Finanzpolster bald aufgebraucht

von Redaktion

Erstmals hat die Gemeinde Stephanskirchen einen Haushaltsplan vorgestellt, der die 50-Millionen-Euro-Marke knackt. Noch geht das ohne die Aufnahme von Schulden. Doch die fetten Jahre sind gezählt. An welchen Stellschrauben die Verwaltung drehen will, damit mehr Geld in die Kasse gespült wird.

Stephanskirchen – Auf knapp 52 Millionen Euro beläuft sich der Gesamthaushalt der 11000-Einwohner-Gemeinde. Knapp 19 Millionen Euro entfallen dabei auf den Vermögenshaushalt, also Geld, das für die Gemeinde und ihre Bürger ausgegeben werden soll. Noch in diesem Jahr gelingt es ohne die Aufnahme von Krediten. Das geht nur, weil in der Vergangenheit gut gewirtschaftet wurde. Mit Blick darauf, was in den nächsten Jahren noch kommen wird. Dass Stephanskirchen über mehr als 26 Millionen Euro Rücklagen verfügt und dabei keinen Cent Schulden hat, wird mit diesem Jahr aber wohl der Vergangenheit angehören. Wie die Prognose zeigt: 2026 wird eine Schuldenaufnahme unumgänglich.

Erste Kreditaufnahme wohl 2026

Auch in diesem Jahr stehen große Projekte auf der Agenda. Die Sanierung der Rathaus-Tiefgarage ist bereits in vollem Gange. Auch an der Otfried-Preußler-Schule wird noch gebaut. Eines der wichtigsten Projekte in diesem Jahr ist der Ausbau der eigenen Trinkwasserversorgung, für die heuer eine Million Euro fällig wird. Bereits im vergangenen Jahr hatte Kämmerin Susanne Wittmann prognostiziert, dass 2026 ein Kredit aufgenommen werden muss. Bislang konnte die Gemeinde von ihrem Finanzpolster zehren.

Wie Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie Bürger) betonte, sei der diesjährige Haushalt nicht nur aufgrund seines Volumens ein Rekord. „Neben der Kreisumlage fallen die Einnahmen bei der Einkommensteuer ungewöhnlich hoch aus.“ Nach jetzigem Stand seien die Gewerbesteuereinnahmen jedoch deutlich gesunken, im Gegensatz zum Vorjahr. Dennoch hatte sich die Gemeinde im Herbst dazu entschlossen, die Hebesätze für die Steuern, die die Gemeinde selbst einnimmt, unverändert zu lassen. Denn sowohl bei den Grundsteuern A und B als auch bei der Gewerbesteuer verlangt Stephanskirchen deutlich weniger als der Durchschnitt aller 46 Gemeinden im Landkreis.

Der Verwaltungshaushalt ist im Vergleich zum Vorjahr um knapp zwei Millionen auf knapp 33 Millionen Euro angewachsen. Wie Susanne Wittmann, bis vor Kurzem noch die Kämmerin der Gemeinde, erklärte, werden die Gewerbesteuereinnahmen – wie bereits 2024 angekündigt – aufgrund von Rückzahlungen nur auf rund 3,6 Millionen geschätzt. Im Vorjahr lagen diese noch bei sieben Millionen Euro. Hingegen wächst der Anteil der Gemeinde an der Einkommensteuer ihrer Bürger. In diesem Jahr steigen die Einnahmen voraussichtlich auf 9,2 Millionen und damit um etwa 500000 Euro mehr als 2024. Der dritte große Posten bei den Einnahmen sind Mieten, Pachten und Gebühren in einem Gesamtwert von 3,7 Millionen Euro.

Dem gegenüber stehen die 8,5 Millionen Euro, die Stephanskirchen heuer an Kreisumlage an den Landkreis Rosenheim überweist, hinzu kommen 6,8 Millionen Euro, die die Gemeinde an Zuschüssen und Zuweisungen – unter anderem an Kitas – sowie Umlagen (unter anderem für den Abwasserzweckverband Simssee) zahlt. Mit 7,1 Millionen steigt auch der sächliche Verwaltungs- und Betriebsaufwand gegenüber dem Vorjahr. Grund dafür seien gestiegene Personalkosten, die auch durch Tarifanpassungen bedingt sind. Wird alles gegengerechnet, gibt es – nicht wie 2024 – keine Zuführung zum Vermögenshaushalt. Vielmehr muss eine Zuführung zum Verwaltungshaushalt in Höhe von 4,7 Millionen Euro eingeplant werden.

2,1 Millionen Euro gibt die Gemeinde in diesem Jahr für Hochbaumaßnahmen aus. Die Arbeiten an der Tiefgarage am Rathaus laufen bereits. Auch an der Otfried-Preußler-Schule stehen noch Restarbeiten an, die im Zusammenhang mit dem dreizügigen Ausbau der Grundschule (also, dass es in jeder Klassenstufe drei oder vier Klassen gibt) stehen. Für Tiefbaumaßnahmen werden 1,7 Millionen Euro fällig, unter anderem für die Sanierung der Schömeringer Straße sowie der Baierbacher Straße im Zuge der Wasserleitungsverlegung. Für den Ausbau der eigenen Trinkwasserversorgung der Gemeinde verbucht Wittmann 2025 eine Million Euro. Das Projekt schlägt mit insgesamt 3,8 Millionen Euro zu Buche, knapp 1,5 Millionen mehr als bei der letzten Kostenvorstellung im Jahr 2020 geplant.

Noch kann Stephanskirchen von seinen Ersparnissen abknapsen. Bald schon könnte das vorbei sein. So ist die Entnahme von 14,9 Millionen vorgesehen. Das sind rund 7,6 Millionen mehr, als es im Finanzplan zum Haushalt 2024 enthalten war. Dafür wurden die für 2024 geplanten 11,7 Millionen aus den Rücklagen nicht vollständig benötigt. Nach derzeitigem Stand können laut Wittmann acht Millionen wieder zurückgeführt werden. Für 2026 prognostiziert die Kämmerin die Aufnahme von gut 3,7 Millionen Euro Schulden.

Irgendwann stößt auch die wohlhabendste Gemeinde an ihre Grenzen. Was ist also zu tun? Die Kämmerin empfahl, wie bereits im vergangenen Jahr, über Steuererhöhungen nachzudenken. Bürgermeister Mair erklärte, dass sich die Gemeinde nun genau überlegen müsse, wie die Rücklagen länger halten können. „Wir müssen deshalb während des laufenden Jahres immer wieder über den Haushalt sprechen.“ Man müsse sich überlegen, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, um mehr Einnahmen herauszuholen und an anderer Stelle mehr zu sparen.

Die Gemeinderäte stimmten in Teilen zu. So fand Uwe Klützmann-Hoffmann (SPD) es „etwas unglücklich“, keine Steuererhöhungen beschlossen zu haben. Petra Schnell (Unabhängige Fraktion) stimmte darüber mit ein und schlug außerdem vor, beispielsweise die Kita-Gebühren zu erhöhen. Gegen letzteren Vorschlag hielt Janna Miller (Grüne) dagegen und betonte, dass „ohne Tabus“ auf die Zahlen geschaut werden müsse. „Wir müssen sparen und höhere Gebühren verlangen, aber bitte gerecht“, forderte sie.

Anders sah das zum Beispiel Jacqueline Aßbichler (CSU): „Das Gewerbe muss unterstützt werden.“ Auch bei einer Erhöhung der Gewerbesteuer seien es am Ende doch die Mieter, die diese tragen müssten. Ihrer Ansicht nach seien dies die falschen Stellschrauben, um daran zu drehen.

Kann ein Blitzer den Haushalt aufbessern?

Etwas lockerer sah das Johannes Lessing (Grüne). Seiner Ansicht nach leide immer eine Gruppe, egal ob durch Steuererhöhungen oder Sparmaßnahmen. Die Scheu, Schulden aufzunehmen, sei für ihn nicht verständlich. „Es gibt einen Haufen Gemeinden im Landkreis, die verschuldet sind.“ Des Weiteren schlug er vor, „neue Einnahmequellen zu erschließen“. Nämlich bei denjenigen, die es sich seiner Ansicht nach verdient hätten, zu zahlen: den Verkehrssündern. Lessing machte den Vorschlag, über einen festinstallierten Blitzer nachzudenken. „Mir würden da einige Stellen einfallen.“

Der Vorschlag sorgte einerseits für Erheiterung, aber auch für Zustimmung. Denn in Kolbermoor hat ein solcher Blitzer an der Staatsstraße 2078 über 1,5 Millionen Euro in nur 21 Monaten eingespielt. In Kirchseeon war es ebenfalls über eine Million in einem Jahr. Die Stephanskirchener Räte wiesen Lessings Vorschlag nicht gänzlich ab, verfolgten diese aber auch nicht weiter. Dem Haushalt stimmten sie jedoch einstimmig zu. Dem Finanzplan bis 2028 stimmte das Gremium mit 17:4 Stimmen zu.

Am Ende des Vortrags verabschiedete Bürgermeister Karl Mair die scheidende Kämmerin Susanne Wittmann. Sie wechselt zum Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband.

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