Stephanskirchen/Riedering – „So nicht“, heißt es übereinstimmend in Stephanskirchen und Riedering, wenn es um die vom Landratsamt geplanten Flüchtlingsunterkünfte geht. In beiden Gemeinden geht es nicht darum, dass Geflüchtete untergebracht werden sollen, sondern wie.
Beide Gemeinden wehren sich. Stephanskirchen gegen die geplante Unterkunft für bis zu 101 Menschen mitten im Industriegebiet, in einem leer stehenden Firmengebäude, ohne jegliche Anbindung an den Ort. Riedering gegen eine große Containeranlage am Gut Spreng, mitten in der Landschaft, ohne jegliche Anbindung an den Ort. Beide Gemeinden haben Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.
Baugenehmigungen
ohne Zustimmung
Denn: Das Landratsamt (Abteilung Baurecht) hatte dem Landratsamt (Abteilung Soziales) für beide Vorhaben Baugenehmigungen erteilt. Obwohl sich die Gemeinderäte hier wie da mehrfach gegen die Pläne ausgesprochen und die Zustimmung zu den Bauanträgen verweigert hatten. Die Baugenehmigung für die Umnutzung des leer stehenden Industriegebäudes im Stephanskirchner Ortsteil Murnau kam im Juli. Die Genehmigung des Containerdorfes in Riedering im Oktober. „Eine Außentreppe an das bestehende Gebäude hatte der Landkreis da schon ohne Genehmigung gebaut“, sagt Riederings Bürgermeister Christoph Vodermaier. Nachträglich genehmigt hat der Gemeinderat die Treppe nicht.
Das Gut Spreng, einst als „Hackethal-Klinik“ bundesweit bekannt und später als Klinik für traditionelle chinesische Medizin weitergeführt, ist allerdings auch nicht Teil der Klage. Denn dessen Umnutzung in eine Unterkunft für geflüchtete Menschen stimmte der Riederinger Gemeinderat im Mai mit großer Mehrheit zu. 67 Menschen sollen dort im ersten Quartal 2025 einziehen, gab Vordermaier auf Nachfrage der Redaktion bekannt.
Gut 100 Personen sollen irgendwann noch dazukommen, in Containern. Die dreigeschossigen Containeranlagen, bestehend jeweils aus zehn Zimmercontainern, drei Aufenthaltscontainern und vier Sanitärcontainern, passen nach Ansicht des Gemeinderates „nicht ins Landschaftsbild des Außenbereiches“. Zudem sei der Bau mit einer Größe von 30 mal 14 Metern und einer Höhe von zehn Metern zu groß, erklärt Vodermaier. Die 102 Container „hätten ursprünglich im 3. Quartal 2024 in Riedering errichtet werden sollen“, sagt eine Landratsamt-Sprecherin. Noch aber sind sie am alten Romed-Klinikum in Wasserburg zwischengelagert. Seit Mitte Oktober stehen sie bereits dort. Und sorgen für Fragezeichen in der Nachbarschaft. Denn im ehemaligen Krankenhaus hat der Bezirk Oberbayern eine Unterkunft für mehrere hundert Menschen eingerichtet. „Ist da schon alles voll? Kommen jetzt auch noch Container und damit noch mehr Geflüchtete dazu?“ Diese Fragen stellen sich die Anwohner im Wasserburger Stadtteil Burgau. Nein, die Container kommen nach Riedering. Wann, das scheint derzeit noch offen. „Es haben noch keine Arbeiten, zum Beispiel am Fundament, begonnen“, berichtet Vodermaier.
Das sieht in Stephanskirchen anders aus. Da wurden im November die ersten Arbeiten an der leer stehenden Gewerbeimmobilie, die der Landkreis gemietet hat, beobachtet. Zeit zu handeln, befand die Verwaltung. Denn Stephanskirchen will diese große Unterkunft nicht, würde die etwa 100 Kinder, Frauen und Männer lieber dezentral unterbringen.
Eilantrag bei
Baubeginn
So wie 2015/2016, als die wohlhabende Gemeinde auf die Schnelle zehn Häuser errichtete, verteilt über das Gemeindegebiet. Dafür bräuchte man aber Zeit, denn so schnell wie vor knapp zehn Jahren geht es, wie Bauamtsleiter Wolfgang Arnst mehrfach erklärte, aufgrund rechtlicher Vorgaben heute nicht mehr.
Dass das Landratsamt ihnen die Unterkunft im Gewerbegebiet einfach aufdrückt, schmeckt den Stephanskirchnern gar nicht. Deswegen auch die Klage gegen die Nutzungsänderung. Die hat allerdings keine aufschiebende Wirkung. Das heißt, trotz Klage darf mit dem Bauvorhaben begonnen werden. Aber: Die Gemeinde hat die Möglichkeit, beim Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zu beantragen. Wie Bürgermeister Karl Mair in der Dezember-Sitzung des Gemeinderates bekannt gab, hat der von der Gemeinde mit dieser Sache beauftragte Rechtsanwalt mittlerweile einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingereicht. „Ich bin gespannt, wie das Gericht reagiert“, so Mair.
Es wird vermutlich nicht der letzte Eilantrag aus diesem Teil des Landkreises sein. Denn Riederings Bürgermeister kündigt an, dass mit Beginn irgendwelcher Bauarbeiten für die Containeranlagen an Gut Spreng die Gemeinde entscheiden werde, ob sie – wie Stephanskirchen – einen entsprechenden Eilantrag stellt. Wann die Klagen der beiden Nachbargemeinden gegen die Baugenehmigungen verhandelt werden, das steht noch in den Sternen. Bisher ist noch kein Termin bekannt.