Von wegen „scheußliches Plastik“

von Redaktion

1300 Barbie-Puppen aus Schnaitseer Sammlung im Spielzeugmuseum München zu sehen

Schnaitsee/München – Sie steht immer wieder in der Kritik. Sie sei nur ein Stück Plastik, das schick angezogen ist und falsche Werte vermittelt. Doch für viele Mädchen und Frauen ist und war sie das Symbol unendlicher Spielstunden, die Hauptdarstellerin im Kinderzimmer und auch die beste Freundin. Lag sie unter dem Weihnachtsbaum, hat sie die Gesichter zum Strahlen gebracht. Mit ihr wurden erste Berufswünsche durchgespielt, Traumhäuser eingerichtet und fantastische Welten erschaffen: die Barbie-Puppe.

Heuer ist sie 66 Jahre alt geworden. Und diesen Geburtstag hat das Spielzeugmuseum in München als Anlass für eine Sonderausstellung genommen. Die Ursprünge davon befinden sich aber eigentlich in Schnaitsee.

Rathausturm
wird Ausstellungsort

Ivan Steiger, Karikaturist, Illustrator, Maler, Schriftsteller und Regisseur hatte in der kleinen Gemeinde im Chiemgau ein Anwesen. Er, seine Frau und seine beiden Töchter Helena und Johanna verbrachten dort jedes Wochenende, sagt Johanna Steiger-Antos im Gespräch mit der Redaktion. Wohnhaft war die Familie aber in München. „Mein Vater hat damals einen Film gedreht und eine Requisite dafür gesucht. Das war ein altes Blech-Spielzeug“, erklärt Johanna Steiger-Antos. Und mit dem begann die Sammel-Leidenschaft des Vaters.

„Er war bei Auktionen dabei, hat Flohmärkte besucht. Ich sage immer, er hat in den 80ern ganz Deutschland aufgekauft“, fügt die Tochter hinzu und lacht. Doch dann gab es ein Problem: Durch die vielen Spielzeuge wurde es eng in der Münchner Wohnung. Also setzte sich Ivan Steiger mit dem damaligen Münchner Oberbürgermeister in Verbindung und durfte ab 1983 die Räumlichkeiten im Rathausturm am Marienplatz als Ausstellungsort nutzen.

Es folgten über die Jahre weitere Museen in Passau und Prag. Bei Letzterem handelte es sich um eine der größten privaten Spielzeugsammlungen der Welt.

Doch wie kam es jetzt zur Barbie? Denn Ivan Steiger war erst einmal kein Fan der Puppe, wie sich Johanna Steiger-Antos erinnert. Er hatte ihr nämlich nie erlaubt, so eine zu haben. „Das Lustige ist, er hat immer gesagt, ich soll nicht mit scheußlichem Plastik spielen. Da musste ich lange an ihn hinreden, bis ich eine bekommen habe.“ Doch dann lag endlich eine unter dem Weihnachtsbaum. Und das im Domizil in Schnaitsee.

Über die Jahre sammelte Ivan Steiger weitere Spielsachen, bezog welche aus den USA, wo er eine Vermittlerin hatte. Die riet ihm vor 37 Jahren, die Barbie zu sammeln, da ein Trend im Kommen sei. „Und dann kam mein Vater zu mir, als ich 17 war, und hat gesagt: Lass uns das zusammen machen.“

So füllte sich nach einiger Zeit der Dachboden in Schnaitsee mit den unterschiedlichsten Puppen. „Das war sehr schön, weil mein Vater und ich da eine gemeinsame Leidenschaft hatten“, sagt Johanna Steiger-Antos. Eine Hingabe, welche die ganze Familie angesteckt hat und die nach wie vor ausgelebt wird.

Auch nachdem vor fünf Jahren die Mutter Eva Steiger und erst vergangenen Februar der Vater Ivan Steiger verstorben waren, führten die beiden Töchter Helena und Johanna die Tradition und das Familienunternehmen fort. Helena Steiger ist als Leiterin des Spielzeugmuseums tätig und Johanna Steiger-Antos übernimmt den kreativen Bereich. Den Dachboden in Schnaitsee haben die Barbies aber längst verlassen. Aktuell sind sie im Münchner Rathausturm zu finden. Um die 1300 Puppen, verteilt auf vier Stockwerke, zeigen die Entwicklung der Barbie.

Begonnen mit den Anfängen am 9. März 1959, als sie auf der New Yorker Spielzeugmesse das Licht der Welt erblickt hat, bis in die heutige Zeit, wo sie sich als Kultobjekt etabliert hat. Jedes Geschoss im Museum ist dabei einer anderen Zeit gewidmet.

Damit soll auch gezeigt werden, dass Barbie nicht nur dieses Stück Plastik ist, das mit unrealistischen Körpermaßen ein falsches Selbstbild für Frauen vermittelt. Sie trägt einen wichtigen Teil zur pädagogischen Entwicklung bei und führt die Tradition der Anziehpuppe fort, findet Johanna Steiger-Antos.

Eigene
Lebensläufe erstellt

Denn die Puppe habe sich im Laufe von sechs Jahrzehnten an gesellschaftliche Veränderungen angepasst, sowohl modisch, kulturell, als auch politisch. „Sie geht mit der Zeit, schlüpft in verschiedene Berufe, von der Kindergärtnerin bis zur Pilotin. Es wurden sogar eigene Lebensläufe für sie erstellt.“ Der Hersteller-Konzern Mattel hat auch unterschiedliche Körperformen eingeführt, was zur Modernisierung des Images von Barbie beitragen soll.

Bis 31. Dezember

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