Lange Wartezeit für Mandel-OPs

von Redaktion

Braucht ein Kind in der Region Rosenheim eine Mandel-OP, vergehen oftmals bis zu zwei Jahre. Schuld an den langen Wartelisten ist der Sparkurs von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Welche Folgen das nach sich zieht – und was ein Rosenheimer HNO-Arzt als Lösung sieht.

Rosenheim – Ein bis zwei Jahre: So lange müssen Kinder derzeit in der Regel auf eine Operation beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt warten. Für Eltern eine wahre Nervenprobe – und die Kinder leiden im schlimmsten Fall länger darunter. Besonders frustrierend: Am Ärztemangel liegt es in diesem Fall nicht. Vielmehr geht es ums Geld. „Die ambulanten Operationen sind so schlecht bezahlt, dass sich damit kein Geld verdienen lässt“, erklärt Dr. Klaus Stelter vom HNO-Zentrum Mangfall-Inn in Rosenheim. Er kennt die Problematik um die OPs bei Kindern nur zu gut.

Kosten gestiegen und Kassen zahlen weniger

Besonders wenn man ambulant im Krankenhaus operiert, sei es finanziell problematisch. „Die Struktur dort ist einfach sehr teuer geworden“, sagt Stelter. „Da die Kosten im Allgemeinen so gestiegen sind, erhöhen die Krankenhäuser jetzt auch die Kosten für die Operateure.“ Zudem sind auch die Pauschalen, die die Ärzte von den Krankenkassen für die OPs erhalten, sehr niedrig. „Für eine Mandel-Teilentfernung, kombiniert mit einer Polypenentfernung und Absaugung von Flüssigkeit aus dem Ohr bei einem Kind, erhält der Operateur ambulant von der Krankenkasse circa 250 Euro“, sagt Stelter. Hinzu kommt noch einmal etwa dieselbe Summe für den Narkosearzt. „Und mit diesem Geld muss man haushalten.“

Was zunächst nach recht viel Geld klingt, ist für den Aufwand einer solchen Operation allerdings gar nicht mal so viel. Schließlich muss der OP-Saal gemietet, das OP-Besteck sterilisiert und die Ärzte bezahlt werden. Zum Vergleich: Eine OP-Minute kostet dem Deutschen Ärzteblatt zufolge im Schnitt zwischen 40 und 50 Euro. „Wenn man einen sehr guten Anästhesisten und einen sehr guten Operateur hat, der komplikationslos arbeitet, kann man einen solchen Eingriff in zehn Minuten schaffen.“ Dann könne man damit wirtschaften, erklärt Stelter. „Sonst ist es ein Draufzahlgeschäft.“

Noch schlimmer sehe es bei der reinen Polypenentfernung aus. Unter Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wurde der Satz, den die Kasse den Ärzten zahlt, von 115 Euro auf 105 Euro gesenkt. „Das war vorher schon ein Verlustgeschäft, und jetzt ist es noch frecher. Wir Ärzte haben eigentlich damit gerechnet, dass der Satz erhöht wird“, ärgert sich Stelter.

Die niedrigen Pauschalen sorgen dafür, dass viele Ärzte die entsprechenden OPs gar nicht mehr anbieten. Und das wiederum führt zu teils jahrelangen Wartezeiten. „Wenn Kinder nicht hören, können sie eine Sprachentwicklungsverzögerung bekommen“, warnt der HNO-Arzt. „Da warten die Eltern dann teilweise ein bis zwei Jahre auf einen Termin mit einem Kind, das nichts hört, was dann eventuell nicht eingeschult werden kann. Das zieht einen Rattenschwanz an Kosten mit sich.“

Hybrid-DRGs
als Wunschlösung

Um dem Problem zu begegnen, hat Stelters Praxis nun mit manchen Krankenkassen Direktverträge abgeschlossen. „Da erhalten wir – für den Operateur und den Narkosearzt – 800 Euro.“ Dies sei allerdings nur mit den kleineren Kassen bisher Praxis. Und: „Damit wird man auch nicht reich, aber man kann die OP somit wenigstens wieder anbieten, ohne draufzuzahlen.“

Eigentlich hätten die HNO-Ärzte eine ganz andere Wunschlösung: die sogenannten Hybrid-DRGs (siehe Infobox). „Im Krankenhaus wird für ein und dieselbe OP stationär deutlich mehr bezahlt“, erklärt Stelter. Wäre der Satz gleich, könne der Arzt letztlich entscheiden, ob eine OP stationär oder ambulant sinnvoller ist. „Dann müssten Kinder nicht unnötig überdiagnostiziert werden und damit kränker gemacht werden, als sie sind, nur damit sie zeitnah im Krankenhaus operiert werden können.“ Dies sei nämlich in manchen Fällen gängige Praxis, damit ein Kind schneller an einen OP-Termin kommt.

Was sind Hybrid-DRGs?

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