Flintsbach – Flintsbach am Inn – ein kleiner Ort mit einer großen Geschichte. Am Wochenende feierte das Flintsbacher Volkstheater sein 350-jähriges Bestehen. Die Jubiläumsveranstaltung wurde mit einer Aufführung gefeiert, die in einer Zeitreise durch dreieinhalb Jahrhunderte Theatergeschichte gipfelte.
Voller Festsaal zum Theater-Jubiläum
Der Erste Vorstand des Theatervereins, Anton Obermair, eröffnete den Abend mit einer Rede vor einer voll besetzten Festhalle. Die überwältigende Resonanz unterstreicht die hohe Wertschätzung der Bürger für das Volkstheater Flintsbach. Aus der Politik waren unter anderem der Landtagsabgeordnete Sebastian Friesinger (CSU), sein Vorgänger Klaus Stöttner, der Rosenheimer Landrat Otto Lederer (CSU) und Flintsbachs Bürgermeister Stefan Lederwascher anwesend.
„Ein Platz, an dem Spieler und Zuschauer zusammenkommen und Freude am Theater erleben“, sagte Obermair. Es sei nicht nur eine Bühne, sondern ein Ort der Begegnung, des Miteinanders und der kulturellen Verwurzelung. Obermair blickte auf die lange Geschichte des Hauses zurück und würdigte das Engagement all jener, die das Theater über die Jahrhunderte mit Leben erfüllt haben.
Im Mittelpunkt des Abends stand eine Bühnenaufführung, die die Geschichte des Flintsbacher Theaters beleuchtete. Die beiden Moderatorinnen Michaela Goldes und Maria Maurer führten das Publikum durch die Epochen – von den ersten Heiligen Stücken und Passionen im Jahr 1675 über die Ritterspiele bis hin zu den heutigen Eigenproduktionen. Die Präsentation wurde durch eine Bilderprojektion ergänzt, die mit historischen Fotografien, Skizzen von Bühnenbildern und Zeitungsausschnitten einen Einblick in die Theatergeschichte bot.
Besondere Akzente setzte die Theatermusik mit ihrer musikalischen Gestaltung des Abends. Immer wieder wurden die historischen Rückblicke durch kurze musikalische Einlagen aufgelockert, die sowohl zum Schmunzeln als auch zum Innehalten einluden. Das „Schnapslied“ aus der „Bettleroper“ sorgte für Lachen im Saal, während das „Lied der Sehnsucht“ aus dem Stück „Cilli“ ein wenig Melancholie verbreitete.
Charme und Humor der Erzählerinnen ließen historische Persönlichkeiten und Anekdoten lebendig werden. Die Aufführung war weit mehr als ein Rückblick – sie unterstrich den Stellenwert dieser Tradition und blickte optimistisch in die Zukunft.
Diese gelungene Mischung aus Information, Musik, Bildsprache und Emotion machte den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis – nicht nur für eingefleischte Theaterfans, sondern für alle, die sich für die Geschichte und die Kultur ihrer Heimat interessieren.
Die Grußworte der Gemeinde überbrachte Flintsbachs Erster Bürgermeister Stefan Lederwascher (CSU). Das 350-jährige Jubiläum des Flintsbacher Volkstheaters sei ein bedeutender kultureller Meilenstein, der weit über die Region hinausstrahle. Flintsbach dürfe sich glücklich schätzen, als eines der ältesten Volkstheater Deutschlands Teil der europäischen Route historischer Theater zu sein. In einem Atemzug mit Städten wie Wien, London oder Bologna genannt zu werden, sei keine Selbstverständlichkeit, sondern verdiene Anerkennung. Auch Landrat Otto Lederer stellte in seiner Ansprache die Besonderheit und Einzigartigkeit des Flintsbacher Volkstheaters heraus.
Zu den besonderen Gästen des Jubiläums zählten Sepp Käser, Präsident des Verbands Bayerischer Amateurtheater (VBAT), und Simon Isser, Präsident des Bundes Deutscher Amateurtheater (BDAT). Beide würdigten in ihren Ansprachen die Bedeutung der 350-jährigen Theatertradition in Flintsbach. Sie hoben hervor, wie tief das Theater mit der Geschichte und Kultur der Region verwurzelt ist und betonten die besondere Leistung aller Mitwirkenden, die das Theater über Jahrhunderte hinweg lebendig gehalten haben. Dabei wurde die Rolle des Theaters als wichtiger Treffpunkt für Gemeinschaft und Kultur unterstrichen.
Bis 1948 befand sich der Theaterstadl über ein Jahrhundert im Besitz des jeweiligen Wirts des Gasthofs „Falkenstein“. Nach dem Zweiten Weltkrieg strebten die Flintsbacher Theaterfreunde eine größere Unabhängigkeit an. Ein erster Versuch, das Gebäude zu erwerben, scheiterte 1929 an der damals hohen Forderung von 6000 Mark.
Über 6000 DM für das
Flintsbacher Theater
Doch 1948 gelang der Durchbruch: Am 13. Oktober unterzeichnete man den Kaufvertrag über 6000 DM, womit das Theaterhaus in den Besitz des Volkstheaters überging. Um den Kaufpreis aufzubringen, wurden 44 Anteile vergeben. Einer der damaligen Käufer war der damals erst 18-jährige Josef Wieland, der heute als 95-Jähriger der letzte lebende Anteileigner ist. Später gingen die Anteile unentgeltlich an den Theaterverein über. Und das frisch nach der Währungsreform, als jeder kaum mehr als das eigene Kopfgeld besaß.
Diese Tat, so sagte Flintsbachs Bürgermeister, sei Ausdruck jener Leidenschaft, die das Flintsbacher Theater bis heute präge. Mit diesem Kauf legte die Theatergesellschaft den Grundstein für eine selbstbestimmte Zukunft.
Flintsbach hat eindrucksvoll gezeigt, dass Theater mehr ist als Unterhaltung – es ist gelebte Gemeinschaft, geerbte Leidenschaft und ein Fenster in die Seele eines Ortes.