„Es muss scheppern“

von Redaktion

Streik bei DPD Obing – Das sind Folgen für Paketzustellung vor Weihnachten

Obing – Einen „besseren“ Zeitpunkt hätte sich die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nicht aussuchen können für einen Warnstreik in der Logistikbranche: mitten im Weihnachtsgeschäft, der Zeit, in der deutschlandweit besonders viele Pakete verschickt werden. Doch es geht um den Geldbeutel der Mitarbeitenden, die im Logistikbereich ohnehin nicht gerade zu den Gutverdienern gehören. Verdi fordert 368 Euro mehr Lohn und Gehalt (184 Euro für Azubis), die Arbeitgeber hätten jedoch nur ein „schäbiges Magerangebot“ abgegeben: 2,1 Prozent mehr in diesem Jahr, 2,5 Prozent mehr 2025. Damit werde nicht einmal die Inflation ausgeglichen, kritisiert Gewerkschaftssekretär Andreas Bernauer.

Streikbeginn bei DPD in Obing um 4 Uhr

Er war gestern Morgen vor Ort im DPD-Paketzentrum in Obing. Und freute sich über eine sehr gute Resonanz auf den Streikaufruf: Pro Schicht sind hier laut Bernauer etwa 30 bis 40 Personen tätig, etwa 30 traten zu Beginn in den Ausstand. Sie zogen mit Plakaten und Bannern vor das Werkstor: ein ungemütlicher Aufenthalt bei nasskaltem Wetter in aller Früh. Den ganzen Tag über wird in Obing gestreikt, bis zum Schluss der letzten Schicht um 18 Uhr, so Bernauer. Er schließt weitere Warnstreiks vor Weihnachten nicht aus. Am Montag, 16., und Dienstag, 17. Dezember, ist die nächste, dritte Verhandlungsrunde angesetzt, berichtet Bernauer. Verdi verhandelt für Beschäftigte von Hermes, Trans-o-flex, DPD, UPS, Schenker und weitere Unternehmen, nicht aber für die Deutsche Post. Komme es nicht zu einer Einigung, „kann es durchaus sein, dass kurz vor Weihnachten noch einmal gestreikt wird.“ Grundsätzlich ist Verdi jedoch laut Bernauer guter Hoffnung, dass vorher eine Lösung erreicht wird.

Die Stimmung in der Logistikbranche sei angespannt. „Die Leute brauchen und wollen mehr Geld.“ Viele Mitarbeitende ständen hinter den Forderungen der Gewerkschaft, seien der Meinung, „es muss scheppern“, damit sich finanziell etwas zum Besseren tue. Das Personal in der Paketbranche werde grundsätzlich nicht üppig bezahlt, Speditionskaufleute würden nach ihrer dreijährigen Ausbildung pro Stunde nur auf einen Lohn von 15,17 Euro kommen. Zum Vergleich: Der Mindestlohn liegt derzeit bei 12,41 Euro. Die Branche leide außerdem unter einem großen Personalmangel – und das in Zeiten, in denen der Online-Handel boomt.

In Obing zeigten sich die Mitarbeitenden kampfbereit, so Bernauer. Für sie sei es der erste Streik, das Auftreten deswegen noch eher verhalten gewesen. Die Arbeitsniederlegung sei sehr diszipliniert abgelaufen. „Auch der Arbeitgeber in Vertretung des Zentrumsleiters hat sich ruhig verhalten“, so Bernauer. „Es gab keine Konfrontationen.“ Die Betriebsleitung war laut Verdi eine halbe Stunde vor Streikbeginn informiert worden. Das DPD-Paketzentrum in Obing war im Bereich der Verdi-Bezirksstelle Rosenheim, zuständig für die Landkreise Rosenheim, Traunstein, Mühldorf, Berchtesgaden, Altötting, Bad Tölz und Wolfratshausen, gestern der einzige Standort beim bayernweiten Streik. Die Wahl war laut Bernauer auf Obing gefallen, weil dort viele Verdi-Mitglieder arbeiten.

Der Streik betraf nach seinen Angaben jedoch lediglich die Betriebsabläufe im Paketzentrum selber, nicht die Zustellerinnen und Zusteller. Sie waren am Mittwoch mit weniger Ladung als sonst unterwegs. „Die Kunden werden es spüren“, ist Bernauer überzeugt. Sendungen, die für Mittwoch angekündigt seien, würden vermutlich erst Donnerstag oder Freitag die Zustelladresse erreichen. Mit Verspätungen dieser Art sei zu rechnen.

Nummer zwei im deutschen Markt

Der Paketdienst DPD ist Teil der international tätigen Geopost, die wiederum zur französischen Le Groupe La Poste, der zweitgrößten Postgesellschaft in Europa, gehört. DPD ist laut eigenen Angaben die Nummer zwei im deutschen Markt, hier transportiert das Logistikunternehmen rund 375 Millionen Pakete im Jahr. Eine Stellungnahme des Paketdienstes zum Streik wurde angefragt, die Antwort steht noch aus.

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