Bayrischzell – Die zeitweise Sperrung des Kesselbergs bei Kochel für Motorradfahrer hat sich bezahlt gemacht. Dafür wird jetzt verstärkt am Sudelfeld gerast, wo sich die Unfallzahlen verdoppelt haben. Das befeuert Forderungen nach Fahrverboten für Motorräder.
Die Diskussion rund um die Sudelfeldstraße ist gefühlt so alt wie der Pass selbst. Seit vielen Jahren wird darüber gesprochen, wie sich der Verkehr vor allem in Hinblick auf die Motorräder sicherer gestalten lässt. Neue Nahrung könnte die Diskussion nun durch Zahlen vom Kesselberg (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) bekommen.
Massiver Rückgang
der Unfallzahlen
Dort hat die verhängte Sperrung zu einem massiven Rückgang der Unfallzahlen geführt. Wie Roman Gold, Leiter der Kontrollgruppe Motorrad der Autobahnpolizei Holzkirchen, ausführt, sind die Motorradfahrer auf die Sudelfeldstrecke zwischen Bayrischzell und Oberaudorf ausgewichen. Dort haben sich die Unfallzahlen erheblich nach oben entwickelt.
Auf Anfrage konkretisiert Gold: In den Jahren vor der Kesselberg-Sperrung waren es zwölf bis 13 Unfälle zwischen Bayrischzell und dem Parkplatz Tatzelwurm. Mit der Maßnahme zwischen Kochel- und Walchensee schnellten die Zahlen dann auf 20 und 26 in die Höhe. Das entspricht tatsächlich einer Verdoppelung im Vergleich zu früher. Ein Todesfall datiert ins Jahr 2023.
Im Bayrischzeller Gemeinderat und auch im Landkreis Rosenheim hat dies im vergangenen Jahr zu verstärkten Rufen nach Gegenmaßnahmen geführt, zumal dort das Problem auch am Samerberg besteht.
CSU-Abgeordnete
fordert Sperrung
Die CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig etwa sagte schon im April: „Wir sollten versuchen, eine Sperrung für Motorradfahrer oder andere geeignete Maßnahmen, die die Verkehrssicherheit für alle gewährleisten, umzusetzen.“ Doch eine Sperre – am Kesselberg gilt sie zwischen 15 und 22 Uhr und nur bergauf – ist nicht so leicht, wie das Rosenheimer Landratsamt erklärte. Demnach müsse zunächst geprüft werden, ob ein Eingriff in das „Individualinteresse“ der Motorradfahrer zum Schutz des Grundrechts anderer Verkehrsteilnehmer auf Leben und körperliche Unversehrtheit überhaupt verhältnismäßig wäre. „Dafür müssen wir in Absprache mit allen Behörden die notwendigen Daten erheben“, hieß es.
Mittlerweile ist die Sommersaison längst vergangen, und das Staatliche Bauamt Rosenheim hat immerhin die Anzahl der Verkehrsteilnehmer erfasst, wobei der Fokus auf Motorrädern lag. „Außerdem wurden die Fahrtrichtungen dokumentiert, einschließlich etwaiger Wendepunkte“, sagt Simone Beigel, Pressesprecherin des Rosenheimer Landratsamtes. „Sobald die Auswertung abgeschlossen ist, ist ein weiteres Abstimmungstreffen mit den zuständigen Fachbehörden geplant, um die Ergebnisse zu besprechen und über mögliche Maßnahmen zu beraten.“ Wann genau die Daten ausgewertet sind, lasse sich noch nicht sagen. Ebenso wenig, ob ein Motorradverbot wie am Kesselberg bereits für heuer infrage kommt.
Bürgermeister
zurückhaltend
Bayrischzells Bürgermeister Georg Kittenrainer (CSU) tut sich „ein bisschen schwer mit einer solch drastischen Maßnahme“. Denn der Großteil der Motorradfahrer würde sich ordnungsgemäß verhalten. „Man muss schon genau überlegen, warum man eine Nutzergruppe aussperrt.“
Besonderen Ärger verursachen in Bayrischzell sogenannte „High-Risk-Fahrer“, die ein Sicherheitsrisiko für sich und andere Verkehrsteilnehmer, wie Radfahrer und Wanderer, bedeuten und zudem erheblichen Lärm verursachen. Beschwerden darüber gibt es in Bayrischzell seit Jahrzehnten.
„Das sind
regelrechte Rennen“
Kittenrainer hat selbst einmal miterlebt, wie der Erste einer Motorradgruppe die Strecke abfuhr und schaute, ob irgendwo Polizei ist. Ist dem nicht so, rasen die anderen hinterher. „Das sind regelrechte Rennen“, sagt der Bürgermeister. Dieser Klientel kommt man nach Ansicht vieler wohl auch mit den Präventionsmaßnahmen, wie sie die Polizei verstärkt ergriffen hat, nicht bei. Mit den ersten Unfällen im Frühling geht die Diskussion wohl in die nächste Runde.