Revision im Fall Hanna wankt

von Redaktion

Die Revision im Mordfall Hanna W. befindet sich endgültig auf der letzten Etappe, denn der Generalbundesanwalt hat gesprochen. Die Revision sei teilweise unbegründet, teilweise unzulässig. Das ist eine Weichenstellung, aber noch keine endgültige Entscheidung.

Aschau – Ist das die Vorentscheidung in der Revision im Mordfall Hanna W.? Der Generalbundesanwalt hat geprüft und gewogen – und die Revision der Verteidiger von Sebastian T. für zu leicht befunden. Die Revision sei teilweise unbegründet, teilweise unzulässig. So urteilt der Generalbundesanwalt.

Damit scheinen Weichen gestellt, auch wenn die endgültige Entscheidung natürlich beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe liegt. Mit dem Votum des juristischen Vertreters des Bundes sind die ohnehin nicht sehr großen Chancen der Revision nochmals geschrumpft. Auf 23 Seiten begründet der Bundesanwalt, warum er die Revision verwerfen würde. 23 Seiten, die belegen, wie intensiv sich der Jurist mit der Revisionsbegründung befasst hat. Für Harald Baumgärtl, der zusammen mit Regina Rick und Dr. Markus Frank Sebastian T. verteidigt hatte, eine gewichtige Meinung, aber noch längst nicht das letzte Wort. „Nur weil der Generalbundesanwalt eine Stellungnahme abgibt, ist noch lange nicht gewährleistet, dass sich der Bundesgerichtshof dem anschließt“, sagte Baumgärtl dem OVB.

„Entscheiden muss
jetzt der BGH“

Gegen vorschnelle Schlüsse äußert sich auch Peter Dürr, Vorsitzender des Anwaltsvereins Rosenheim und Vorstandsmitglied in der Rechtsanwaltskammer München. „Ein entsprechender Antrag ist nicht ungewöhnlich“, sagt Dürr. „Entscheiden muss jetzt der BGH.“

Im Übrigen sei er über einige Punkte der Stellungnahme überrascht. Etwa darüber, dass die Ablehnung eines Befangenheitsantrags der Verteidigung in den Augen des Generalbundesanwalts keinen Revisionsgrund darstelle. In der Vergangenheit habe der Ausschluss der Verteidigung oder der Staatsanwalt „reihenweise“ zur Aufhebung von Urteilen geführt. „Ich sehe diesen Punkt als den kritischen an, insofern verwundert mich das schon“, sagte Baumgärtl auf Anfragen des OVB.

Verteidigung hat
nochmals das Wort

Zwei Wochen bleiben der Verteidigung, um auf den Antrag des Bundesanwalts zu reagieren und ihrerseits eine Stellungnahme zu verfassen. Es wird das letzte Mal sein, dass sich eine Prozesspartei äußert, bevor der Senat des Bundesgerichtshofs zur Beratung zusammenkommt.

Peter Dürr beschreibt, wie es danach weitergeht. Einer der fünf Richter des BGH-Senats werde die Einlassung des Bundesanwalts genau studieren und den vier Kollegen berichten. Die Fünf kommen dann zusammen, um über die Revision zu entscheiden: begründet, in Teilen begründet – oder zu verwerfen? Das ist die Frage. Wenn die Richter einer Meinung sind und einstimmig auf Verwerfung der Revision urteilen, gibt es keine weitere Verhandlung. Es kann nun also sehr schnell gehen. „Durchaus möglich, dass die Entscheidung innerhalb des ersten Quartals fällt“, sagt Dürr.

Kaum zu erwarten ist, dass die Verteidigung nun in der Reaktion auf die Stellungnahme des Generalbundesanwalts noch neue Argumente anführt. Wären sie stichhaltig, müsste sie sich die Frage stellen, warum sie sie nicht schon bei der Revisionsbegründung angeführt hat. Dass der Einspruch gegen das Urteil unbedingt sitzen muss, darauf hatte Experte Dürr gleich zu Beginn hingewiesen. „Es ist ein sehr formelles Verfahren, das, was man vorbringt, muss unbedingt überzeugen“, hatte Dürr seinerzeit dem OVB gesagt.

Ein Verfahren wie
kaum ein anderes

Damit zeichnet sich also möglicherweise ein Ende für ein Verfahren ab, das für außerordentliches Aufsehen gesorgt hatte. Am 3. Oktober 2022 war Hanna W. (23) von einem Besuch des Clubs „Eiskeller“ in Aschau nicht heimgekehrt. In den frühen Morgenstunden hatte sie sich auf den Weg zu ihrem nur 800 Meter entfernten Elternhaus gemacht. Am Nachmittag desselben Tages wurde ihr lebloser Körper in der Prien treibend entdeckt – mehr als zehn Kilometer flussabwärts von Aschau. Sechs Wochen später wurde Sebastian T., ebenfalls aus Aschau, als dringend tatverdächtig festgenommen.

Urteil fiel nach 35
Verhandlungstagen

Am 19. März 2024 fällte die Jugendkammer des Landgerichts Traunstein nach 35 Verhandlungstagen ihr Urteil: neun Jahre Haft für den Angeklagten Sebastian T. wegen gefährlicher Körperverletzung und Mordes. Das Landgericht befand Sebastian T. damit für schuldig, die 23-jährige Medizinstudentin Hanna W. auf dem Heimweg vom Club „Eiskeller“ umgebracht zu haben.

Laut Gericht soll Sebastian T. Hanna angegriffen und sie dabei schwer verletzt haben. Um diese Tat zu vertuschen, soll er die Bewusstlose in Aschau in den Bärbach geworfen haben, wo Hanna ertrank.

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