„Grundstücksdeal“ in Eggstätt

von Redaktion

Interview Bauamtsleiterin über Baurecht für drei Parzellen in Oberndorf

Eggstätt – Die „Ortsabrundungssatzung Oberndorf“ wird geändert. Ziel ist es, für drei zusätzliche Parzellen Baurecht zu schaffen. Der Gemeinderat stimmte dem Vorhaben in seiner Juni-Sitzung zu. Nun gibt es Gerede in der Gemeinde. Manch ein Bürger wittert „Vorteilsnahme im Amt“, weil ausgerechnet der Zweite Bürgermeister Hans Plank vom Baurecht profitiert. Und der Gemeindeverwaltung wird unterstellt, ihm diesen „Deal“ verschafft zu haben. Wer vom Baurecht in Oberndorf profitieren wird, erklärt Bauamtsleiterin Regina Maier.

Der Deal sei auf Ihrem „Mist“ gewachsen, heißt es. Können Sie das erklären?

Diese Formulierung ist äußerst abwertend für die viele Arbeit, die damit verbunden war. Fakt ist: Die Gemeinde Eggstätt möchte Einheimischenbauland anbieten, kann es aber nicht. Wir haben selbst weder attraktive Grundstücke noch die finanziellen Mittel, um Einheimischenbauland zu erwerben und dann verbilligt weiterzuverkaufen. Ungeachtet dessen ist gemeindliche Subventionierung von Bauland für Einheimische ein sehr kontroverses Thema. Einerseits sollen dadurch junge Familien im Ort gehalten werden. Andererseits wird der Verkauf von Grundstücken zu verbilligten Preises jenseits der Marktpreise als ungerecht angesehen, weil nicht alle, sondern nur vereinzelte Bürger davon profitieren. Es wäre also ein Verstoß gegen das Prinzip der Chancengleichheit. Nicht zuletzt sind Gemeinden nach dem kommunalen Haushaltsgesetz aber auch verpflichtet, ihre Vermögenswerte markt- konform zu veräußern. Kurzum: Die Gemeinde Eggstätt musste nach anderen Möglichkeiten suchen, um Bauland für Einheimische anbieten zu können.

Wer hat sich das Modell ausgedacht, das nun einer einzelnen Privatpersonen Baurecht verschafft?

Wir haben uns die Modelle unserer Nachbargemeinden angeschaut und daraus ein Modell für Eggstätt entwickelt. Im Februar 2025 fand eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderates statt, in der Richtlinien festgelegt wurden, wie wir Bauland akquirieren wollen. Und diese Richtlinien gelten künftig für alle Eigentümer, die eine Bauleitplanung für ihre Grundstücke anstreben.

Können Sie die Richtlinien näher erläutern?

Der Eigentümer muss ein Drittel der Flächen, für die eine Bauleitplanung gemacht wird, als Bauland zu einem günstigen Preis an Einheimische verkaufen. Die Bedingungen unserer Gemeinde sind sehr streng und werden in einem städtebaulichen Vertrag fixiert.

Oberndorf ist also der erste Praxisfall? Können Sie den genauer beleuchten?

In Oberndorf wird die Ortsabrundungssatzung geändert. Dadurch entsteht Baurecht für drei Parzellen, die jeweils mit Doppelhäusern bebaut werden dürfen. Eines der drei Grundstücke – also ein Drittel – hat bei einem Doppelhaus zwei zu vergebende Einheiten. Der Eigentümer muss diese an Käufer veräußern, die die Gemeinde benennt. Für das Einheimischenmodell wurden vom Gemeinderat Auswahlkriterien definiert. Interessenten können sich für Einheimischenbauland bewerben. Sie werden nach einem speziellen Punktesystem bewertet, bei dem es unter anderem für die Ortsansässigkeit, ehrenamtliches Engagement oder die Zahl der Kinder Punkte gibt. Die Bewerber mit den meisten Punkten kommen in die engere Auswahl, müssen für den Kaufpreis aber auch die Finanzierungsbestätigung eines Kreditinstituts vorlegen. Der Gemeinderat entscheidet dann, wer den Zuschlag erhält.

Also werden dem Eigentümer die potenziellen Käufer vorgeschrieben. Und wie sieht es mit den Preisen aus?

Der Kaufpreis wird als Festpreis im städtebaulichen Vertrag zwischen Eigentümer und Gemeinde fixiert. Er liegt bei einem Sechstel des erschließungsbeitragsfreien Bodenrichtwertes. Der liegt in Oberndorf derzeit bei 650 Euro pro Quadratmeter. Ein Sechstel davon wären also 108,33 Euro. Das heißt: Der Eigentümer darf das Land nur für 108,33 Euro pro Quadratmeter verkaufen.

Darf er mit den anderen Grundstücken machen, was er will?

Nein. Auch für die zwei frei verfügbaren Grundstücke haben wir uns als Gemeinde Dienstbarkeiten vertraglich eingeräumt. Dazu gehört eine 20-Jahresbindung für Erstwohnsitznehmende. Das heißt, der Eigentümer darf die Grundstücke nur für sich und seine Familienangehörigen nutzen. Will er sie verkaufen, braucht er die Genehmigung der Gemeinde. Zudem dürfte er die Grundstücke nur an Leute verkaufen, die in der Gemeinde ihren Erstwohnsitz haben wollen. Bei einem Verstoß gegen diese Bedingung hat die Gemeinde ein Vorkaufsrecht für das Grundstück. Dabei wurde ein Ankaufspreis von 50 Euro pro Quadratmeter festgelegt, der unabhängig von etwaigen Wertsteigerungen unveränderlich bleibt. Für vorhandene Gebäude müsste die Gemeinde dann den Verkehrswert zahlen. Das sind harte Bandagen, die es für Bauwerber in der Gemeinde Eggstätt so bisher nicht gab. Unser Zweiter Bürgermeister ist der erste Antragsteller, für den sie gelten.

Unterm Strich ist das für den Eigentümer nicht gerade ein guter Deal?

Es sind harte Bedingungen, aber man darf natürlich nicht vergessen, dass er dafür Baurecht für weitere zwei Grundstücke bekommt. Vom städtebaulichen Vertrag profitieren vor allem die jungen Familien in der Gemeinde, die Einheimischenbauland für einen Preis von 108 Euro pro Quadratmeter bekommen. Und das werden die zwei Gewinner des Auswahlprozesses sein. Ich gehe davon aus, dass die Bewerbungsphase im ersten Quartal 2026 beginnt.

Warum kauft die Gemeinde vom Eigentümer zusätzliche 200 Quadratmeter Land?

Wir sind dankbar dafür, dass uns Hans Plank diese Fläche zur Verfügung stellt. In Oberndorf entspricht die Löschwasserversorgung nicht den gesetzlichen Standards. Wenn es dort wirklich einmal brennen sollte, haben wir ein Problem, weil die Entnahmekapazität aus den vorhandenen Hydranten trotz des Notverbundes mit der Gemeinde Breitbrunn nicht ausreichend ist. In Oberndorf hätte längst eine Löschwasserzisterne gebaut werden müssen. Das ist auch eine der Altlasten aus den vergangenen Jahren, die wir dringend aufarbeiten müssen. Jetzt soll ein unterirdisches Löschwasserreservoir geschaffen werden, damit im Notfall für den Löschangriff der Feuerwehren ausreichend Wasser vorhanden ist.

Wie viel muss die Gemeinde für das Grundstück zahlen?

Der landwirtschaftliche Bodenrichtwert liegt bei 13 Euro pro Quadratmeter. Wir kaufen die Fläche von 200 Quadratmetern also für 2600 Euro. Zusammen mit dem Löschwasserbehälter, der schätzungsweise 160000 Euro kosten wird, ist das gut investiertes Geld in die Sicherheit der Einwohner von Oberndorf.

Hans Plank ist Gemeinderat und Zweiter Bürgermeister. Durfte er mitdiskutieren und -entscheiden?

Nein. Gemeinderäte, die aufgrund persönlicher Beteiligung befangen sind, dürfen das nicht. Deshalb hat er bei diesem Tagesordnungspunkt auch nicht am Ratstisch, sondern im Zuschauerraum Platz genommen und weder an der Beratung, noch an der Abstimmung teilgenommen.

Warum fand die Beratung öffentlich statt? Müssten aus Datenschutzgründen nicht auch die Persönlichkeitsrechte eines Zweiten Bürgermeisters gewahrt bleiben?

Beratungen zu Bauleitplanungen, also zur Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, müssen immer öffentlich erfolgen. Eine Gemeinde ist verpflichtet, die Öffentlichkeit an der Bauleitplanung zu beteiligen, indem sie beispielsweise auch Entwürfe der Pläne öffentlich auslegt und den Bürgern, Behörden und Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Würde man einen Planungsprozess nicht öffentlich durchführen, hätten nicht öffentlich gefasste Satzungsbeschlüsse die Unwirksamkeit der Bauleitplanung zur Folge.

Interview: Kathrin Gerlach

Artikel 4 von 11