Ein Happy End für 800 Familien

von Redaktion

Insolvenzverfahren über soziale Einrichtungen sind besonders brisant. Doch im Falle des Vereins „Katharinenheim Bad Endorf“ gibt es ein Happy End für immerhin 800 Familien: 320 Arbeits-, 220 Pflege- und 250 Kita-Plätze bleiben erhalten. Wie es jetzt mit drei Pflegeheimen und drei Kitas weitergeht.

Bad Endorf – Über eine Stunden dauert die Mitarbeiterversammlung im Katharinenheim Bad Endorf schon. Immer und immer wieder ist Beifall zu hören. Dann endlich strömen die Mitarbeiter von drei Pflegeheimen und drei Kindertagesstätten aus dem Saal. Mit glücklichen Augen und strahlenden Gesichtern. Eine der Mitarbeiterinnen bringt ihre Gefühlslage auf den Punkt: „Ich habe ein gutes Gefühl, denn wir sind auf einem guten Weg.“

Anderthalb Jahre haben sie durchgehalten. Mit der Liebe zu ihrem Beruf. Aber auch mit der quälenden Ungewissheit, was aus den Einrichtungen des insolventen Vereins „Katharinenheim Bad Endorf“ werden würde. Seit Montag (30. Juni) haben 320 Mitarbeiter nun die Gewissheit: Es geht weiter. Mit einem neuen Träger. Alle Einrichtungen bleiben erhalten. Die Mitarbeiter behalten ihre Arbeitsplätze, ihre Bezüge und Urlaubsansprüche. Die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) gelten weiter. „Es bleibt alles, wie es ist“, sagt Stefanie Stelter, die Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV) im Einrichtungsverbund Katharinenheim.

Mitarbeiter, Bewohner
und Familien betroffen

Der Verein „Katharinenheim“ als gemeinnütziger Träger war infolge erheblicher Managementfehler in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Doch Insolvenzverwalterin Birgitt Breiter, Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht aus Holzkirchen, hat in enger Abstimmung mit Mitarbeitern, Trägern und Behörden den Betrieb ohne Unterbrechung fortgeführt, saniert und die Voraussetzungen für die Übernahme geschaffen. „Es war eine herausfordernde Aufgabe, die nur durch das Engagement aller Beteiligten und mit einem erheblichen Einsatz gelingen konnte“, so Breiter.

Verfahren mit großer
Verantwortung

Im Bereich sozialer Träger seien Insolvenzverfahren mit besonderer Verantwortung verbunden. „Umso erfreulicher ist es, wenn mit einem zukunftsfähigen Konzept nicht nur Gläubigerinteressen gewahrt, sondern auch Versorgungsstrukturen und Arbeitsplätze gesichert werden können“, betont Breiter. Der Erhalt sozialer Infrastruktur unter insolvenzrechtlichen Rahmenbedingungen sei schwierig, aber machbar, wenn alle Beteiligten konstruktiv zusammenarbeiten. Durch die zügige Stabilisierung des laufenden Betriebs, rechtlich fundiertes Krisenmanagement, wirtschaftliche Sanierung und eine professionelle Investorensuche sei es gelungen, die gemeinnützige Einrichtung auf eine stabile Zukunft auszurichten.

Sanierung erfolgreich
abgeschlossen

Die Rettung des Katharinenheims Bad Endorf ist geglückt: Der Betrieb konnte erfolgreich saniert, restrukturiert und im Rahmen eines strukturierten Investorenprozesses an einen neuen Träger veräußert werden. Der Gläubigerausschuss hat dem Verkauf zugestimmt. Zum 1. September übernimmt die TGE gemeinnützige Trägergesellschaft mbH für die Einrichtungen der Schwestern vom Göttlichen Erlöser (Niederbronner Schwestern) Provinz Deutschland mit Sitz in Neumarkt in der Oberpfalz die drei Pflegeheime und drei Kindertagesstätten in Bad Endorf und Rohrdorf.

„Wir freuen uns, mit der TGEg Trägergesellschaft einen erfahrenen Partner im Bereich der Altenhilfe und Kinderbetreuung gefunden zu haben“, sagt Insolvenzverwalterin Breiter. Und Attila Lottner von der Quest Consulting AG, die den Prozess begleitet hat, ergänzt: „Der Verkaufsprozess konnte erfolgreich abgeschlossen werden – mit einem Investor, der wirtschaftlich überzeugt und dessen soziale Verantwortung zur Geschichte des Katharinenheims passt.“

Name
bleibt erhalten

Über 300 Arbeitsplätze wurden gerettet, ebenso wie alle 220 Pflegeplätze in Bad Endorf und Rohrdorf sowie 250 Plätze in den angeschlossenen Kindertageseinrichtungen. Der Name des Einrichtungsverbundes „Katharinenheim“ bleibt erhalten. Die Trägergesellschaften ändern sich. Die zwei Seniorenheime Haus Katharina mit dem Haus Sinnesgarten in Bad Endorf und das Haus St. Anna in Thansau werden unter dem Dach der gemeinnützigen Altenhilfe gGmbH der Niederbronner Schwestern fortgeführt. Die Immobilien der Kindertagesstätten gehören der Gemeinde Bad Endorf. Die Kindertagesstätte „Katharina“ und der Kindergarten am Kirchplatz in Bad Endorf sowie der Kindergarten „Glühwürmchen“ in Hirnsberg sind künftig dem Bildungsträger Haus St. Marien gemeinnützige GmbH zugeordnet.

Anfrage war
„etwas Besonderes“

„Wir haben uns nicht gesucht, wir haben uns gefunden“, sagt Schwester Barbara Geißinger, die Provinzoberin der Schwestern vom Göttlichen Erlöser. Die gemeinnützige Trägergesellschaft des Ordens erhalte viele Anfragen. Doch die möglichen Übernahme der Einrichtungen des Vereins „Katharinenheim Bad Endorf“ sei etwas Besonderes gewesen, denn: „Wir haben eine gute Perspektive gesehen, weil wir den gleichen Auftrag haben, uns für Kinder, Jugendliche, Kranke und Senioren einsetzen. Daher passen wir gut zusammen.“ Beide Träger verbinde das Engagement zweier Gründerinnen, die sich für das Wohl armer, kranker und bedürftiger Menschen eingesetzt haben. „Ihre Arbeit wirkt in den sozialen Einrichtungen bis heute fort“, erklärt Dr. Michael Hitzschke, Hauptgeschäftsführer der TGEg Trägergesellschaft mbHh für die Einrichtungen der Schwestern vom Göttlichen Erlöser Provinz Deutschland.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens waren deutschlandweit etwa 150 Unternehmen angeschrieben worden. Die TGEg Trägergesellschaft mbh war von Beginn an in den Investorenprozess eingebunden. Dass sie sich schließlich für die Übernahme der Einrichtungen entschied, hatte viel mit der Gemeinde Rohrdorf zu tun. Sie war das Zünglein an der Waage. Als sie sich entschied, die Immobilie des Pflegeheimes in Thansau zu kaufen und künftig als Vermieter für das Haus St. Anna aufzutreten, kam der Prozess ins Rollen. „In dem Moment waren die wirtschaftlichen Berechnungen so, dass wir darauf aufbauen konnten“, verrät Dr. Michael Hitzschke. Und so kauft die TGEg Trägergesellschaft mbh die Grundstücke und Immobilien der Pflegeheime in Bad Endorf und mietet sich als Betreiber in Thansau ein.

Einfach hat es sich Rohrdorf nicht gemacht, schließlich ist die Haushaltslage in allen Gemeinden angespannt. „Doch da uns das Grundstück bereits gehörte, waren wir der Meinung, dass auch das Pflegeheim als eine Schlüssel-Immobilie in kommunale Hand gehört“, erklärt Bürgermeister Simon Hausstetter. Der Gemeinderat stimmte dem Kauf einstimmig zu, denn: „Der Erwerb des Seniorenheims St. Anna in Thansau unterstreicht die Bedeutung dieses Hauses, seiner Bewohner und Mitarbeitenden für Rohrdorf.“ Zwar sei der Erwerb eine finanzielle Herausforderung, aber für die Gemeinde habe der Erhalt des Seniorenheims und die Weiterführung durch einen geeigneten Betreiber oberste Priorität gehabt.

„Wir sind sehr froh, dass uns diese Lösung gemeinsam gelungen ist, und wir nun sicher sein können, dass das Seniorenheim adäquat weitergeführt wird und auch die gewerblichen Räumlichkeiten sowie das Schützenheim für unsere dörfliche Gemeinschaft eine gesicherte Zukunft haben“, betont der Bürgermeister. Die Altenpflegeheime unter dem Dach „Katharinenheim“ in Rohrdorf und Bad Endorf sind eng miteinander verbunden. „Thansau allein funktioniert nicht. Nur gemeinsam mit Bad Endorf war eine Lösung denkbar“, erklärt Hausstetter.

Das soziale Herz Bad
Endorfs schlägt weiter

Der Marktgemeinde Bad Endorf ging die Insolvenz des Vereins Katharinenheim durch Mark und Bein. „Das war ein Stich ins soziale Herz Bad Endorfs“, erinnert sich Bürgermeister Alois Loferer. Viele Monate wurde nichtöffentlich, zuletzt aber auch öffentlich über die Zukunft der Einrichtungen debattiert. Der Kauf der Grundstücke und Immobilien sowie eine Übernahme der Kindertageseinrichtungen in kommunale Trägerschaft waren in der Diskussion. Aufgrund der schwierigen Haushaltslage und des Großprojektes Schulzentrum musste die Gemeinde aber davon absehen.

„Jetzt fällt uns ein Stein vom Herzen, dass die Zukunft der Senioren- und Kinderbetreuung in Bad Endorf gesichert ist, und das soziale Herz Bad Endorfs weiterschlägt“, ist Loferer dankbar. Ihm ist vor allem eines wichtig: das Nebeneinander von Kindern und Senioren. „Nun wurde ein neuer Träger gefunden, der sich für Altenhilfe und Kinderbetreuung interessiert und beides erhalten wird.“

Wichtiger Beitrag zur
Versorgungssicherheit

Landrat Otto Lederer würdigt die erfolgreiche Sanierung des Vereins Katharinenheim als einen „wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit älterer Menschen sowie zur Kinderbetreuung in der Region“. Der erfolgreiche Abschluss sende ein positives Signal für die Branche und zeige die insolvenzrechtliche Sanierbarkeit von Einrichtungen der Daseinsvorsorge, wenn man juristische Klarheit mit pragmatischer Umsetzung und frühzeitiger Kommunikation mit allen Beteiligten kombiniere.

„Es freut mich, dass es gelungen ist, einen gemeinnützigen Träger für das Katharinenheim zu finden und es im Sinne der Gründerin des Vereins fortführen zu können. Damit wird auch die 105 Jahre alte Tradition fortgeführt“, blickt Insolvenzverwalterin Birgitt Breiter in die Zukunft. Ob es die Einrichtungen auch in 105 Jahren noch geben wird? „Wir werden es versuchen“, sagt Provinzoberin Sr. Barbara, lächelt zuversichtlich und ergänzt mit einem Fingerzeig auf die sprudelnde Quelle im Innenhof des Bad Endorfer Katharinenheims: „Im Vertrauen darauf, dass wir nicht alles selbst vollenden müssen, schöpfen wir unsere Hoffnung aus den Quellen des Erlösers.“

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