Flächen und Maschinen gesehen wird. Aber davon kann man nicht abbeißen.“ Ähnlich ist auch die Situation von Wast: Auf mehr als sechs Millionen Euro wird der Hof in Dorfbach geschätzt. 45 Jahre hat er ihn bewirtschaftet. Lange dafür gekämpft, die Landwirtschaft zu erhalten. Nun muss er gehen.
Viele Anrufe, doch
auch eine Lösung?
In Traunreut wäre Platz in einem Laufstall. Auch in Hutthurm bei Passau könnten seine Tiere einziehen. Landwirte aus Neukirchen brauchen für ihren großen Laufstall noch ein paar Milchkühe. In der Nähe von Kirchseeon suchen Bauern nach einer Übergangslösung bis zur Hofübernahme durch den Sohn. Und dann gibt es noch einige leerstehende Laufställe in der Umgebung, von denen Wast B. gehört hat. Doch ob die reaktiviert werden können, weiß er nicht.
Eine Stall-Börse, so sagt ein Sprecher des Rosenheimes Amtes für Landwirtschaft, gebe es nicht. Werde eine Hofstelle frei, mache das unter den gut vernetzten Bauern schnell die Runde, ist beim Maschinenring zu erfahren. Doch seien freie Laufställe in der Region eher eine Seltenheit.
Der Countdown
läuft weiter
Der Bad Endorfer Bauer hat inzwischen eine ganze Liste mit Telefonnummern, viele Optionen. Ob eine Lösung für ihn dabei ist? Das will er in den nächsten Tagen erkunden, sich alle Angebote vor Ort anschauen und mit seinen Berufskollegen ins Gespräch kommen. Viel Zeit bleibt ihm dafür nicht. Nicht nur, weil er seine 115 Tiere – Milchkühe, Färsen und Kälber – allein versorgt. Auch, weil er im Winterdienst aktiv ist. Vor allem aber, weil er schon in wenigen Tagen vom Hof sein muss. Bis zum 31. Dezember. Der Countdown läuft.