Furcht vor der Renaturierung

von Redaktion

Die Renaturierung der Moore bei Raubling geht weiter. Heuer werden 40 Hektar der östlichen Hochrunstfilze wiedervernässt. Den Anrainern macht das Angst. Stehen ihre Grundstücke künftig noch öfter unter Wasser?

Raubling – „Müssen wir unsere Häuser in Zukunft auf Stelzen bauen?“ Es sind Gedankenspiele, vor allem aber Sorgen, die die Einwohner von Obergrünthal bewegen. Die Auswirkungen des Hochwassers vom Juni 2024 sind noch lange nicht beseitigt. Und schon soll die Wiedervernässung der Moore weitergehen.

Rodung bereitet Renaturierung vor

Der Ortsteil Obergrünthal grenzt unmittelbar an die Nicklheimer Hochrunstfilze an. Anfang Dezember hatte der Forstbetrieb Schliersee der Bayerischen Staatsforsten informiert, dass eine etwa 40 Hektar große Fläche der östlichen Hochrunstfilze 2025 wiedervernässt werden soll. Die Renaturierung begann mit einem Vorbereitungshieb. An den Entwässerungsgräben wurden zahlreiche Fichten entnommen.

Nicht nur die Obergrünthaler sehen die begonnenen Rodungsarbeiten skeptisch, sondern auch Grundstücksbesitzer aus dem benachbarten Pang. Jetzt haben sich etwa 50 Menschen im betroffenen Moorgebiet umgeschaut. Sie fühlen sich wie „vor den Kopf gestoßen“ und kritisieren: „Die Rodungs- und Vernässungsarbeiten sind vor einem Monat angelaufen, aber eine Information der Anwohner durch den Forstbetrieb ist bisher ausgeblieben.“

Alle eint die gleiche Angst: Sie fürchten, dass die geplante Renaturierung des Moores beim nächsten Starkregen wieder zu einer großflächigen Überflutung ihrer Äcker, Wiesen, Grundstücke und Keller führen könnte. Sie hätten sich Gespräche mit den Verantwortlichen gewünscht, doch: „Dass der Staatsforst eine weitere Wiedervernässung plant, haben wir im OVB gelesen und sind aufgeschreckt, als wir sahen, dass die Arbeiten bereits begonnen hatten“, moniert etwa Michael Paul aus Pang. „Es ist für uns Nachbargrundstücksbesitzer ein Frevel, dass wir nicht informiert werden, wie das funktioniert, und was genau gemacht wird.“

Entwässerungsgräben werden verschlossen

Voraussichtlich im Frühjahr und Sommer 2025 werden im östlichen Bereich der Hochrunstfilze auf 40 Hektar Torfdämme eingebaut, um die alten Entwässerungsgräben zu verschließen. Damit soll die Entwässerung des Moores gestoppt werden, damit sich der Torfkörper wieder mit Wasser füllen kann. Auf den wiedervernässten und teilweise lichteren Flächen können sich dann die torfbildenden Torfmoosarten wieder ansiedeln und mit ihrem Wachstum den Torfkörper regenerieren und vergrößern.

„Ich sehe das als großes Problem für unsere landwirtschaftlichen Flächen an, wenn das Wasser von der Filze wieder in unsere Moorböden drückt“, sagt Landwirt Bernhard Hellthaler, der mit seinem Hof rund 300 Meter vom Staatsgrund entfernt liegt und das Treffen angestoßen hatte.

Der Grund von Thomas Fischbacher grenzt auf Panger Seite an die Hochrunstfilze. Er ärgert sich, dass der Staatsforst einfach die Gräben zumacht und mit Anrainern nicht darüber spricht. „Sie können ihre Fläche schon vernässen, aber dann womöglich Spundwände einzubauen? Unsere Gräben müssen aber laufen.“

Korbinian Weindl aus Grünthal hat die Rodung durch Zufall mitbekommen „Ich bin erschrocken, wie viele Bäume schon liegen und was alles abgeholzt wurde“, schüttelt er den Kopf. Christine Rieder aus Obergrünthal, an deren Haus der Gittersbach vorbeiläuft, erzählt, dass ihr 1972 erbauter Keller immer staubtrocken gewesen sei, aber im Juni 2024 erstmals unter Wasser stand. „Der Gittersbachpegel ist heuer schon so hoch wie noch nie“, beschreibt sie.

Thomas Mayr ist der Meinung, dass das Moor keinen Starkregen mehr aufnehmen könne und überlaufen werde, wenn ein Großteil der Hochrunstfilze unter Wasser stehe. „Man rodet eine riesige Forstfläche und informiert die Bürger nicht, was eigentlich geplant ist“, echauffiert sich auch Paul Vodermaier.

Toni Maurer ist der Ansicht, dass die Wiedervernässung der Filze mit dem Hochwasser vom Juni 2024 etwas zu tun hat: Oberer und Unterer Tännelbach bekämen das Wasser aus der Filze und hätten Wassermassen wie noch nie gehabt. Das habe man am typisch braunen, moorigen Filzenwasser deutlich gesehen. Maurer stellte aber auch klar, dass er zwar ein Freund der Renaturierung sei, aber keine Seenlandschaft entstehen dürfe. Eine Regulierung, die bei Regen ein natürliches Rückhaltebecken ermögliche, sieht er als sinnvoll an.

Bereits bei den Planungen der Renaturierung werde besonders berücksichtigt, dass sich die Auswirkungen auf die Staatswaldflächen beschränken und keine negativen Veränderungen auf angrenzenden Privatgrund haben, kündigte der Forstbetrieb Schliersee vor dem Vorbereitungshieb an. Eigens dafür waren schon im Herbst in verschiedenen Bereichen des Geländes Wasserstandsmesspegel installiert worden. Sie beobachten nicht nur die Entwicklung des Moorwasserspiegels in der Nähe der Dammbauwerke, an tiefen und feuchteren Stellen sowie an hohen und besonders trockenen Stellen. In den Grenzbereichen der Moore sollen sie auch einen Wasserstand melden, der für die Anrainer gefährlich werden könnte.

Doch das Vertrauen der Nachbarn in die Theorie von renaturierten Mooren, die den Regen im Moor zurückhalten und den Hochwasserabfluss bremsen, ist seit der Juni-Katastrophe verpufft. Eine Teilnehmerin orakelte: „Die roden und vernässen, wir saufen ab.“

Die Bedenken der Bevölkerung teilt auch die Gemeindeverwaltung Raubling, denn es gebe bislang keine Daten dafür, wie die renaturierten Raublinger Moore bei Starkregen tatsächlich wirken, hieß es auf OVB-Anfrage. Und auch aus der Gemeinde wird Kritik laut: Die Information über den Vorbereitungshieb und die geplante Renaturierungsmaßnahme sei erst wenige Stunden vor Beginn der Arbeiten per E-Mail eingegangen.

Antworten im Umweltausschuss

Doch die Kommunikation wird sich verbessern: Im Umweltausschuss der Gemeinde am 6. Februar sind Vertreter des Moor-Teams der Bayerischen Staatsforsten zu Gast, die in der Region zwischen Raubling, Bad Feilnbach und Bad Aibling die Moore auf staatlichen Flächen betreuen. Sie stellen sich den Sorgen der Anwohner und beantworten ihre Fragen.

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