Raubling – Bevor weitere Moorflächen wiedervernässt werden, wollen die Raublinger keine Theorie mehr hören, sondern Fakten sehen. Wie verhält sich das Raublinger Moor bei so extremen Wetterlagen wie am 3. Juni 2024 tatsächlich? Etwa 20 Pegel können darüber Auskunft geben. Einmal im Jahr werden sie abgelesen. Jetzt sind die Ergebnisse für das vergangene Jahr da. Sie zeigen, dass das „Moor die Starkniederschläge abgepuffert hat“, erklärt Moormanagerin Veronika Kloska vom Landratsamt Rosenheim im OVB-Interview.
Die Pegeldaten aus den renaturierten Mooren vor den Toren Raublings wurden ausgewertet. Was zeigen sie?
Veronika Kloska: Grundsätzlich zeigen die Pegeldaten von 2024 nichts Überraschendes. Der Starkniederschlag war im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höher. So lag der Niederschlag beim Hochwasserereignis 2020 bei etwa 61 Millimetern, beim diesjährigen Hochwasserereignis lag er bei 86 Millimetern. Analog zum Niederschlag ist ein Anstieg der Pegelstände zu verzeichnen. Allerdings überstieg der Wasserstand 2024 nur in wenigen Fällen den der vorherigen Hochwasserereignisse. Der Pegel an der Libellenstation beispielsweise verzeichnete nahezu gleiche Wasserstände: bei den Hochwassern 2020 einen Wasserstand bei 470,24 Metern über Normalhöhennull (NHN) und 2024 einen Wasserstand bei 470,25 Metern über NHN. Und das, obwohl der Niederschlag 2024 um einiges höher lag. Dies deutet darauf hin, dass das Moor die Starkniederschläge abgepuffert hat.
Wie hoch waren die
Pegelstände in der Nähe der Siedlungsbereiche?
Der Pegel am Salingraben zeigte eine deutliche Wasserstandsspitze über mehrere Stunden. Der Salingraben fließt in Richtung der Siedlung Hochrunstfilze und später in den unteren Tännelbach ab. Die Wasserstandsspitze lag hier im Jahr 2024 etwa zehn Zentimeter höher als beim letzten großen Hochwasserereignis 2020. Über den Tag verteilt war der Wasserstand jedoch geringer als im Jahr 2020.
War der Wasserstand
höher als die
Geländeoberkante?
Die Pegel in Siedlungsnähe in der Hochrunstfilze waren im Jahr 2024 unauffällig. Der Wasserstand überstieg nie die Geländeoberkante und war ähnlich hoch wie bei den Hochwasserereignissen in den Vorjahren. Vor dem Starkregen im Juni war der Wasserstand in diesem Gebiet leicht zurückgegangen. Es war also genügend Speicherkapazität vorhanden, dies zeigen die ähnlich hohen Pegelmesswerte.
Wann wurden Wasserstandsspitzen gemessen?
Die Wasserstandsspitzen wurden bei den meisten Pegeln erst einen Tag nach dem Niederschlagsereignis festgestellt – also am 4. Juni 2024 – und erstreckten sich über mehrere Tage.
Dies deutet darauf hin, dass das Moor im Juni 2024 Regenwasser zurückgehalten und erst verzögert an die Umgebung abgegeben hat.
Im Juni war die Speicherkapazität der Landschaft erschöpft, weil tagelange Regenfälle die Oberflächen natürlich versiegelt hatten. Woher kam das Wasser, das Raubling überflutete?
Grundsätzlich muss in der Hochwasserthematik rund um die Rosenheimer Stammbeckenmoore ein weiterer Faktor betrachtet werden: das Einzugsgebiet der im Hochwasserfall relevanten Gewässer. Im Jahr 2024 waren dies der Obere Tännelbach und der Ammerbach. Im etwa 19,5 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet, das sich bis Altofing über die Farrenpoint, den Surberg und Großholzhausen erstreckt, macht das renaturierte Moor nur einen kleinen Flächenanteil aus.
Interview: Kathrin Gerlach