Kiefersfelden – Wer auf seinem Handy das Roaming aktiviert hat und etwa beim Wandern im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet unterwegs ist – oder dort wohnt – dem kann es passieren, dass er mit dem österreichischen Netz verbunden wird. An sich kein Problem. Denn seit dem Juni 2017 fallen dafür innerhalb der EU keine zusätzlichen Gebühren mehr an.
Österreich spricht
von Ausnahmefällen
Kommt es aber zu einem Notfall, muss schnell gehandelt werden. Aber es kann zu Verzögerungen kommen. Denn: „Es kann in Einzelfällen passieren, dass ein Anruf über den Euro-Notruf 112 in Grenzgebieten zur Landesleitzentrale der Polizei in Tirol weitergeleitet wird“, erklärt ein Sprecher der Landespolizeidirektion Tirol auf Nachfrage des OVB. Wenn das deutsche Netz schwächer ist als das österreichische, könne es in Einzelfällen zu sogenannten Überläufen an die Landesleitzentrale (LLZ) der Tiroler Polizei kommen.
Das bestätigt auch die Bundesnetzagentur auf Nachfrage des OVB: „Die Gemeinde Kiefersfelden befindet sich an der Bundesaußengrenze zu Österreich. Im Bereich des Mobilfunks findet in Deutschland ausschließlich eine auf Geodaten gestützte funkzellenbasierte ortsabhängige Notrufverkehrslenkung statt.“ Die Funkwellen hielten dabei keine Grenzen für Versorgungsgebiete oder Bundesaußengrenzen ein. Sprich: Ein Einbuchen in ein ausländisches Mobilfunknetz ist möglich, obwohl sich ein Teilnehmer auf deutschem Gebiet befindet.
Diese werden in der LLZ aufgenommen und telefonisch an die Kontakt-Einsatzzentrale der Bayerischen Polizei zum Beispiel in Rosenheim oder Kempten weitergegeben. Laut des Polizeisprechers handle es sich erfahrungsgemäß bei diesen „Überläufen“ um ein „sehr selten auftretendes Phänomen, was von den Notrufbearbeitern bestätigt wird“.
Sowohl im Fall eines Autobrandes am 30. Dezember als auch im Fall von Christoph Schirmer, der in Kiefersfelden als Ersthelfer bei einem Notfall die 112 wählte, dauerte es länger, bis Hilfe eintraf. Beide Notrufe gingen zunächst nach Tirol und wurden von der Polizei nach Bayern weitergeleitet.
Im Normalfall, so erklärt es Christian Baab, Pressesprecher der Stadt Rosenheim, nimmt die Integrierte Leitstelle (ILS) Rosenheim den Notruf entgegen, wenn jemand im Zuständigkeitsbereich die 112 wählt. Vorausgesetzt der Anrufer ist im deutschen Mobilfunknetz eingewählt. „Ist das Mobiltelefon dagegen in einem österreichischen Mobilfunknetz eingebucht, wird die 112 zunächst von der österreichischen Polizei entgegengenommen. Handelt es sich um einen rettungsdienstlichen Notfall oder einen Feuerwehreinsatz, wird der Notruf an die Leitstelle Tirol weiterverbunden.“ Ist der Notruf für das Einsatzgebiet der ILS Rosenheim relevant, erfolge die Weiterleitung der Einsatzdaten über das „Digital Communication Interface“ (DCI) sowie durch einen zusätzlichen telefonischen Anruf.
Nach der Übermittlung der Einsatzdaten übernehme die ILS Rosenheim die weitere Bearbeitung und alarmiert die zuständigen Einsatzkräfte über analoge Funkmeldeempfänger und Digitalfunk. „Zudem verfügen alle Einsatzmittel des Rettungsdienstes über ein Ersatzalarmierungssystem auf einem Mobiltelefon“, so Baab. Auch die Feuerwehren werden über analoge sowie zum Teil schon digitale Funkmeldeempfänger und Sirene alarmiert. Hier werden laut dem Pressesprecher zum Teil noch sekundäre Alarmierungssysteme wie ein Alarmausdruck und Alarmmonitore auf der Feuerwache verwendet.
Was das Handynetz betrifft, ist die Mobilfunkabdeckung in Bayern insgesamt auf einem hohen Niveau. Stand Oktober 2024 sind laut Bundesnetzagentur (BNetzA) etwa 99 Prozent der bayerischen Haushalte mit 5G versorgt. Die Flächenversorgung liegt bei etwa 92 Prozent– im Juli 2023 lag die Versorgung der bayerischen Landesfläche noch bei 74 Prozent.
Der Blick in das Mobilfunkmonitoring der Bundesnetzagentur (Mobilfunk-Monitoring-Karte) zeigt aber, dass in gering besiedelten Gebieten noch Verbesserungspotenziale bestehen. So auch in der Grenzregion zu Österreich. Es handele sich um alpines Gelände, vorwiegend in Natur- und Vogelschutzgebieten. Aufgrund mangelnder vorhandener Infrastruktur – Glasfaserverbindungen, Fahrwege, Energieversorgung – sei eine Erschließung über terrestrischen Mobilfunk nur schwer abbildbar. Ziel des Monitorings ist, die tatsächliche Versorgungssituation mit Mobilfunk vor Ort aus Sicht der Verbraucher darzustellen und gegebenenfalls zu verbessern.
Netzausbau „keine
hoheitliche Aufgabe“
Gleichzeitig, so heißt es vonseiten der Bundesnetzagentur, seien die Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen sowie Bau und Betrieb von dazu erforderlichen Infrastrukturen keine hoheitliche Aufgabe, sondern privatwirtschaftlich organisiert. Also durch die Netzbetreiber. Dazu gehören die Unternehmen 1&1 Mobilfunk, Telefónica, Telekom und Vodafone. Sie entscheiden, wie Netze aufgebaut und Frequenzen genutzt werden. „Eine konkrete Standortwahl ist das Ergebnis einer von den Betreibern verantworteten Funknetz- und Versorgungsplanung“, so ein Sprecher der Bundesnetzagentur.