Raubling – Es war eine dreiste Masche. Zwei 23-jährige Frauen sprachen am 20. August 2022 eine Rentnerin vor dem Honig-Regal eines Raublinger Einkaufszentrums an. Eine der beiden Frauen bat die ältere Frau um Rat für die optimale Sorte. Derart abgelenkt zog die zweite Frau der Rentnerin die Geldbörse aus der Tasche. Nun mussten sich die beiden Frauen vor dem Rosenheimer Amtsgericht mit Strafrichter Rasim Filipov verantworten.
Nach dem Geldbeutel
auch das Konto
geplündert
Denn die rund 100 Euro an Bargeld aus dem Geldbeutel waren den 23-Jährigen keineswegs genug. Mit der darin aufgefundenen Bankkarte eilten sie umgehend in die nächste Bankfiliale. Noch bevor die Rentnerin den Diebstahl bemerkte und die Karte sperren lassen konnte, waren von ihrem Konto bereits über 6000 Euro abgehoben worden. Dabei wurde der Rentnerin auch zum Verhängnis, dass sie eine leicht merkbare Pin für die Karte gewählt hatte. So konnten die Diebinnen diese schnell herausfinden und sich am Konto zu schaffen machen.
Dass diese Vorgehensweise Methode hatte, wurde deutlich, als die Liste der Vorstrafen von einer der Angeklagten verlesen wurde. Eine der Frauen, die beide aus Düren bei Aachen kommen, war bereits wegen Diebstahls quer durch die Bundesrepublik vorbestraft. Ob Hannover, Höchst am Rhein oder Wiesbaden, überall war sie wegen Diebstahls negativ aufgefallen.
Bei den bisherigen Taten galt sie allerdings noch als Heranwachsende. Wegen des Falls in Raubling wurde nun erstmals das Erwachsenenstrafrecht angewandt. Die andere Angeklagte stand ihr in Sachen Vorstrafen kaum nach. Wegen zehnfachen Einbruchsdiebstahls und entsprechenden Versuchen war auch diese mehrfach vorbestraft.
Um das Gericht milder zu stimmen, waren die Angeklagten zunächst samt Kleinkind im Kinderwagen aufgetreten, während eine von beiden angab, schwanger zu sein. Einen Beruf hatten beide nie gelernt, ebenso wenig hatten sie jemals gearbeitet. Auch die Väter seien ohne Einkommen, sodass die beiden Frauen vom Bürgergeld auf Kosten des Staates leben – und, wie der Staatsanwalt den angeklagten Frauen vorwarf, von gewerbsmäßigem Diebstahl.
Nachdem der Kölner Verteidiger Günter J. Terworte und dessen Kollegin Lara Gaber für ihre Mandantinnen ein umfassendes Geständnis erklärt hatten, wurde nach den Hintergründen nicht weiter geforscht. Wohl auch wegen der familiären Probleme beantragte der Staatsanwalt wegen gewerbsmäßigem Diebstahl gegen die Frauen lediglich eine Haftstrafe von 18 und zwölf Monaten. Diese könne zur Bewährung ausgesetzt werden, war er überzeugt. Weil eine vorangegangene Bewährungsstrafe nach dem Jugendrecht verhängt worden war, konnte diese hier nicht widerrufen werden. Die Verteidiger hielten zwölf beziehungsweise sechs Monate Haft zur Bewährung für ausreichend.
Strafen zur
Bewährung
ausgesetzt
Das Gericht sah es noch einmal etwas anders als Staatsanwaltschaft und Verteidigung und verurteilte zu 14 und zehn Monaten Gefängnis, die es antragsgemäß zur Bewährung aussetzte. Nachdem die Rentnerin bislang noch keinen Cent zurückbekommen hatte, verhängte das Gericht eine Wertersatz-Verpflichtung nach Paragraf 73c des Strafgesetzbuches in Höhe von 6000 Euro. Jedoch erscheint es fraglich, ob die Rückzahlung jemals erfolgreich sein wird. Damit wird wohl auch die Rentnerin auf dem Schaden sitzen bleiben.