Blaualgen im Simssee aufgetaucht

von Redaktion

Ein rötlich, schleimiger Film liegt wie ein Teppich auf dem Wasser. An einigen Stellen sieht der Simssee gerade äußerst unappetitlich aus. Ursache dafür sind Cyanobakterien. Wie gefährlich sie für Mensch und Tier sind.

Stephanskirchen – Was sich wie ein eklig, schleimiger Film über den Simssee zieht, sind Burgunderblutalgen-Teppiche. „In den ersten beiden Märzwochen konnten sie vor allem im Bereich des Badeplatzes in Baierbach wieder verstärkt beobachtet werden“, informiert Hans Büchele. Er gehört zur Bürgerinitiative „Sauberer Simssee“, beobachtet das Gewässer schon seit Jahren und weiß, dass die Blaualgen „in größerem Ausmaß schon in den Jahren 2020 und 2021 aufgetreten sind.“

An den sonnigen Tagen Anfang März gab es auch am Simssee schon Badegäste. „Allerdings waren sie von den Algen so verunsichert, dass sie sich nicht ins Wasser wagten“, weiß Büchele.

Algenblüte ist nicht ganz ungefährlich

Auch Mitarbeiter der Gemeinde Stephanskirchen sind schon vor Ort gewesen. Seitdem wird auf einer kleinen Info-Tafel über das Phänomen der Algenblüte aufgeklärt. Auch Hans Büchele kennt sich aus: „Die Burgunderblutalge gehört zur Gattung der Blaualgen. Das sind Cyanobakterien, die als Schutzstrategie gegen Fressfeinde im Wasserplankton giftige Verbindungen, sogenannte Microcystine, in ihren Zellen bilden“, erläutert er. Tödlich seien diese Gifte für den Menschen nicht, aber: „Beim Trinken solchen Wassers platzen diese Algenzellen und können zu Schleimhautreizungen und Entzündungsreaktionen führen“, warnt Büchele. Besonders empfindlich reagierten Hunde auf diese Algen: „Da kann es durchaus lebensgefährlich werden.“

Die Gemeinde Stephanskirchen rät vom Baden in belasteten Bereichen ab. Auch das Gesundheitsamt Rosenheim wurde aktiv. Nach dem Hinweis einer Bürgerin fand bereits am 7. März eine Begehung statt. „Am 10. März wurde eine Schöpfprobe entnommen“, informiert eine Sprecherin und verkündet die gute Nachricht: „Die Laboruntersuchung ergab, dass sich nur ganz vereinzelt Blutburgunderalgen fanden und ansonsten keinerlei andere Cyanobakterienarten.“ Und das heißt konkret: „Es ist von keinerlei Gefährdung für Badende auszugehen.“

Das Phänomen der Burgunderblutalgen-Blüte gebe es mittlerweile an vielen Seen. Auch nehme es zu, betont Hans Büchele. Ursache dafür sei auch der Klimawandel. „Es gibt kaum noch richtig kalte Winter, die die Wassertemperatur stark abkühlen lassen. Oder Winterstürme, die für eine Durchmischung der Schichten sorgen“, erklärt Büchele. Am Simssee sei „die Schichtung von wärmerem Oberwasser und kälterem Tiefenwasser“ relativ stabil.

Dadurch komme kaum noch Sauerstoff in die tieferen Bereiche: „Das wiederum führt dazu, dass sich Nährstoffaltlasten, die eigentlich im Sediment am Seegrund abgelagert und gebunden sind, lösen und den See zusätzlich mit Nährstoffen belasten.“ Wenn die Durchmischung der Wasserschichten im Winter abgeschwächt sei, überlebe der Großteil der Burgunderblutalgen-Population, erläutert Büchele. Dadurch sei der Bestand schon im Frühjahr hoch und gelange bei Lichtmangel oder Wind und Wellen nach oben.

Doch woran erkennen Laien, ob der unappetitliche, rote Schlierenteppich auf der Wasseroberfläche gefährlich oder ungefährlich ist? „Grundsätzlich halten sich in fast jedem natürlichen Gewässer Cyanobakterien auf“, erläutert die Sprecherin des Gesundheitsamtes. „Entscheidend für die Gesundheit der Badenden ist, in welchen Mengen sie auftreten und ob sie Toxine, also Gifte, bilden.“

Gefährlich seien Cyanobakterien nur dann, wenn sie sich massenhaft vermehren und Toxine bilden. „Doch wann dies geschieht, ist selbst für Experten schwer vorhersagbar.“ Begünstigend für die Algenbildung, so erklärt das Gesundheitsamt auf OVB-Anfrage, sei die vermehrte Nährstoffzufuhr in ein Gewässer, zum Beispiel durch Nitrateintrag durch Düngung oder bestimmte Wetterverhältnisse. Dazu gehören Temperaturschwankungen, geänderte Windverhältnisse und auch Starkregenereignisse, die zu einer Durchmischung der verschiedenen Wasserschichten im Gewässer führen.

Diese Entwicklungen seien einerseits sehr dynamisch, aber andererseits auch schnell flüchtig. „Sowohl die Ausdehnung der Blaualgen-Teppiche als auch die Toxin-Konzentration im Wasser können sich innerhalb weniger Stunden bis Tage ändern“, so die Sprecherin des Gesundheitsamtes. Daher sollten Badende das Wasser vor dem Baden immer in Augenschein nehmen.

Über die Haut werden Toxine in der Regel nicht aufgenommen, informiert das Gesundheitsamt. In Einzelfällen könne es aber zu Haut- oder Schleimhautreizungen mit Brennen oder Juckreiz kommen. „Zu gesundheitlichen Problemen führen die Toxine im Wasser vor allem dann, wenn Wasser geschluckt wird“, klärt die Sprecherin auf. Dann könne es – im schlimmsten Fall – zu Leber- oder Nierenschädigungen kommen oder zu Beeinträchtigungen des Nervensystems. Symptome sind meist Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Reizungen der Augen, Ohren und Rachenschleimhäute oder Atemwegserkrankungen. Allerdings ließen sich solche Symptome nicht eindeutig auf Toxine zurückführen, schränkt das Gesundheitsamt ein. Sie könnten auch auf andere Zellbestandteile, Begleitbakterien der Cyanobakterien oder andere krankheitserregende Organismen im Gewässer verursacht werden.

Für Hunde
potenziell tödlich

Für Hunde und andere Haustiere können Cyanobakterien sogar tödlich sein, wenn sie sich nach dem Baden das kontaminierte Wasser aus dem Fell lecken. Manche Hunde mögen auch verrottendes „Blütenmaterial” am Ufer, informiert das Gesundheitsamt: „Daran sind schon einige Hunde verstorben.“

Auch wenn am Strand in Baierbach rote Schlieren zu sehen sind: Weder für Menschen, noch für Tiere besteht eine Gefahr. Zudem wird die sogenannte Badestelle zwischen April und Oktober einmal monatlich begangen und beprobt. Eine Beprobung auf Cyanobakterien ist keine gesetzliche Vorgabe und wird nur vorgenommen, wenn bei der Sichtprüfung Auffälligkeiten festgestellt werden.

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