Oberaudorf – Für eine lange Diskussion in der Sitzung des Bau- und Straßenausschusses sorgte am vergangenen Dienstag der „Bauantrag zur temporären Nutzungsänderung eines Hotels in eine Flüchtlingsunterkunft“. Das 1958 gebaute und als ehemaliger Gasthof Berghupferl bekannte Gebäude in der Sudelfeldstraße 12 wird schon seit einiger Zeit umgebaut.
Eigentümer
hat es angeboten
Jetzt ist es vom Landratsamt auf fünf Jahre als Unterkunft für geflüchtete Personen angemietet worden. „Das genannte Objekt wurde dem Landratsamt Rosenheim vom Eigentümer angeboten“, bestätigt Sibylle Gaßner-Nickl, Pressesprecherin des Rosenheimer Landratsamts, auf Nachfrage.
Zum Ärger der Gemeinde bekam Oberaudorf davon allerdings lange nichts mit. Bürgermeister Dr. Matthias Bernhardt teilte in der öffentlichen Sitzung mit, dass die Verteilungssituation der Asylbewerber im Landkreis bereits voriges Jahr Thema einer Dienstbesprechung war. Aktueller Stand der Dinge sei, dass sowohl die Gemeinde Oberaudorf als auch der Landkreis insgesamt nach dem angewendeten „Königsteiner Schlüssel“ zu wenig Wohnungen zur Verfügung stellen. Die neue Nutzung des ehemaligen Gasthofs sei daher angemessen. „Nicht angemessen ist jedoch die Informationspolitik des Landratsamts“, sagt der Rathauschef.
Die Gemeinde sei nicht vorab über das Vorhaben des Landratsamts informiert worden. Bernhardt zeigte zwar Verständnis dafür, dass die Anmietung des Hauses erst nach Vertragsabschluss bekannt gegeben worden ist, da sonst die Gefahr bestanden hätte, dass „der Mietvertrag auf äußeren Druck nicht zustande kommt“.
Als Fehler betrachten es Gemeinderäte jedoch, dass die Bevölkerung nicht informiert wurde. Dies schaffe eine Verunsicherung, die sich zum Nachteil der kommenden Geflüchteten auswirken könne. Die Anwohner sollten schließlich wissen, wer ihre neuen Nachbarn sind.
Gemeinde
weiß von nichts
Bernhardt sagte, er habe inzwischen vom Landrat erfahren, dass das Haus für „Familien mit Kindern, die nicht mehr in der Grundschulpflicht“ seien, bestimmt ist. Der Zuzug werde die voll ausgelastete örtliche Grundschule also nicht belasten. Zudem seien es Familien, die in ihren bisherigen Unterkünften „positiv aufgefallen sind“. Mit den zusätzlichen „30 bis 40 Personen“ werde laut Bernhardt das mit derzeit 60 bis 70 Geflüchteten unterbelegte Oberaudorf auf den Landkreisschnitt kommen.
Dass der Platz für diese Anzahl an Flüchtlingen reicht, bestätigt auch das Landratsamt. „Das genannte Objekt eignet sich für die Unterbringung von 30 bis 40 Geflüchteten, größere Umbauten sind dafür nicht notwendig“, heißt es auf Nachfrage.
Doch ganz so einfach, wie vom Landkreis erhofft, wird es vermutlich nicht ablaufen. „Die Gemeinde muss noch der geplanten Nutzungsänderung des Objekts von einer Gaststätte zu einer Asylunterkunft zustimmen“, meint Gaßner-Nickl. Erst danach könnte die Baugenehmigung erteilt werden. Doch Bernhardt, der in dem ehemaligen Gasthof „eine absolute Premium-Unterkunft“ sieht, fordert vom Landratsamt einen Dialog mit den Bürgern – und der Gemeinderat lehnte den Antrag auf Umnutzung des Hauses geschlossen ab.
Verzögerung
im Zeitplan
Bernhardt rechnet jetzt mit einer Rüge durch die Kommunalaufsicht. „Diese werden wir annehmen und abheften“, meint er. Mit einer Verzögerung der Genehmigung wolle man das Vorhaben nicht verhindern, sondern nur dem Landratsamt Zeit schaffen, seinen Kommunikationsstil zu verbessern.
Das Landratsamt verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass weiterhin „dringend nach geeigneten Objekten für die Unterbringung von Geflüchteten gesucht wird“. Einen genauen Zeitplan für das ehemalige Gasthaus gibt es, speziell nach der Ablehnung der Gemeinde, jedoch noch nicht.