Obst, Bienen und Stechmücken

von Redaktion

Umweltausschuss des Landkreises Traunstein besucht Hilgerhof in Pittenhart

Pittenhart/Traunstein – Die Mitglieder des Umweltausschusses haben jüngst den Sitzungssaal des Traunsteiner Landratsamt mit dem rustikalen Kulturstadl am Hilgerhof in Niederbrunn getauscht. Das Ambiente des 300 Jahre alten Kleinods bot den perfekten Ort für die Ausschusssitzung. Pittenharts damaliger Bürgermeister Hans Spiel war maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Landkreis Traunstein das Anwesen in die Hände der Gemeinde gab. Der neu gegründete Kulturverein verpflichtete sich damals, den Hilgerhof als Dokumentations- und Begegnungsstätte finanziell unabhängig von der Gemeinde zu betreiben.

Dem Landkreis als Stiftung überlassen

Sepp Reithmeier, Pittenharts Bürgermeister und Vorsitzender des Kulturverein, stellte die Geschichte des Hilgerhofes vor, der nach dem Krieg als Flüchtlingsunterkunft, später als Schafstall und Schuppen diente und kurz vor dem Abriss vom Münchner Versicherungsdirektor Tosso Herz erworben wurde. Nach seinem Tod 1975 wurde das Anwesen dem Landkreis als Stiftung überlassen. Die Gemeinde Pittenhart erwarb den Hof und erweckte ihn mit großer ehrenamtlicher Leistung und einer Förderung aus dem Leader-Programm zu neuem Leben , so Sepp Reithmeier. Mit dem Kulturbredl etablierte der Verein eine erfolgreiche Veranstaltung. Bereits das erste Jahr lief hervorragend, es gab Veranstaltungen, Bildungs- und Schulangebote, Konzerte und Theatervorstellungen.

Außenanlagen
bieten Potenzial

Die Außenanlagen des Hilgerhofs bieten ein großes Potenzial. Von 2019 bis 2024 lief hier das Obsterhaltungsprojekt „Apfel-Birne-Berge 1.0“ zur Findung, Erhaltung und Wiederverbreitung alter Apfel- und Birnensorten am Oberbayerischen Alpenrand. Seit diesem Januar setzt das Folgeprojekt „Apfel-Birne-Berge 2.0“ die Arbeit fort. Der dabei entstandene Obsterhaltungsgarten am Hilgerhof bei Pittenhart ist mittlerweile vollständig bepflanzt mit 272 alten, seltenen und vielen unbekannten Apfel- und Birnensorten als „genetische Sicherung“. Kreisfachberater Markus Breier stellte dem Kreistags-Ausschuss für Umwelt und Abfallwirtschaft den Stand des Projektes vor und führte die Mitglieder des Kreisausschusses im Anschluss zu dem nahe liegenden Obsterhaltungsgarten. Im Biodiversitäts-Projekt wurden im Auftrag der Regierung von Oberbayern im Gebiet der Landkreise Berchtesgadener Land, Traunstein, Rosenheim, Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen und Weilheim-Schongau über 250 unbekannte oder vergessene alte Apfel- Birnbäume kartiert und teils genetisch untersucht. Jeder Baum ist katalogisiert und soll noch eine separate Infotafel erhalten, über den aufgedruckten QR-Code kann man mit dem eigenen Smartphone im Audioguide Informationen zu den jeweiligen Sorten anhören. Im Eingangsbereich zum Spindelgarten ist eine neue Informationstafel mit einer Karte aller gepflanzten Bäume angebracht, die der geschäftsführende Landrat Sepp Konhäuser (SPD) und Pittenharts Bürgermeister Sepp Reithmeier (CSU) enthüllten. Die Zielsetzung des Projektes sei, wie Markus Breier abschließend zusammenfasste, dass man die Obstsorten sichern und den Menschen zeigen und auch wieder näher bringen möchte. Auf der Internetseite www.apfel-birne-berge.de wird auch regelmäßig über Projektergebnisse informiert.

Informationen über nervige Plagegeister

Nicht nur Obst und Bienen standen auf der Tagesordnung der Ausschuss-Sitzung. Susanne Mühlbacher-Kreuzer, die Umweltbeauftrage des Abwasser- und Umweltverbands (AUV) Chiemsee und Stefan Reichelt, Bürgermeister von Chieming und Verbandsrat des AUV Chiemsee, informierten das Gremium über den Sachstand der Stechmückenplage und -bekämpfung am Chiemsee.

In manchen Jahren entsteht nach langen intensiven Regenfällen im Uferbereich eine besondere Belastung mit Stechmücken.

Der Chiemsee als Teil des Landkreisgebietes zählt mit seiner herausragenden landschaftlichen Lage zu einer der beliebtesten Natur- und Freizeiträume. Die Stechmückenplage sei ein schwerwiegendes Thema und habe Auswirkungen auf den Tourismus, außerdem sei die Belastung für die Bevölkerung nicht außer Acht zu lassen, so Reichelt.

Seit 1997 wird dazu am Chiemsee flächendeckend das Bekämpfungsmittel „B.t.i“ (ein Eiweißgranulat mit dem Bakterium Bacillus thuringiensis israelensis) eingesetzt, wie auch beispielsweise im Rheingebiet. Wissenschaftlern zufolge bekämpft die „B.t.i.“-Methode gezielt die Larven der Stechmücken und schadet keinem anderen Lebewesen. Auch werde den Vögeln oder Fröschen die Nahrungsgrundlage dadurch nicht entzogen.

Sehr anschaulich präsentierten sie den Lebenszyklus der Überschwemmungsmücke und das sehr kurze Zeitfenster von etwa vier bis acht Tagen der Embryonalentwicklung für eine effektive Bekämpfung der stechenden Plagegeister. Wie die Umweltbeauftragte darstellte, zeichnen sich die Überschwemmungsmücken durch eine Massenvermehrung aus. Sie haben einen starken Wandertrieb und die Weibchen eine ausgeprägte Stechlust. Die Überlebensfähigkeit der Eier im Boden beträgt über zehn Jahre. Sie schlüpfen in Raten, niemals alle Eier einer Brutstätte zugleich, was für die Bekämpfung eine große Herausforderung darstellt. Fakt ist zudem, dass bis einschließlich 2025 die Ausbringung des Bekämpfungsmittels bei einem Pegelstand von 116 Zentimeter erfolgen darf. Der Pegel wird am Alz-Abfluss in Seebruck gemessen. Wenn der Pegel erreicht ist, sind die Larven an anderer Stelle bereits zu weit für eine Bekämpfung entwickelt.

In einem Diagramm stellte Susanne Mühlbacher-Kreuzer die Pegelabhängige Bekämpfung auf und machte deutlich, dass es kein hartes, transparentes Kriterium für eine pegelunabhängige Bekämpfung gibt. Eine praktische Vorgehensweise wäre in ihren Augen, dass die Gemeinden Vorarbeit erbringen, zum Beispiel mit Mückenverantwortlichen. Überschwemmte Flächen sollten bekannt gegeben, die Larvendichte bestimmt und unter den Mückenverantwortlichen der einzelnen Gemeinden abgesprochen werden. Dann würde der Abwasser- und Umweltverband Chiemsee (AUV) informiert und die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (kurz: KABS) verständigt werden.

Thema
im Landtag

In den vergangenen Jahren konnte aus verschiedenen Gründen keine Stechmückenbekämpfung erfolgen. Zuletzt war dies auch Thema im Umweltausschuss im Bayerischen Landtag.

Um dazu eine Genehmigung zu erwirken, wurde im März 2025 ein zweiteiliger Antrag bei der Regierung von Oberbayern eingereicht. Zum einen wurde die Verlängerung inklusive der Erweiterung einer Pegelunabhängigen Bekämpfung beantragt, zum zweiten eine Verlängerung im Naturschutzgebiet.

Fakt ist, dass derzeit höchstens zweimal pro Jahr und im Naturschutzgebiet nur einmal pro Jahr im Zeitraum von 15. März bis 15. Juli das Bekämpfungsmittel „B.t.i.“ (Bacillus thuringiensis israelensis) zum Einsatz gebracht werden darf.

Ausbringung
mit Hubschrauber

Wasserflächen des Sees und Wasserflächen mit direkter Verbindung zum See sind von der Ausbringung ausgeschlossen. Die Ausbringung darf nur mit Hubschrauber mit Mindestflughöhe und nur auf Stechmückenbrutflächen erfolgen.

Die Ausschussversammlung hat den detaillierten Sachstandsbericht zur Kenntnis genommen und Sepp Konhäuser, Leiter der Sitzung bedankte sich für die umfangreichen Informationen. EMK

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