„Man wächst an seinen Zweifeln“

von Redaktion

Interview Autor Bernhard Jaumann über den Bad Aiblinger Schreibwettbewerb 2025

Bad Aibling – Erste Liebe, die Umwelt, die Zukunft, Kriege, Sicherheit, Schule, Spaß in der Freizeit, Trauer, Verlust: Was beschäftigt die jungen Menschen im Landkreis Rosenheim heute? Darauf ist die Jury des fünften Bad Aiblinger Schreibwettbewerbs für Jugendliche heuer besonders gespannt. Denn nach vierjähriger Pause sind heuer alle Schüler der fünften bis zehnten Klasse aufgerufen, ihre Werke einzureichen. Bis 31. Juli ist das noch möglich. Bernhard Jaumann ist von Anfang Mitglied in der Jury dieses Wettbewerbs, der 2017 im Rahmen des 30. Jubiläums der Bad Aiblinger Literaturtage ins Leben gerufen wurde. Vielen Schülern ist er bekannt als früherer, langjähriger Deutschlehrer am Gymnasium Bad Aibling. Weitaus größere Bekanntheit erreichte er durch seine Kriminalromane, die zum Teil an seinem zweiten Lebensmittelpunkt, dem kleinen italienischen Dorf Montesecco, oder in Namibia spielen. Beim diesjährigen Schreibwettbewerb, den die Stadtbücherei Bad Aibling unter Federführung von Brigitte Paul organisiert, wird er das besondere Augenmerk auf die Sonderkategorie „Lyrik/Songs/Poetry Slam“ legen, die ihm neben dem breitgefächerten Prosabereich sehr am Herzen liegt.

Herr Jaumann, der Schreibwettbewerb für Jugendliche aus dem Landkreis findet heuer zum fünften Mal statt. Sie gehören der Jury von Anfang an. Wie würden Sie die Resonanz beschreiben?

Die Resonanz war unterschiedlich, aber ich war jedes Mal von den Beiträgen positiv überrascht, sowohl von der Kreativität als auch von der literarischen Qualität mancher Beiträge. Da waren teilweise unglaubliche Geschichten darunter. Wir hatten auch Beiträge, die weniger mit Literatur an sich zu tun hatten und die man eher dem therapeutischen Schreiben zuordnen kann. In denen es um eigene Ängste, um Traumata geht. Aber auch in diesem Bereich ist es gut, wenn sich die Schreibenden mit Worten ausdrücken.

Die Mehrheit der Teilnehmer bewegte sich stets im Bereich Prosa. Wie sah es bisher bei der Lyrik aus?

Es waren immer weniger lyrische Einsendungen als Prosatexte dabei. Und auch diese kamen eher von den Älteren, der Gruppe der 17- bis 20-Jährigen, die wir jetzt nicht mehr dabeihaben. Aber bei den Beiträgen, die wir bekamen, war es toll zu lesen, mit welchem Sprachbewusstsein sich die Teilnehmer ausdrückten. Bei den Zehn- bis 13-Jährigen wiederum gibt es sehr große Unterschiede, das reicht von reinen Kindergedichten bis hin zu Poetry-Slam-Beiträgen. Die Jüngeren machen ihre Reime, die sehr erfrischend sein können. Bei den Teilnehmern aus den neunten und zehnten Klassen merkt man dann schon auch das Können, sie arbeiten mit Verdichtung, Verknappung und Konzentrierung der Sprache in der Lyrik.

Kann man Lyrik auch als eine Leidenschaft von Ihnen, dem Prosa-Experten, bezeichnen?

Ja, das kann man schon als Liebe bezeichnen. Lyrik ist eine sehr konzentrierte Form der Literatur. Ich mag das Moderne, Verknappte, Verdichtete. Bei mir kommt das meist aus Naturbeobachtungen heraus. Lyrik hat viel mit Kreativität zu tun. Und mit Sprachkompetenz. Man kann über einen Knopf genauso interessant schreiben wie über den Weltfrieden.

Aber das liegt auch nicht jedem. Was sagen Sie Zweiflern, die vielleicht gerne für sich schreiben, aber Sorge haben, es sei „nicht gut genug“ für einen Wettbewerb?

Man wächst und lernt an seinen Zweifeln und Unsicherheiten. Es ist wie beim Fußball, nur dass unser Ball die Sprache ist. Wer damit nicht gleich umgehen kann, muss trainieren. Aber wichtig ist es, überhaupt einmal anzufangen. Aus Zweifeln ist schon ganz viel Gutes entstanden. Das ist eine der Grundlagen, um etwas aus sich herauszuholen.

Interview: Eva Lagler

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