Polizeibergführer ermitteln

von Redaktion

Nach Unfall in Kletterhalle wird derzeit nach der Absturzursache gesucht

Stephanskirchen – Ein 45-jähriger Kletterer ist am vergangenen Mittwoch (11. Dezember) in der Kletterhalle Rosenheim aus einer Höhe von zwölf Metern abgestürzt und hat sich schwer verletzt. Der Rosenheimer ist auf dem Weg der Besserung. Offen sind die Fragen nach der Unfallursache. Die ermitteln Polizeibergführer der Alpinen Einsatzgruppe Kiefersfelden. Was bisher bekannt ist.

Alpine Einsatzgruppe auf Spurensuche

Was ist passiert: Der 45-Jährige, ein erfahrener Kletterer, befand sich in einer überhängenden Route im Vorstieg. Das heißt, er ging in der Kletterroute voran, hängte das Seil in die Zwischensicherungen und war vor allem durch seine Sicherungspartnerin am Boden gesichert. Warum er stürzte, und warum die sichernde Person den Sturz nicht halten konnte, wird derzeit untersucht.

War der Kletterer
richtig gesichert?

Wie ein Sprecher der Alpinen Einsatzgruppe (AEG) informiert, konzentriere sich die Fehler- und Spurensuche unter anderem auf Fragen wie: War der Bergsportler richtig ins Seil eingebunden? Wurden die richtigen Knoten gesetzt? Wie war der Zustand von Seil und Sicherheitseinrichtungen? „Untersucht wird auch, ob das Sicherungsgerät vorschriftsmäßig bedient wurde“, erläutert der Polizeibergführer.

Eine lebenswichtige
„Seilschaft“

Nach Informationen des Deutschen Alpenvereins (DAV) werden beim Sichern die meisten Fehler gemacht. So belege eine Studie zum Verhalten beim Hallenklettern, dass nur etwa 50 Prozent der beobachteten Personen im Vorstieg fehlerfrei sicherten. „Die häufigsten Fehlerbilder waren falsches Bedienen des Sicherungsgeräts und zu viel Schlappseil“, so der DAV.

Hinzu komme aber auch, dass beim Vorstieg mehr Erfahrung als beim Toprope-Klettern erforderlich sei, erklärt der Polizeisprecher. Bei Toprope komme das Seil von einer Umlenkung am Ende der Route zum Kletterer hinunter.

Beim Vorstieg müsse er beim Aufstieg Sicherungen anbringen, trage das Seil mit und klippe es während des Kletterns an Sicherungspunkten ein. Die falsche Handhabung des Seils könne zu Unfällen führen. Deshalb spiele ein erfahrener Sichernder, der perfekt Seil geben könne, eine wichtige Rolle.

Vier wesentliche Risiken

Klettern birgt Risiken – auch in Hallen. Nach Informationen des DAV sind es vier wesentliche: Auf den Boden zu fallen als zentrales Risiko, beim Klettern oder auch Sichern an die Wand zu stoßen oder mit einer stürzenden Person zusammenzuprallen.

Trotzdem sind Unfälle in Kletterhallen eher selten. In der Unfallstatistik des Deutschen Alpenvereins und des Verbandes der Kletter- und Boulderhallen KLEVER wurden im Jahr 2023 deutschlandweit in 250 Kletterhallen 218 Unfälle erfasst, bei denen der Rettungsdienst gerufen werden musste. 71 Prozent der gemeldeten Unfälle (155) ereigneten sich beim Bouldern, 52 beim Seilklettern (24 Prozent).

Unfälle beim Klettern seien häufig mit schwereren Verletzungen verbunden, hauptsächlich an Beinen (19) und Rumpf (7). Zwölf Unfälle verursachten 2023 multiple Verletzungen, beispielsweise Schäden im Bereich der Wirbelsäule und an zusätzlichen Extremitäten.

Wo beim Vorstieg
die Gefahren lauern

Die meisten der 52 Seilkletter-Unfälle passierten beim Vorstiegsklettern (56 Prozent), gefolgt von Ablassen (23 Prozent) und Toprope-Klettern (11 Prozent). Beim Klettern an Selbstsicherungsautomaten ereigneten sich fünf Fälle (10 Prozent). Die meisten der Seilkletterunfälle (52 Prozent) endeten in einem Bodensturz.

Insgesamt kam es laut der Statistik von DAV und KLEVER im Jahr 2023 in Kletterhallen zu 27 Bodenstürzen, die meisten ereigneten sich während des Ablassens (12), acht beim Vorstieg. Bei sechs der Bodenstürze ist bekannt, dass die sichernde Person Handverbrennungen davontrug. In vier Fällen war die Führungshand betroffen, also die Hand zwischen Sicherungsgerät und kletternder Person. Einige der Unfälle geschahen im Moment des Klippens und Seilausgebens.

Unfallrisiko in Kletterhallen gering

Eine wesentliche Botschaft der Kletterhallenunfallstatistik ist aber auch: Das Unfallrisiko in Kletterhallen ist im Vergleich zu anderen Sportarten gering. So hat der DAV nach einer Stichprobenberechnung in sechs Kletterhallen das Unfallrisiko pro 1000 Stunden Sportausübung berechnet. Demnach ereignen sich in 1000 Stunden 0,40 Unfälle beim Bouldern und 0,015 Unfälle beim Seilklettern.

Welche Sportarten die meisten Unfallrisiken bergen, hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ermittelt. Demnach ist Fußball der Spitzenreiter, mit durchschnittlich 12,4 Verletzungen pro 1000 Spiel- oder Trainingsstunden. Etwa ein Drittel der Sportunfälle entfällt auf das Kicken. Dahinter folgen der Skisport (20,1 Prozent), sonstige Ballsportarten wie Handball (11,7 Prozent) und Reitsport (6,2 Prozent).

Ausbildung
und Achtsamkeit

„Klettern birgt Gefahren“, macht der Deutsche Alpenverein klar. „Deshalb wird die Fähigkeit, mit den Risiken beim Hallenklettern verantwortlich umzugehen, durch Ausbildung, Achtsamkeit und gemeinschaftliche Verantwortung erworben.“

Eine besondere Bedeutung komme der guten Sicherung als Basis für schweres Klettern zu. „Im Grunde ist die sichernde Person die Mutter des Kletternden“, beschreibt der DAV, „denn sie hält ihn über das Seil als Nabelschnur am Leben.“

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