Vogtareuth – „Wer unten im Grünen startet, kommt oben im Schnee an“, spricht Dr. Felix Gillesberger aus Erfahrung. Er ist nicht nur begeisterter Winter- und Schneeschuhwanderer, sondern auch niedergelassener Orthopäde und Chefarzt im Fachzentrum für Orthopädie der Schön Klinik Vogtareuth und kennt die Gefahren, die die zwei vermeintlich harmlosen Sportarten mit sich bringen können.
Für die Unfallchirurgie ist Prävention essenziell: „In der Ebene ist es einfacher, da wird sofort erkenntlich, worauf man sich einlässt. In dem Moment, in dem der Blick gen Berg geht, kann sich die Situation schlagartig ändern. Eis, Wind, Schneehöhen: hier lauern erste Gefahren.“
Auf Bedingungen
gut vorbereiten
Das A und O ist laut Dr. Gillesberger die richtige Vorbereitung auf die Wanderung und die beginnt bei der Ausrüstung: Zwiebelprinzip, Stiefel mit höherem Schaft, Gamaschen und Grip für Eisflächen vermeiden Rutschgefahr. Teleskopstöcke stabilisieren das Gangbild und trainieren zusätzlich die Arme. Auch ein GPS-Gerät zur Ortung im Notfall und eine Powerbank für das Handy sind hilfreich, denn bei Kälte wird der Akku empfindlicher.
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Wanderung: vorab Wetterprognosen studieren. „Unterschätzte Wetterlagen von heftigem Schneefall bis hin zu Eisregen können böse enden. Die Bedingungen vor Ort sind maßgeblich dafür, ob ich gut durchkomme und Spaß habe oder plötzlich in einer ungewollten Abenteuermission lande“, warnt der Experte.
In dem Zusammenhang weist er auf die unterschätzte Gefahr der frühen Dunkelheit im Winter hin: „Viele übersehen, wie schnell es finster und neblig wird – hier erweisen sich Taschen- und Stirnlampen sowie eine Wärmedecke als wertvoll.“
Da die kalte Luft am Berg trocken ist, fällt das Schwitzen nicht so sehr auf, kann aber dennoch zu Dehydration führen. Daher ist es wichtig, immer genügend Wasser und Powerriegel oder Schokolade dabei zu haben, um einem Energiemangel vorzubeugen.
Einer der wichtigsten Punkte in den Augen des Orthopäden: Anderen Bescheid geben, wo und wie lange die Wanderung dauern soll – und wann man wieder zurück sein möchte. „Sowohl beim Winterwandern als auch beim Schneeschuhwandern ist es von Vorteil, nicht alleine loszustiefeln, sondern sich im Idealfall als ‚Neuling‘ einer geführten Tour anzuschließen oder in Gruppen zu wandern.“
Der Unterschied zum Winterwandern liegt beim Schneeschuhwandern in der Strecke: Während Winterwandern in der Regel auf ausgewiesenen und geräumten Winterwanderwegen möglich ist, kann sich der Schneeschuhwanderer auch in Gegenden bewegen, die nicht als ausgewiesene Strecken gelten. Das allerdings verleitet dazu, in Gebiete zu kommen, in denen sich Ungeübte nicht aufhalten sollten – alleine schon wegen der Lawinengefahr. Abbruchkanten und Schneeverwehungen bergen versteckte Gefahren. „Da braucht es Erfahrung und vor allem das richtige Modell an Schuhen“, mahnt Dr. Gillesberger. Die Belastung beim Schneeschuhwandern wird ebenfalls gerne unterschätzt. „Der breitere Gang muss eingeübt, der Aktivitätsgrad langsam gesteigert werden, damit es zu keiner Überlastung kommt. Ausreichende Kondition ist Voraussetzung. Um den Rücken, die Wirbelsäule sowie die Muskulatur im Rumpf zu entlasten und Verletzungen in den unteren Extremitäten oder Bandscheibenvorfällen vorzubeugen, bieten sich Stöcke an.“
Verletzungen
durch Umknicken
Auch, wenn Ski- und Snowboardfahren sicherlich aufgrund der Geschwindigkeit risikoreicher ist, bleiben Verletzungen beim Winter- und Schneeschuhwandern nicht aus. „Hier stechen Verletzungsbilder im Unterschenkel- sowie Knöchelbereich hervor. Umknicktraumen oder Rotationsverletzungen der unteren Extremitäten sind zwar harmloser, in der Kälte aber genauso gefährlich, gerade, wenn man allein auf weiter Flur oder nur mit einer weiteren Person unterwegs ist. Wichtig ist bis zur Rettung eine erhöhte Position mit Rettungsdecke einzunehmen, sonst droht Unterkühlung.“
Wer diese Tipps beherzigt, dem steht einer gelungenen Winterwanderung nichts mehr im Wege. Auch für Dr. Gillesberger wird es bald wieder losgehen. Das nächste Ziel: Mit der Familie in Richtung Samerberg, wie er mit einem Zwinkern verrät.