Bad Endorf – Das neue Jahr bringt neue Hoffnung – auch für Bauer Wast B. (Name von der Redaktion geändert) aus Dorfbach bei Bad Endorf. Sein Schicksal bewegt seit sechs Monaten die Menschen weit über den Landkreis Rosenheim hinaus. Hilfsangebote kamen nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus der Steiermark, aus Kärnten, aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und sogar aus Ostfriesland. Vielerorts gäbe es einen Stall oder zumindest Platz für seine 40 Kühe. Doch seine oberbayerische Heimat will er nicht verlassen. Hier ist Wast B. seit 66 Jahren verwurzelt, hier hat er seine Berge, die Almen, seinen Trachtenverein.
Gnadenfrist um zwei
Monate verlängert
Eine Lösung hat er zwar noch immer nicht gefunden. Doch es gibt eine gute Nachricht: Die „Gnadenfrist“ für ihn und die Tiere, die er mitnehmen darf, wurde verlängert. Wast B. kann vorerst bis Ende Februar in Dorfbach bleiben. Er muss nicht bei Minusgraden mit Milchkühen und Kälbern auf die Straße. Die Färsen können noch im gewohnten Stall kalben. Und der Bauer gewinnt ein wenig mehr Zeit, um die Weichen für seine Zukunft zu stellen.
Im Jahr 2024 hat der
66-Jährige eine existenzielle Entscheidung getroffen, um einen jahrelangen Streit zu beenden. „Darüber bin ich froh“, sagt er noch immer erleichtert. Im Juni war er an die Öffentlichkeit gegangen, um auf Probleme aufmerksam zu machen, die die veraltete landwirtschaftliche Gütergemeinschaft mit sich bringt.
45 Jahre lang rund
um die Uhr gearbeitet
„Denn wenn man sich trennt, ist es der Untergang“, sagte er damals. 45 Jahre lang hatte der Landwirtschaftsmeister rund um die Uhr gearbeitet, im Stall, auf den Feldern, im Holz, im Winterdienst und eine Zeit lang auch als Servicetechniker im Blockheizkraftwerk. Doch Glück hat es ihm keines gebracht.
Die enorme Arbeitslast raubte ihm die Zeit zum Leben. Damit das jungen Landwirten heute gar nicht erst passiert, bietet der Maschinenring sozio-ökonomische Beratungen an.
„Dabei schauen wir auf den Betrieb, die Familie und die Arbeitskräfte. Gemeinsam erarbeiten wir Strategien zur Zukunftsgestaltung – und zwar nicht nur der des Betriebes, sondern auch der Familie“, erklärte Michael Höhensteiger, Geschäftsführer des Maschinen- und Betriebshilferings Aibling-Miesbach-München, im OVB-Interview. Neben einem ertragsfähigen Betriebskonzept sei vor allem eine Arbeitswirtschaft wichtig, „bei der der Landwirt nicht in der Arbeitsfalle gefangen ist“.
Der Dorfbacher Landwirt Wast B. hat erst mit 66 Jahren angefangen, sich aus dieser Arbeitsfalle zu befreien. Ursprünglich wollte er alles hinwerfen, den Hof, die Flächen und Gebäude zur Versteigerung freigeben. Für den „eingeheirateten“ Bauern wäre da nicht viel übrig geblieben, denn der Hof gehört dem, der ihn in die Gütergemeinschaft eingebracht hat.
Doch dann zeichnete sich eine Lösung ab, die es auch ihm erlaubt, zu überleben. Seine Hoffnung, dass er 40 der 115 Tiere und von den insgesamt 35 etwa 8,5 Hektar Land behalten darf, war nicht umsonst. Und auch einen Teil der landwirtschaftlichen Maschinen wird er wohl mitnehmen dürfen.
Was ein Landwirt
als Glück definiert
Vier Jahre will er noch arbeiten, sagt er mit Blick auf seinen 70. Geburtstag: Die Tiere versorgen. Futter anbauen, ernten und silieren. Im Winterdienst etwas dazuverdienen. Das wäre es, was Wast B. für sich als Glück definiert. Doch dafür fehlt ihm noch immer ein Laufstall. „Es wäre gut, wenn sich im Umkreis von etwa 30 Kilometern einer finden würde, damit die Kreislaufwirtschaft funktioniert“, erklärt er. Denn bei Halfing hätte er sein Land mit einem Stadel.
Einige Ställe in der näheren Umgebung hat sich der 66-Jährige schon angeschaut. Doch einen Ausweg aus seiner verzwickten Lage hat er noch nicht gefunden. Mal war in der Milchkammer kein Platz für einen zweiten Milchtank. Mal durchkreuzten neue Entwicklungen die Hilfsangebote. „Ich war alle zwei Tage unterwegs, habe mir aber auch noch längst nicht alle Ställe anschauen können“, sagt Wast.
Seit dem 21. Dezember und bis zum 6. Januar möchte er den Weihnachtsfrieden anderer Familien mit seinen Sorgen nicht stören. „Aber nach Heiligdreikönig mache ich weiter“, kündigt er an, denn auch in der Umgebung gibt es noch einige Optionen.
Sich selbst hat der 66-Jährige keine Weihnachtsruhe gegönnt. „Ich habe viel gearbeitet“, ist er stolz. Er hat nicht nur seine Tiere versorgt und im Winterdienst die Straßen sicher gemacht. Er hat auch die Maschinenhalle vorbereitet, damit die Hofbesitzerin sie vermieten kann.
Und, so sein Vorsatz für das neue Jahr: Er will seine fachliche Hilfe anbieten, um den Hof in Dorfbach zu führen und die 50 verbleibenden Milchkühe nach Tierwohlstandards zu versorgen. „Schließlich sind es wertvolle Tiere und keine Maschinen, die man einfach abschalten kann.“
Hoffnung auf eine
Lösung im Frühjahr
Gleichzeitig hofft der Landwirt, dass seine Gnadenfrist noch einmal um einige Wochen verlängert wird. Wenigstens bis ins Frühjahr. Denn im Winter einen leer stehenden Stall zu reaktivieren, erscheint ihm fast unmöglich. „Die Wasserleitungen sind abgestellt, damit sie nicht einfrieren. Man könnte vor einer eventuellen Übernahme nicht einmal testen, ob sie alle noch funktionieren. Die Kühe müssten in einen ausgekühlten Stall“, beschreibt er die Probleme. Er hofft auf eine vernünftige Lösung, darauf, dass er vielleicht noch bis Ende April in Dorfbach bleiben darf.
Wast B. hat noch immer eine ganze Liste mit Telefonnummern. Viele Ställe wird er sich noch ansehen. Für weitere, neue Angebote ist er unter der 0171/2618525 jederzeit zu erreichen. Eines verspricht er allen, die ihm Hilfe angeboten haben: „Es hat mich so sehr gefreut und mir so viel Kraft gegeben. Ich werde alle anrufen oder besuchen, wenn es meine Zeit erlaubt.“
Denn Wast B. möchte die Menschen kennenlernen, die ihm solidarisch zur Seite stehen und ihm so viel Mut zugesprochen haben. Auch die Landwirte aus Passau, Mecklenburg, Brandenburg, Ostfriesland und der Steiermark. „Die besuche ich im Sommer“, freut er sich schon darauf, Menschen zu treffen, die wie er die Leidenschaft für die Landwirtschaft teilen.