Eine Baustelle wie ein Husarenritt

von Redaktion

Autobahn bei Rohrdorf wird morgen für Verkehr freigegeben – Rekordverdächtiges Tempo

Rohrdorf – Am morgigen Freitag, und damit gerade noch rechtzeitig vor den Pfingstferien, ist es so weit: Die Arbeiten bei der Brückenbaustelle auf der A8 bei Rohrdorf sind dann abgeschlossen, die Autobahn ist wieder ungehindert in beiden Richtungen befahrbar. Damit sind sechs Wochen zu Ende gegangen, die vielen wie eine Ewigkeit vorgekommen sind: den Autofahrern, die in kilometerlangen Staus standen, und den Anwohnern an den „Ausweich-Schleichwegen“, die sich von einer Blechlawine überrollt fühlten.

Bei den Arbeiten
Gas gegeben

Für alle aber, die am Bau beteiligt waren, war es eine Fertigstellung in absolut rekordverdächtigem Tempo. Michael Kordon, Direktor der Autobahn GmbH in Südbayern, dazu: „Es war in seiner Geschwindigkeit nichts anderes als ein echter Husarenritt, aber einer, der zu einem optimalen Ende gekommen ist.“

Was damit gemeint ist, kann man am besten an der neuen Fahrbahndecke erklären, die die Eisenbahnstrecke überspannt und bei denen es sich um Fertigteilelemente handelt. Als Laie ist man versucht zu sagen „Na und? Wo ist da das Besondere?“ Das Besondere liegt daran, dass dieses Vorgehen schon vom Prinzip her ziemlich neu ist: Zum ersten Mal wurde diese Technik eingesetzt nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal, wo es ja ebenfalls darum ging, Brücken so schnell wie irgend möglich wieder befahrbar zu machen.

Für eine Autobahnbrücke aber war dieses Verfahren, so Christoph Häusler von der Firma Max Bögl, ein wirkliches Pilotprojekt. Dabei eines, das sozusagen in fliegender Eile vorbereitet werden musste: Für das Ausmessen und für die Fertigstellung dieser Spezialteile blieben gerade mal knappe zwei Monate Zeit. Der gewaltige Vorteil dieses Vorgehens ist eine enorme Zeitersparnis beim eigentlichen Brückenbau. Normalerweise muss der Fahrbahnuntergrund in mehreren Schichten aufwendig abgedichtet werden, um den darunter- liegenden Beton zu schützen. Das sind Arbeiten, die extrem wetterabhängig sind und damit – wenn das Wetter so wechselhaft ist wie es in den vergangenen Wochen war – große Zeitverzögerungen erzeugen können.

Genau wegen solcher notwendigen Wartezeiten, so Joachim Matzke, der Projektleiter der Autobahn GmbH vor Ort, gibt es übrigens auch die sogenannten Schläferbaustellen auf den Autobahnen, bei denen sich die Autofahrer genervt fragen, warum denn hier kilometerlang der Verkehr behindert wird, wenn doch scheinbar gar nichts passiert. Eine immer wieder „schlafende“ Baustelle aber konnte man sich in Rohrdorf wegen der auf sechs Wochen terminierten Bauzeit nicht leisten. Und nur dank der Fertigelemente war dies zu vermeiden.

Entscheidend war auch, so Niederlassungsdirektor Michael Kordon, dass beim Bau absolute Profis am Werk waren. Denn bei dem Brückenbauwerk, das aus dem Jahr 1935 stammt, wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder versucht, kleinere, aber auch größere Schäden zu reparieren. Weil diese Arbeiten aber nicht immer vernünftig dokumentiert wurden, hatte die Brücke mit dem in den einstigen Plänen festgehaltenem Aufbau bisweilen nur noch wenig zu tun. Hier war deshalb eine schnelle Anpassung an den tatsächlich vorgefundenen Zustand nötig.

Und noch etwas muss man wissen: Beim Brückenbau ist es wie mit einem Eisberg: Das, was zu sehen ist, ist nur ein kleiner Teil dessen, was darunter oder dahinter steckt. Und damit ist nicht nur die gesamte Ingenieursplanung gemeint, sondern auch das ganze organisatorische Drumherum, das ebenfalls binnen der zwei Vorbereitungsmonate gestemmt werden musste. Dafür nur ein paar Beispiele: Da ist schon mal die Baustelleneinrichtung, die vorgeplant werden muss. Dazu zählen auch die Wohncontainer für die rund 40-köpfige Baustellenbesatzung, wobei nicht nur hier, sondern bei allen Baustellenbauten mit die wichtigste Frage ist: Wo eigentlich hin damit?

In Rohrdorf, so betonen Kordon ebenso wie Pressesprecher Josef Seebacher, ist man deshalb sehr dankbar für die optimale Kooperation aller beteiligten Grundstücksbesitzer und Anlieger. Dann sind Abstimmungen mit Landratsamt und Polizei nötig wegen der sich im Bauverlauf ändernden Auf- und Abfahrten zur Autobahn. Und nicht zuletzt natürlich Gespräche mit der Bahn über eine Abschaltung der Oberleitung wenigstens während der Wochenenden.

Rund um die
Uhr geschuftet

Wegen solcher Baubeschränkungen und natürlich auch, weil man für alle etwaigen tagsüber auftretenden Verzögerungen große Zeitpuffer braucht, wurde an der Baustelle Tag und Nacht gearbeitet. All denen, die an dieser 24-Stunden-Baustelle ohne Wochenenden beteiligt waren, schulde man großen Respekt, sagt Projektleiter Joachim Matzke: „Es ist kein Spaß, nachts, im Flutlicht und möglicherweise noch bei Regen zu arbeiten: Irgendwann ist man trotz bester Kleidung ziemlich nass und ziemlich kalt.“

Der Brückenbau in nur sechs Wochen sei wirklich eine rundum hervorragende Leistung, die aber, so Michael Kordon, zwingend gestemmt werden musste: Ohne Neubau hätte man die Autobahn bei Rohrdorf sperren müssen. Und ohne die kurze Bauzeit wären die Auswirkungen auf Verkehr, auf die Anwohner und auf das Wirtschaftsgefüge der Region noch wesentlich deutlicher zu spüren gewesen.

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