Rott – Franz Blattenberger ist jüngst 100 Jahre alt geworden. Ein Tag danach feierte er seinen Geburtstag beim Bichler in Ramerberg.
Seit seinem 99. Geburtstag hat der Jubilar genauestens darauf hingeplant. Er hatte die Ideen, die Laufarbeit übernahm sein Sohn und seine Familie. Es wurden die Einladungen verschickt, Listen für die Sitzordnung wurden erstellt, es gab eine Übersicht über sein Leben und am Ende für jeden Gast ein Abschiedsgeschenk. Die Organisation klappte wie am Schnürchen.
Rund 130 Personen waren eingeladen. Neben seiner Familie waren Nachbarn und Freunde eingeladen, ebenso wie viele Arbeitskollegen der Firma Alpma. Mit dabei waren auch viele Vertreter der Vereine, die er so gerne unterstützte. Gekommen waren Bürgermeister Daniel Wendrock, die Gemeinderäte, die Pfarrgemeinderäte und Prälat Günther Lipok. Auch sein Pflegeteam war eingeladen, ebenso wie sein Freund Dr. Dieter Kutschka. Um den Jubilar zu begrüßen, bildete sich eine lange Schlange. Im Rollstuhl sitzend hatte er für jeden ein paar persönliche Worte.
Als alle Gäste ihren Platz gefunden hatten, sprach Prälat Günther Lipok das Tischgebet. Beim Essen wurden die Gäste von der Mitteroim Ziachamusi mit Franz Mühlhuber an der Ziehharmonika, Sabine Schwarzenbeck an der Harfe und Thomas Weinzierl an der Tuba unterhalten.
Anschließend wurde eine Präsentation mit alten Bildern aus den Stationen des Jubilars gezeigt. Bürgermeister Daniel Wendrock würdigte Blattenberger als soziale Unternehmerpersönlichkeit und dankte ihm für seine Verdienste um Rott. Der Jubilar war 30 Jahre Mitglied im Rotter Gemeinderat, 15 Jahre im Pfarrgemeinderat und stolze 25 Jahre Vorsitzender des CSU-Ortsverbandes. 1992 erhielt er die Kommunale Verdienstmedaille, 2021 wurde er mit der ersten Rotter Bürgermedaille ausgezeichnet. Ministerpräsident Markus Söder gratulierte ihm in einer Videobotschaft.
Der ehemalige Alpma-Geschäftsführer Gisbert Strohn berichtete über die Arbeit des Jubilars. Auf die Bitte seiner Schwester Leni Hain sprang er 1948 in der Käserei Alpenhain ein. Dann rief ihn sein Schwager Gottfried zur Alpma. Franz Blattenberger baute das Marketing auf und entwickelte die Korrespondenz. 1953 wurde er Prokurist und stellvertretender Geschäftsführer.
Der Jubilar war mit seinem menschlichen und fairen Führungsstil bei Mitarbeitern und Geschäftspartnern sehr beliebt. 1992 stieg er aus der Firmenleitung aus und wechselte bis 2004 in den Beirat. Strohn erinnerte sich noch gerne an die Besuche bei Franz Blattenberger. Es seien immer offene Gespräche gewesen mit viel Herzlichkeit und einer Prise Humor.
Tochter Inge erzählte aus dem Leben ihres Vaters. Für sie war er immer ein Vorbild, weltoffen und an allem Neuem interessiert. Der Jubilar bekam von seiner Tochter, von Beruf Lehrerin, auch ein Zeugnis ausgestellt. In Sachen Romantik kam Franz Blattenberger allerdings nur auf eine drei. Als seine Frau am Anfang der Beziehung bei Spaziergängen Hand in Hand gehen wollte, meinte er: „Wie schaut das aus, die Leute meinen, ich führe eine Blinde durchs Dorf.“ Seine zukünftige Frau Ursula Barnascon wurde 1945 bei seiner Schwester Anni in Grünbach einquartiert.
Am 29. Dezember 1951 heirateten die beiden in der Leonhardskirche in Ramerberg. Sie bekamen drei Kinder: Inge, Brigitte und Franz. Mittlerweile gehören auch fünf Enkel und zwei Urenkel zur Familie. 1963 zog Franz mit seiner Familie von Lehen nach Rott. Seine große Liebe starb 2019 nach 67 Ehejahren.
Franz Blattenberger wurde am 6. Februar 1925 als achtes von zehn Kindern des Bäckermeisters Josef Blattenberger und seiner Frau Barbara in Grünbach bei Erding geboren. Der umtriebige Vater betrieb dort neben der Bäckerei noch einen Landhandel und war außerdem Bürgermeister von Grünbach. Im christlich geprägten Elternhaus wurde der „Bäcker-Franzi“ schon früh ins Geschäftsleben eingebunden. Neben den Brotlieferungen und Ladendienst war er selbstverständlich auch Ministrant.
Nach der Volksschule besuchte Franz Blattenberger in Simbach am Inn die Handelsschule mit Internat. Anschließend absolvierte er in der Molkerei Hain eine kaufmännische Lehre. Im April 1943 kam der Musterungsbescheid und Franz Blattenberger musste zum Reichsarbeitsdienst nach Klagenfurt. In Utrecht, Holland wurde er zum Richtkanonier der Artillerie ausgebildet. In seiner Soldatenzeit war er zunächst in Italien stationiert, bevor er im Juli 1944 nach Polen verlegt wurde.
Franz Blattenberger wurde im Krieg mit dem Verwundetenabzeichen sowie dem Eisernen Kreuz der Klassen II und I ausgezeichnet. In der Nähe von Dresden erfuhr Franz Blattenberger vom Kriegsende. Mit Spürsinn für gefährliche Situationen und viel Glück gelang es Franz, zurück ins 400 Kilometer entfernte Grünbach zu gelangen. Seine Erlebnisse verarbeitete er in dem Buch „Irgendwie überlebt – Soldatenschicksale im Zweiten Weltkrieg“ von Klaus G. Förg.
Unser Reporter meinte: „Du Franz, jetzt brauchen wir ein neues Ziel.“ Da lachte er und erwiderte: „Ab jetzt zählen wir rückwärts. Im nächsten Jahr werde ich 99 und dann 98…“.
Alle, die Franz Blattenberger kennen, sind überzeugt, dass er das schafft – einfach mit einem bisschen Glück. hri