Kolbermoor – Werte sind wie Worte – manchmal wohlfeil. Vor allem dann, wenn sie in Grundsatzpapieren und Programmen auftauchen. Dann braucht es Übersetzer. Menschen, die ins heutige Leben übertragen, wofür die Werte eigentlich stehen, nicht durch Reden, sondern vor allem mit aufgekrempelten Ärmeln. Als so einen Mann ehrte unlängst die bayerische SPD Kolbermoors Bürgermeister Peter Kloo – und sie tut das durch die Helmut-Rothemund-Medaille, eine der höchsten Auszeichnungen, die die SPD zu vergeben hat.
Entscheidungen
in die Kommunen
Helmut Rothemund war 30 Jahre lang Mitglied im bayerischen Landtag, von 1962 bis 1992, war in dieser Zeit auch zweimal – für insgesamt zwölf Jahre – Vizepräsident des Landesparlaments. Von 1977 bis 1985 war er als Nachfolger von Hans-Jochen Vogel zudem Vorsitzender der bayerischen SPD. Seine Laufbahn aber begann in der Kommunalpolitik: 1958 stand er als jüngster Landrat Bayerns dem damaligen Landkreis Rehau vor, der heute zum Landkreis Hof gehört. Und seine Wurzeln in der Kommunalpolitik hatte er nie vergessen, sie hatten vielmehr sein Leben lang sein Politikverständnis bestimmt. Für Helmut Rothemund sei immer klar gewesen, dass eine funktionierende Demokratie von unten nach oben aufgebaut ist, sagte Markus Rinderspacher, SPD-Landtagsabgeordneter und Vizepräsident des Landtags.
Rinderspacher war nach Kolbermoor gekommen, um die Entscheidung der Bayern-SPD für Peter Kloo als würdigen Träger der Medaille zu verkünden. Und er fügte hinzu: Für Helmut Rothemund seien es deshalb immer die Kommunen, denen in diesem Aufbau eine entscheidende Rolle zukomme. „Viele Probleme, die die Menschen umtreiben und von deren Lösung ihr Politikvertrauen abhängt, spielen sich auf lokaler, auf kommunaler Ebene ab“, sagte Rinderspacher. „Für Rothemund war immer klar, dass deshalb dort die Kompetenz zur Lösung dieser Probleme verortet ist, die Kommunen aber auch in die Lage versetzt sein müssen, sich diesen auch anzunehmen.“ Ein Satz, den Peter Kloo sicher voll und ganz unterschreiben würde. Denn er beklagt seit Langem das „Politikgefälle“ in Deutschland: Entscheidungen werden auf Landes- oder Bundesebene getroffen, um deren Umsetzung aber haben sich die Kommunen zu kümmern. Und das immer häufiger so, dass dem zunehmenden Aufwand keine entsprechenden Ausgleichszahlungen entgegenstünden.
Für Peter Kloo ist das nicht nur falsch, es ist „auf lange Sicht auch gefährlich“, wie er in einer Rückschau auf seine 20 Jahre als Bürgermeister von Kolbermoor betonte: „Denn wenn man auf diese Art und Weise weitermacht, mit der bürokratischen Perfektionierung der Demokratie in Deutschland, dann könnte es sein, dass sie sich am Ende selbst zerstört.“
Für Peter Kloo, das betonte Markus Rinderspacher, seien Schwierigkeiten aber nie ein Grund zur Resignation gewesen. Vielmehr immer ein Anlass, um mit „Hartnäckigkeit und Zähigkeit“ die Spielräume auszunutzen, die zur Verfügung standen: „In dieser Hinsicht personifiziert er eine der entscheidenden Grundtugenden der SPD, nämlich ihr Durchhaltevermögen.“
Ganz entscheidend sei aber auch gewesen, dass Peter Kloo in seinen zwei Jahrzehnten als Bürgermeister diese Werte der SPD nicht nur verkündet, sondern im alltäglichen politischen Handeln auch gelebt hätte: Gerechtigkeit, Fairness, Gleichheit, Achtung der Menschenwürde – das seien, so Rinderspacher, die Ziele, für die sich die SPD seit 156 Jahren einsetze.
Ruf nach
mehr Freiräumen
Laut Kloo läge genau in dem Einsatz für diese Ziele auch eine Chance, gegen eine überbordende Bürokratie anzugehen. „Wir brauchen für unsere Entscheidungen weniger Regulierung, mehr Freiräume, am Ende also schlicht und einfach mehr Mut zur Lücke“, so Kolbermoors Rathauschef. „Das kann aber nur funktionieren, wenn es für alle in unserer Gesellschaft ordnende, aber auch sichernde Leitplanken gibt. Und diese Leitplanken ergeben sich ganz einfach, sozusagen von selbst, aus dem Respekt gegenüber diesen Grundwerten.“