Kiefersfelden – Auf der A93, der Inntal-Autobahn, wurde am 12. Oktober 2022 ein Pakistani kontrolliert, dessen zwei Passagiere keine gültigen Ausweispapiere vorzeigen konnten. Die beiden Inder waren zwar in Österreich als Asylbewerber registriert, hatten damit jedoch kein Recht, nach Deutschland einzureisen. Selbstverständlich wurde das Handy des 45-jährigen Fahrers konfisziert und ausgewertet. Dabei wurde ersichtlich, dass er bereits einige Tage vorher zusammen mit seinem jüngeren Bruder (33) ebenfalls sechs Illegale mit zwei Autos aus Wien nach Deutschland gebracht hatten. Die Brüder waren vertreten durch die Rechtsanwälte Bernd und Hardi Schuster aus Frankfurt (Vater und Sohn), welche umgehend ein Geständnis ihrer Mandanten erklärten. Darüber hinaus offenbarten die Schleuser den Mittelsmann in Groß-Gerau über den, so die Anwälte, man unschwer an die Hintermänner herankommen könne.
Dabei stellte sich heraus, dass es sich bei den Beiden kaum um die üblichen Grenzgeher bekannter Couleur handelte. Zwar war es beiden keineswegs um uneigennützige Motive gegangen, sie hatten schon das Geld gebraucht. Andererseits handelte es sich bei den beiden um wohl integrierte Personen, von denen einer sogar bereits die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hatte. Beide waren berufstätig.
Darüber hinaus hatten die zwei das Glück, dass ihre Taten noch vor der Gesetzes-Verschärfung vom 27. Februar 2024 stattgefunden hatten. Dass beide gewerbsmäßig und im Rahmen einer Band aktiv geworden waren, war für die Staatsanwaltschaft unbestreitbar. Damit hätte ihnen nach der neueren Regelung eine Strafe nicht unter drei Jahren Gefängnis gedroht! Dennoch beantragte der Staatsanwalt auch aus Gründen der Generalprävention eine Strafe von zwei Jahren und sechs, beziehungsweise eine Strafe von zwei Jahren und acht Monaten gegen die Beiden zu verhängen.
In Anspielung auf eine mögliche Berufungsverhandlung am Landgericht in Traunstein erklärte der Verteidiger Bernd Schuster (Vater) dass dies kein angenehmer Grund sei, in den Chiemgau zu kommen, so sehr ihm die Landschaft ansonsten gefalle. Er hob darauf ab, die Existenz einer Bande infrage zu stellen, was die Möglichkeit eines „minder schweren Falles“ impliziere. Er, und genauso sein Kollege und Sohn beantragten eine Haftstrafe nicht über zwei Jahren, die dann eben gerade noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne.
Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Isabella Hubert ließ Gnade vor Recht ergehen. Zwar vermochte es keinen „minder schweren Fall“ zu erkennen. Jedoch ließ es sich von der erbrachten Aufklärungshilfe und der erkennbaren positiven Sozialprognose dazu bewegen, eine Haftstrafe von zwei Jahren gegen beide zu verhängen und diese gerade noch zur Bewährung auszusetzen. Darüber hinaus müssen beide gemeinnützige Arbeit von 100 Stunden erbringen. Dabei machte die Richterin klar, dass es in aller Regel an diesem Gericht für diese Vergehen keine Bewährungsstrafe gäbe. „Sie sind also haarscharf am Gefängnis vorbei geschrammt. Es muss Ihnen klar sein, dass Sie beim geringsten Vergehen keinerlei Spielraum mehr haben. Es rettet sie tatsächlich der Umstand, dass ihre Taten nach altem Recht abzuurteilen waren.“au