Prutting – Was muss man haben, um ein weltweit erfolgreicher Autor von Bilderbüchern zu werden? Zeichnen sollte man können, das ist klar, aber was noch? Am Mittwoch, 9. Juli, hat man Gelegenheit, das zu erfahren. Denn da wird Helme Heine um 18 Uhr im Saal in der Pruttinger Grundschule über sein Leben plaudern – und natürlich vor allem auch über sein Zeichnen und Malen.
Schöpfer bekannter
Kinderbuchfiguren
All die Geschöpfe, die Helme Heine in nunmehr 57 Büchern für Kinder und 25 für Erwachsene zum Leben erweckt hat, muss man nicht weiter vorstellen. Wer etwa kennt nicht die drei Freunde, das Schwein, die Maus und den Hahn? Über ihn selbst aber und welche Bedeutung das Illustrieren für ihn hat, weiß man vergleichsweise wenig – und genau das wird sich am Mittwoch für alle Besucher ändern.
Eines kann aber jetzt schon verraten werden: Wenn man Helme Heine zum Maßstab nimmt, dann ist eines für einen Illustrator besonders wichtig: die Hinwendung zum Leben, gerade zu dessen Kleinigkeiten. Man muss das erkennen können, worüber die meisten hinwegsehen: die Schönheit in den Dingen des Alltags – und vor allem ihre Kuriosität. Schon das allererste Bilderbuch von Heine zeigt das, das Elefanteneinmaleins. Grund für die Geschichte waren eigentlich die Dinge, die ein Elefant so hinterlässt, die Elefantenklöße. Gesehen hatte er sie im Krüger Nationalpark, denn Heine lebte damals in Südafrika. Die Klöße seien in ihrer runden geschlossenen Form einfach schön, sagt Helme Heine, und so erfand er einen kleinen Elefanten, der nicht nur stolz auf seine Klöße ist, sondern vor allem über die Tatsache, dass er mit jedem Jahr, das er älter wird, jeweils einen mehr macht. Das geht so, bis er 51 Jahre alt wird, denn da macht er überraschenderweise nicht 51, sondern nur noch 49.
Nach einigem Nachdenken wird dem Elefanten klar: Von nun an werden sie weniger, der Zenit des Lebens ist überschritten. Und es wird, so sagt sich der Elefant, spannend, wie es da so weiter geht.
Helmut Heine schrieb dieses Buch eigentlich nur, weil er für die Kinder von Bekannten ein Kinderbuch suchte, aber in den Buchhandlungen keines fand, das ihm zusagte. „Dann mach ich es halt selber“, dachte er sich damals, Mitte der 1970er-Jahre. Aus seiner erwachsenen Umgebung wurde diesem Buch kein großer Erfolg vorhergesagt: zu schwierig und zu wenig kinderfreundlich die Sache mit dem Einmaleins und der dahinterliegende Sinn für Kinder sowieso nicht zu verstehen.
Für Helme Heine ist das Unsinn – und der Erfolg gab ihm damals und gibt ihm bis heute recht. Man macht kein gutes Buch für Kinder, so sagt er, wenn man nur vermeintlich kindgerechte, also einfache Sachverhalte aufgreift.
Und das trifft für ihn auch auf die Illustrationen zu: Das Schlimmste wäre, wenn sie nur versuchten, den Text zu bebildern. Damit würde die Fantasie des Lesers zerstört. Und er bringt ein Beispiel: „Vor der Verfilmung der Harry-Potter-Geschichten hat es Millionen verschiedene Harry Potters in der Fantasie der Leser gegeben. Jetzt, nachdem es die Filme gibt, sind die alle mausetot.“ Illustrationen müssen für ihn einen Text nicht abbilden, sie müssen ihn ergänzen, zu ihm hinzu ein weiteres Tor für die Fantasie öffnen.
Und er bringt auch hierfür ein Beispiel. Wenn er die Geschichte von einem Mädchen erzählen sollte, dem der geliebte Hund gestorben ist, dann, so sagt er, würde er sie eben nicht weinend an ihrem Tisch zeigen, vor sich ein Bild ihres Hundes. „Ich würde ein Haus in der Dämmerung malen, bei dem nur in einem Fenster ein Licht brennt. Da weiß man: Da sitzt sie und ist unendlich traurig.“
Zwischen Neuseeland
und Prutting
Ein tiefer Sinn für das Fühlen der Menschen, für ihre Seele, steckt da dahinter, man spürt es, wenn man Helme Heine begegnet. Und dafür wiederum ist Lebenserfahrung sicher keine schlechte Zutat. Helmut Heines 84-jähriges Leben war in der Tat bewegt, er lebte fast mehr im Ausland als in Deutschland, ist heute in Neuseeland zu Hause.
Und auch davon wird man einiges am kommenden Mittwochabend erfahren können und vielleicht auch, warum er seine Ferien meist in Prutting verbringt: „Ich liebe die Seen hier. Sie sind still, sie verlangen nichts, es genügt ihnen, wenn man sitzt und schaut.“
Und er hat auch noch eine Botschaft für alle, die derzeit an Deutschland und Europa nur wenig Gutes lassen können: „Mit dem Blick von außen weiß man: Europa ist einfach ein zauberhafter Kontinent, den die Vielzahl der Staaten und Kulturen so besonders reich macht.“