Nußdorf – Die Gemeinde Nußdorf hat 50 Jahre Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Camblanes-et-Meynac gefeiert und dazu eine Delegation aus Frankreich empfangen. Was 1975 aus der Vision zweier Männer entstand, hat sich über ein halbes Jahrhundert zu einer tief verwurzelten, generationenübergreifenden Freundschaft entwickelt – getragen von Bürgern, geformt durch unzählige Begegnungen und geprägt durch kulturellen Austausch.
Stockschießen und Weißwurstessen
Den Auftakt des Festwochenendes bildete am Donnerstag ein Weißwurstfrühstück mit anschließendem Stockschießen. Die französischen Gäste bewiesen dabei bemerkenswertes Geschick im Umgang mit dem bayerischen Sportgerät. Am Nachmittag folgte ein feierlicher Empfang vor dem Rathaus, begleitet von der Musikkapelle und zahlreichen Bürgern. Bürgermeisterin Susanne Grandauer begrüßte die französische Delegation unter Leitung von Bürgermeister Jean-Philippe Guillemot und sprach von einer besonderen Verbindung, die selbst 50 Jahre nach ihrer Gründung noch „verliebt wie am ersten Tag“ sei. Sie erinnerte an die Gründungsväter Jean Héraud und Günter Mulack, die aus der Erkenntnis handelten, dass Versöhnung zwischen ehemaligen Kriegsgegnern nur durch direkte Begegnungen gelingen könne. Auch Dr. Hans Hausner, Vorsitzender des Nußdorfer Freundeskreises, rief in seiner Rede die tiefe Bedeutung dieser Partnerschaft in Erinnerung: Nicht nur die Politik, sondern Menschen hätten den Weg zueinander gefunden – und diesen Weg über Jahrzehnte unbeirrt fortgesetzt.
Ein Höhepunkt war die Enthüllung einer Gedenktafel am Rathaus mit der Inschrift „50 Jahre Partnerschaft Camblanes-et-Meynac mit Nußdorf am Inn. 1975 bis 2025“. Die Enthüllung übernahmen Christel und Georg Staber, zwei der engagiertesten Gründungsmitglieder. Das markante Ortseingangsschild zum Jubiläum wurde von Gisa Kogler unentgeltlich entworfen, was während der Feierlichkeiten mit großer Anerkennung gewürdigt wurde.
Am Abend trafen sich Gäste und Gastgeber zum Grillabend im Pfarrheim. Der Bürgermeister aus Camblanes zapfte das erste Fass an – ein Moment, der sinnbildlich für das unkomplizierte Miteinander beider Gemeinden steht. Am Freitag führte ein Ausflug zu einer Brauerei in Rosenheim, wo die französischen Gäste in die bayerische Braukunst eintauchten. Nachmittags ging es zur Waller-Alm am Sudelfeld, wo beim Hüttenabend gesungen und getanzt wurde.
Der Samstag führte die Gruppe zum Chiemsee mit einer Besichtigung von Schloss Herrenchiemsee. Das anschließende Picknick am Seeufer war französisch inspiriert. Abends feierten die Gäste eine Andacht in der Pfarrkirche St. Vitus. Dr. Hans Hausner, Vorsitzender des Nußdorfer Freundeskreises, erinnerte an die Inschrift zweier Glocken im Kirchturm, die an die Opfer der Kriege mahnen und Frieden verkünden sollen.
Beim Festabend beim Schneiderwirt wurde die Freundschaft mit Theatermusik, Tanz und Geschenken gefeiert. Nußdorf überreichte der französischen Gemeinde eine große Ortstafel mit Jubiläumszahlen, einen exklusiven Jubiläums-Bierkrug sowie Regenschirme mit Nußdorfer Motiv. Camblanes brachte eine kunstvolle Stahltafel mit, in die die Silhouetten beider Gemeinden gefräst sind – ein Entwurf der französischen Komiteepräsidentin Marie-Line Micheau-Heraud.
Viele junge Teilnehmer
Bemerkenswert war, dass rund 30 Prozent der Teilnehmer aus beiden Gemeinden junge Erwachsene waren – ein Zeichen für die lebendige Zukunft der Partnerschaft. In den Reden betonten die Verantwortlichen die Bedeutung der Partnerschaft als europäisches Modell. Bürgermeisterin Grandauer unterstrich, dass Europa kein abstraktes Konstrukt sei, sondern genau hier – in der Verbindung von Menschen, Dörfern und Traditionen – sein Herz habe.
Der Sonntag bildete mit einem Ausflug zum Hocheck einen sanften Abschluss. Später besuchten die Gäste den Trachtenmarkt in Neubeuern. Dokumentiert wurde das Jubiläum in einer umfassenden Festbroschüre mit Zeitdokumenten aus fünf Jahrzehnten und einem QR-Code für Zeitzeugeninterviews.
Nach vier intensiven Tagen bleibt ein durchweg positives Resümee: Die Partnerschaft ist gelebte Tradition. Wie Bürgermeister Guillemot zum Schluss sagte: „Vielleicht feiern in 50 Jahren die Enkel das nächste große Jubiläum – Hand in Hand, im Geiste eines geeinten Europas.“