Klartext nach großem Knall

von Redaktion

Es war eine absolute Überraschung: Dr. Peter Hamberger ist seit Anfang Juli nicht mehr Geschäftsführer der Hamberger Industriewerke in Stephanskirchen. Wie es nun mit dem Familienunternehmen weitergeht, erklärt einer seiner drei Nachfolger, Dr. David Meyer, im exklusiven OVB-Gespräch.

Stephanskirchen – „Wie viel Hamberger steckt nun überhaupt noch in Hamberger?“ Diese Frage dürfte sich der ein oder andere nach der Meldung zum Stephanskirchner Familienunternehmen Hamberger Industriewerke am vergangenen Montag gestellt haben. Nach 29 Jahren in der Firma, davon 23 in leitender Funktion, hat sich das Unternehmen vom Geschäftsführer, Dr. Peter Hamberger junior, getrennt. Entschieden haben das die Gesellschafter am 30. Juni. Dieser Tag markiert auch Hambergers letzten Tag als Firmenchef. Eine Begründung lieferte das Unternehmen nicht.

„Hamberger
bleibt Hamberger“

Übernommen haben nun – erstmals in der über 150-jährigen Firmengeschichte – drei externe Geschäftsführer. Somit ist zum allerersten Mal kein Mitglied der Familie Hamberger in einer leitenden Position. Dennoch: „Hamberger bleibt Hamberger.“ Das macht Dr. David Meyer im exklusiven OVB-Gespräch deutlich. Meyer ist neben Michael Huck, der schon seit 2021 an Bord ist, und Ralph Wonnemann jetzt als neuer Geschäftsführer tätig. „Der Name wird unverändert fortgeführt“, macht er deutlich. „Die Eigentümerschaft liegt zu 100 Prozent in der Hamberger-Familie – und das ist doch eigentlich der Kern eines Familienunternehmens“, betont Meyer.

Drohen weitere Entlassungen?

Doch was soll sich nun ändern? Immer wieder fällt im Gespräch das Wort „Neuausrichtung“. Gut, dass sich ein Unternehmen durch einen Geschäftsführerwechsel neu ausrichtet, ist klar. Für Meyer bedeutet der Begriff besonders, Chancen zu ergreifen. So erhoffe man sich Rückenwind durch Investitionsprogramme der Bundesregierung. „Wir produzieren unter anderem auch Sportböden, da wird in Zukunft viel gefördert. Deshalb glauben wir, dass erhebliche Wachstumschancen bestehen, die deutlich schneller kommen als das Wachstum im allgemeinen Wohnungsbau.“ In den vergangenen Jahren hatte Hamberger zu kämpfen. Nach der Corona-Pandemie ist die Baubranche in die Krise gerutscht. Die Zahlen an Neubauten gingen zurück – und damit auch die Nachfrage nach Bodenbelägen und WC-Sitzen, den Steckenpferden des Unternehmens. „Wir stecken nicht den Kopf in den Sand, sondern wollen die Wachstumschancen aktiv nutzen“, betont Meyer.

Bleibt die Frage, wo? In den vergangenen Jahren kam es aufgrund der schwierigen Lage – auch in der Region – zu Entlassungen. Insgesamt mussten zwischen Ende 2023 und Ende 2024 200 Mitarbeiter gehen. Immer mehr Unternehmen verlagern ihren Firmensitz ins Ausland. Derzeit schlägt das Hamberger-Herz noch in Stephanskirchen. Meyer zufolge soll das auch so bleiben. „Wir sind ein Familienunternehmen mit regionaler Verwurzelung, aber mit internationaler Aufstellung.“ Man hätte keine Chance, wenn nicht beispielsweise auch in Bulgarien, China oder demnächst auch in Ägypten produziert werden würde.

„Ich wusste natürlich, dass die Situation hier anspruchsvoll ist“, erklärt Meyer. Aber: „Ich will meinen Beitrag dazu leisten, dass wir hier bestehende Arbeitsplätze in der Region sichern, dass wir das Unternehmen durch die Krise führen und unsere bereits durchgeführten Maßnahmen vollständig greifen.“

Finanz-Experten
sind nun am Ruder

Dass mit David Meyer und Ralph Wonnemann nun auch zwei Finanzexperten in die Geschäftsleitung geholt wurden, sendet auch ein gewisses Signal an die Öffentlichkeit.

Wonnemann wurde ursprünglich von den finanzierenden Banken in die Firma geholt. „Er hat langjährige Erfahrung in Neuausrichtung und Restrukturierung, unter anderem auch im Baunebengewerbe und in Familienunternehmen“, erklärt Meyer. Er selbst ist erst seit vier Monaten bei Hamberger und kam als CFO (Chief Financial Officer) in die Firma. Er ist allerdings nicht neu in der Bau- und Holzindustrie, sondern war zuvor beim Holzfaserdämmstoffhersteller Steico und hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert.

Meyer betont allerdings auch, dass in den einzelnen Bereichen, also Flooring und Sanitary, bereits ohnehin die absolute Expertise vorhanden sei. „Michael Paringer ist ein Produktionsexperte, der seit zwölf Jahren im Unternehmen ist und Gerold Schmidt ein Vertriebsprofi mit 20 Jahren Betriebszugehörigkeit“, betont Meyer. Genauso sei die Lage im Bereich Sanitary. „Wir haben in den operativen Führungsebenen genau die Leute, die wir uns wünschen und auf die wir und die Gesellschafter vertrauen“, sagt Meyer. „Von daher haben wir alles an Bord, was wir brauchen, um erfolgreich zu sein.“

Jetzt muss Vertrauen aufgebaut werden

Nun heißt es auch, Vertrauen zu gewinnen. Besonders bei den Mitarbeitern. Keine leichte Aufgabe, wenn nach 23 Jahren plötzlich ein neues Gesicht in der Führungsetage sitzt. Dr. Peter Hamberger war bei den Mitarbeitern sehr geschätzt, wie aus Betriebsratskreisen zu entnehmen ist. Er war eine Vertrauensperson, die immer eine offene Tür und ein offenes Ohr hatte.

„Die Tür bei mir und Herrn Wonnemann ist immer offen“, betont auch Meyer. „Natürlich benötigt es Zeit, Vertrauen aufzubauen. Die müssen wir uns auch nehmen.“

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