Rott – Nach 23 Jahren Biobauernhof ist jetzt aufgrund einer neuen EU-Vorschrift Schluss mit dem ökologischen Betrieb. Landwirt Matthias Ganslmaier (39) aus Rott hat eigens miterlebt, wie der Familienbetrieb damals der konventionellen Landwirtschaft den Rücken zugedreht hat, erklärt er. Nicht nur sein Vater, sondern auch er steht hinter dieser aus Überzeugung getroffenen Entscheidung. 2016 ist der Nachfolger in die Fußstapfen seiner Eltern getreten und hat den Bio-Hof übernommen.
Aus Überzeugung
umgestiegen
Damals, so Ganslmaier, war der Umstieg aus finanzieller Sicht nicht lukrativ, aber wegen ihrer Leidenschaft für Tier und Hof, haben sie sich trotzdem dazu entschieden. Der Landwirt habe daraufhin auch seine Ausbildung in Richtung Bio ausgelegt und zusätzlich einen Meister im Ökolandbau erlangt.
Im vergangenen Jahr gab es nun die erste große Änderung für den Landwirt, der seine erwirtschaftete Milch an die „Molkerei Berchtesgardener Land“ liefert, berichtet er. Infolge einer Verschärfung der EU-Öko-Verordnung müssen alle laktierenden Kühe Zugang zu Weideland haben. Ganslmaier hat seine Kühe zu diesem Zeitpunkt nach eigenen Angaben in einem Laufstall, mit betonierter Auslauffläche, sowie täglich zweifacher Frischgrasversorgung gehalten. Seine, wie er sie liebevoll nennt „Weide to go“, habe er daraufhin ergänzen müssen und ermöglichte den Milchkühen eine umfunktionierte Weidefläche hinter seinem Stall. Nun reiche aber auch dies nicht mehr aus. Die neue Regel in der EU-Öko-Verordnung verlange, dass alle Kühe ab fünf Monaten nach der Geburt, nicht mehr nur Milchkühe, einen Zugang zu einer Weide brauchen.
Nicht nur kann Ganslmaier die dafür notwendige Fläche nicht gewährleisten, auch findet er die Weidehaltung in so jungem Alter zu früh, erklärt er. „Das hat nichts mit Tierwohl zu tun“, sagt er und weist darauf hin, dass die Jungtiere von der frischen Weide oft Magenprobleme bekommen und sich zusätzlich auf offener Weide leicht Parasiten einfangen.
Das Potenzial an Weidefläche auf der Seite der Bundesstraße B15, auf der sich auch der Hof befindet, sei ausgeschöpft. Im Rahmen von Bauarbeiten auf der Straße sei die Errichtung eines Tunnels zur Diskussion gestanden. Durch diesen hätte der Landwirt seine Kühe von der einen Seite der B15 auf die andere bringen können, denn dort stehen weitere Weideflächen zur Verfügung. Dabei ist aber eine Eigenbeteiligung von 80 Prozent notwendig, erklärt Ganslmaier, sowie die Pflicht zur Instandhaltung des Durchgangs für seine 50 Kühe. Das hieße happige Kosten für den 39-Jährigen.
Im Zuge der aktuell laufenden Stallbau-Förderung, bei der Landwirten eine Bezuschussung von 40 Prozent der aufkommenden Kosten garantiert wird, um Laufställe zu errichten, habe auch Ganslmaier auf Unterstützung gehofft. Seine Idee: den gesamten Stall auf die andere Seite der Bundesstraße verlegen. Für dieses kostspielige Vorhaben habe sich der Landwirt die gleiche anteilige Unterstützung durch Fördergelder erhofft.
„Die Politik hat aber Probleme wie meine nicht auf dem Schirm“, kritisiert er und erklärt, dass von seinem Vorhaben nur 20 Prozent der Kosten übernommen würden. Bei geschätzten 1,6 Millionen Euro Ausgaben müsse Ganslmaier immer noch zu viel aus eigener Tasche blechen.
„Deutschland geht gerade in Bezug auf das Ziel, bis 2030 30 Prozent Bio-Betriebe zu erreichen, ganz große Schritte rückwärts“, so der Landwirt. Er hält es für fragwürdig, dass es aktuell gar keine Neuumsteller zu biologischer Milchviehhaltung gibt. „Das letzte halbe Jahr war sehr schwierig“, klagt Ganslmaier. „Man will nicht alles hinwerfen, was die ganze Familie jahrelang mit Leidenschaft und Herzblut aufgebaut hat“. Trotzdem musste der Meister im Ökolandbau, nach eigenen Angaben, infolge der neuen, strengeren Regeln sein Bio-Siegel an den Nagel hängen.
Sowohl den Vertrag mit der Kontrollstelle, welche die Einhaltung der Biolandbau-Vorschriften überwacht, habe Ganslmaier schon gekündigt, als auch seine Technik zum Frischgrasfüttern verkauft. Der Landwirt erklärt weiter, dass er die Bio-Ausgleichszahlungen in diesem Jahr nicht mehr beantragt habe. Um diese zu erhalten, müsse man sich verpflichten, die nächsten fünf Jahre gemäß den Öko-Vorschriften zu arbeiten – mit den neuen Vorschriften für ihn unmöglich.
Chemie nur als
letzter Ausweg
Zudem hat Ganslmaier die Voraussetzungen für eine mineralische Düngung möglich gemacht, erklärt er reserviert. Der „Bio-Landwirt aus Leib und Seele“, wie er sich selbst nennt, möchte aber „seinen Grundgedanken im Ackerbau beibehalten“ und „nur als allerletzten Ausweg auf chemischen Pflanzenschutz zurückgreifen“, betont er.
Um aber keine finanziellen Einbußen durch seinen Umstieg zu haben, müsse der 39-Jährige „pro Kuh 1000 Kilogramm mehr Milch im Jahr beziehen“. Für diese erhöhten Erträge brauchen die Tiere auch mehr Futter, Ganslmaier betont dabei, dass er „von seiner Ideologie kein Geld verdienen wird“.