Frasdorf – Dass sie 80 Jahre alt geworden ist, sieht man ihr nicht an. Und der Festabend zum 30-jährigen Jubiläum des Kulinarischen Herbstes lässt Christl Karner noch einmal extra strahlen. Dabei wollte sie eigentlich gar nicht in die Gastronomie oder Hotellerie gehen, erzählt sie. Und tat es dann doch. Dass bei ihr dann später Größen aus Politik und Showbiz ein und aus gingen, erwähnt sie nur nebenbei, denn wichtiger war ihr immer die Gastfreundschaft.
Ihr Lebensweg
könnte Bände füllen
Allein ihre unternehmerischen Aktivitäten könnten ganze Bücher füllen. Ihr Vater war 40 Jahre lang der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Ihm zuliebe absolvierte sie erst einmal die Hotelfachschule in Bad Reichenhall, ehe sie fürs Sprachenstudium nach Cambridge und Paris ging.
Nach ihrer Rückkehr organisierte Christl Karner große Kongresse bei Carlson Wagonlit Travel. 1967 ging sie dann auf die Expo in Montreal, um dort zu arbeiten. Danach zog sie weiter nach New York, wo sie vier Jahre tätig war und die Möglichkeit bekam, einen Abschluss in „Interieur Dekorateur & Design“ zu machen. „Mein verständnisvoller Chef ermöglichte mir sogar eine Auszeit für eine Rucksacktour durch ganz Südamerika, ausgehend von Mexiko.“
Vom Übersetzerbüro
in die Hotellerie
Doch „trotz gigantischer Job-Chancen“ war ihr das Leben und Arbeiten in New York zu unpersönlich. Dazu kam, dass sie in Kanada einen österreichischen Gastronomen kennengelernt und geheiratet hatte. Und so kehrte sie 1971 nach München zurück. Dort machte sie sich mit einem Übersetzungsbüro selbstständig. Dann kam das Angebot, das Hotel „Ariston“ gegenüber dem Haus der Kunst zu übernehmen.
Gut zehn Jahre später kauften die Karners den Landgasthof in Frasdorf mit der Idee, dem Wirtshaus mit einem hochwertigen Gastrobetrieb neues Leben einzuhauchen. Franz Josef Strauß, Kurt Biedenkopf und viele andere Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aus aller Welt kamen nach Frasdorf und genossen es, sich in der ländlichen Umgebung umsorgen und kulinarisch verwöhnen zu lassen. „Dabei bescheinigte uns anfangs die Dehoga, dass in Frasdorf außer Würstl mit Pommes nichts geht.“
Weitere Häuser folgten. In ihrem Münchener Boarding House mit Frühstücksservice waren Freddy Mercury, Lilo Pulver und Hermann Frey zu Gast. Und in Prien hatte Familie Karner das „Seehotel Feldhütter“ in Pacht, bis der Pachtvertrag auslief. Daneben betrieb Christl Karner noch Boutiquen in München. Und „ganz nebenbei“ war und ist sie Mutter eines Sohnes und hat zwei inzwischen erwachsene Enkel. „Langweilig war es mir nie.“
Ab Mitte der 1990er-Jahre konzentrierte sie sich rein auf Frasdorf: Mit mehrmaligen Umbauten des Landgasthofs Karner, zwei Michelin-Sternen und der Gründung des Kulinarischen Herbstes, der jetzt nach 30 Jahren endete. Umtriebig war sie immer. Selbst zu Corona-Zeiten blieb die Kulinarik nicht auf der Strecke: Statt Bewirtung in den angeschlossenen Restaurants kochten die Spitzenköche Pflaumenmarmelade für ihre Stammgäste ein. Gastfreundschaft gehe ihr eben über alles, betont Christl Karner.
80 Jahre voller
und Leidenschaft
Mit 80 Jahren blickt sie auf ein Leben für die Gastronomie und Hotellerie zurück: Dazu braucht es Mut, Leidenschaft und Herzblut. Das muss man wollen – an sieben Tage die Woche, 16 Stunden täglich, und das über viele Dekaden hinweg. Gleichwohl bezeichnet sie ihr Leben als erfüllend. Nun steht sie vor großen gesundheitlichen Herausforderungen.
Nach und nach hatte sich die Grande Dame zurückgezogen: Den Landgasthof verkaufte sie schon 2005, der endgültige Ruhestand und Ausstieg beim Karner kam 2010 und jetzt auch noch der Abschied vom Kulinarischen Herbst.
Dieser wird in der bisher bekannten Form zwar nicht weitergeführt, aber jedes der teilnehmenden Häuser wird auch künftig Stammgästeabende anbieten. Und der Mutter der Gastlichkeit im Chiemgau sei zu wünschen, dass sie die Region noch viele Jahre mit ihrem reichen Erfahrungsschatz bereichert.