Raubling – 15 Millionen Jahre lebte der Biber hier. 1867 war er ausgerottet. Vor fast 60 Jahren wurde er in Bayern mit 120 Tieren wieder eingebürgert. Seitdem hat er sich gut erholt: Inzwischen schätzt das Umweltministerium den Bestand auf 22000 Tiere in etwa 6000 Revieren. Bayern ist fast flächendeckend besiedelt.
Stabile Population im Landkreis Rosenheim
„Auch im Landkreis Rosenheim finden wir eine stabile Population vor“, informiert das Bibermanagement der Unteren Naturschutzbehörde Rosenheim. Inwieweit das als Problem angesehen werde, sei eine Frage der Perspektive, also vom jeweiligen Betrachter abhängig. Denn mit zunehmendem Bestand wandern die Biber auch in land- und forstwirtschaftlich genutzte Bereiche ein, siedeln an Fischteichen, Entwässerungs- oder Kläranlagen, an Bächen nahe der Siedlungsbereiche.
Vermittler zwischen Mensch und Biber
Wird der Biber zum Bauherrn, sind es nicht selten Hausbesitzer und Landwirte, die für Überschwemmungen die Zeche zahlen müssen. Deshalb gibt es an der Unteren Naturschutzbehörde ein Bibermanagement und ehrenamtliche Biberbeauftragte, die die Konflikte zwischen Mensch und Tier minimieren wollen.
Als „Mediatoren“ vermitteln sie pro Jahr in etwa 250 Fällen. Dazu gehören vom Biber verursachte Schäden wie gefällte Gehölze, gefressene Feldfrüchte, Grabungen in Uferbereichen, verstopfte Durchlässe oder Flächenvernässungen durch Dammbauten. „Ratsam ist in solchen Fällen immer, uns zu kontaktieren. Wir beauftragen den Biberberater damit, die Fläche zu begutachten und Vorschläge zu unterbreiten, wie das Grundstück vor dem Biber geschützt werden kann“, empfiehlt die Untere Naturschutzbehörde.
Für entstandene Schäden im Bereich der Land-, Teich- und Forstwirtschaft leistet der Freistaat Bayern freiwillige finanzielle Ausgleichszahlungen. Seit 2021 stehen dafür jährlich Haushaltsmittel in Höhe von 660000 Euro zur Verfügung. Je nach Schadensaufkommen wird eine Ausgleichsquote berechnet und im Folgejahr ausgezahlt. Der Landkreis Rosenheim geht dabei sogar in Vorleistung. So wurden beispielsweise 2023 mehr als 28000 Euro ausgezahlt, 2024 waren es bis zum dritten Quartal etwa 18000 Euro. Zudem erstattete der Landkreis Rosenheim auch kleinere und private Schäden bis zu 150 Euro pro Fall und insgesamt etwa 1500 Euro pro Jahr.
Zudem übernimmt der Landkreis die Kosten für Präventionsmaterial wie Estrichmatten zum Ummanteln von Bäumen oder das Schälschutzmittel „Wöbra“ für den Einzelbaumschutz, aber auch für Zäune, Material für Damm-Drainagen oder Ultraschallgeräte. Diese belaufen sich pro Jahr auf etwa 20000 Euro.
Ziel sei es, so erläutert die Untere Naturschutzbehörde, einen Kompromiss zu finden, mit dem Mensch und Biber leben können. So sorge etwa der Einbau von Damm-Drainagen für einen geregelten Abfluss eines angestauten Baches, ohne dass der Lebensraum des Bibers beeinträchtigt wird. „Der Einbau der Damm-Drainagen wird über den Landschaftspflegeverband (LPV) ausgeführt und kann bis zu 70 Prozent gefördert werden“, sagt die Sprecherin der Unteren Naturschutzbehörde. Auch Wasser- und Bodenverbände können bei der Gewässerunterhaltung unterstützt werden. „Der Mehraufwand durch den Biber kann mit 70 Prozent gefördert werden.“
Nur im äußersten Fall wird mit einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung die „Entnahme“, also die Tötung des Bibers erlaubt. „Wenn Lösungen nicht wirksam oder nicht zumutbar sind, wenn kritische Bereiche der Infrastruktur wie Bahngleise oder Straßenkörper gefährdet sind oder wenn ernste, wirtschaftliche Schäden in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft drohen“, erläutert die Untere Naturschutzbehörde. Im Landkreis Rosenheim gibt es regelmäßig legale Entnahmen von Tieren: „Im Jahr 2023 waren es 46, im Jahr 2024 bewegen wir uns in identischer Höhe.“
Bibermanagement, Ausgleichszahlungen und Ausnahmegenehmigungen sollen zur Akzeptanz des Bibers beitragen. Doch das gelingt nicht immer. Es kommt trotzdem zu illegalen Eingriffen des Menschen ins Umfeld des streng geschützten Bibers. So wie jetzt am Oberen Tännelbach in der Kollerfilze (wir berichteten). Das war nicht der erste Fall. „In der Gemeinde Raubling wurden in den letzten Jahren immer wieder Fälle bekannt, die nicht gesetzeskonform waren“, informiert das Bibermanagement auf OVB-Anfrage.
So dürfe ein Biberdamm nur entnommen werden, wenn er keine Biberburg schütze. Der in der Kollerfilze aber schützte eine Biberburg. „Der sogenannte burgsichernde Biberdamm hat die Funktion, den Wasserstand zu erhöhen, damit der Eingang zur Biberburg unter Wasser steht. Damit wird die ökologische Funktion eines bewohnten Biberbaus gewährleistet“, erläutert die Untere Naturschutzbehörde. Ein auch nur teilweise trockenfallender Biberbau könne zum Verlust seiner ökologischen Funktion als Fortpflanzungs- und Ruhestätte führen. „Entnimmt man also einen Biberdamm, der den Wasserstand vor der Biberburg reguliert, so gefährdet dies die Lebensstätte des Bibers, was eine Straftat ist.“ Die Strafen könnten empfindlich hoch ausfallen, informiert die Behörde auf OVB-Anfrage. „Ein Verstoß gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen gehört zu den Vergehen, die nach Paragraf 71 des Bundesnaturschutzgesetzes mit einem Strafmaß von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von bis zu 50000 Euro geahndet werden können.“
Staatsanwaltschaft legt Strafmaß fest
Die Strafen seien den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten angepasst. Genauere Auskunft hierzu könne die Staatsanwaltschaft geben, die das Strafmaß festsetze.
Daher werde empfohlen, immer den Kontakt zur Unteren Naturschutzbehörde zu suchen und den Besuch des Biberberaters abzuwarten. „Dieser kann mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit feststellen, ob es sich um einen burgschützenden Biberdamm handelt oder nicht.“