Seit Jahren kein Supermarkt im Dorf

von Redaktion

Einkaufsmöglichkeit im Ort für ältere und nicht mobile Menschen gegen unternehmerisches Risiko – der ehemalige Edeka in Haidholzen (Stephanskirchen) fehlt vielen Bürgern. Zwei Jahren nach der Schließung gibt es noch immer keinen Nachmieter. Woran das liegen könnte und wie die Versorgungslücke geschlossen werden soll.

Stephanskirchen – Irmgard M. (82, Name von Redaktion geändert) aus Haidholzen lebt allein. Ihr Mann ist vor Kurzem gestorben. Seitdem fährt sie nicht mehr Auto. Zum Einkaufen muss die Seniorin gut 15 Minuten zu Fuß zum nächsten Supermarkt zurücklegen. Der nächste Discounter befindet sich in Schloßberg oder Rosenheim. Dafür muss sie den Bus nehmen, der einmal die Stunde von Haidholzen aus fährt. „Der kleine Edeka fehlt schon sehr“, sagt sie und seufzt.

So wie Irmgard M. geht es vielen Senioren in Haidholzen. Der zweitgrößte Ortsteil Stephanskirchens bietet rund 2800 Menschen eine Heimat – darunter zahlreiche Familien und ältere Menschen. Es gibt eine Pizzeria, ein Café, einen Friseur, einen Getränkemarkt und ein Fitness-Studio. Einen Supermarkt gibt es aber nicht mehr. Denn der hat vor zwei Jahren geschlossen.

Im März 2023 lief der Fünf-Jahres-Vertrag von Ernst Geisler aus. Gleichzeitig stand der ehemalige Betreiber des Edeka-Marktes in der Hubertusstraße vor der Rente, sodass er den Vertrag nicht verlängerte. Einen Nachfolger gab es nicht. Bis heute hat sich daran auch nichts geändert. Die Gewerbeimmobilie ist noch immer zu haben. Das Banner eines Rosenheimer Gewerbeimmobilienbüros steht vor dem Eingang des Gebäudes. Die Eigentümerin des Gebäudes wollte sich trotz mehrmaliger Kontaktversuche nicht zu dem Leerstand äußern. Ebenso wie das Makler-Büro. Auf seiner Homepage ist der Markt in der Hubertusstraße als verfügbares Objekt gelistet. Die 870 Quadratmeter große Mietfläche „steht sofort zur Verfügung“, heißt es dort.

Einkaufsladen in neuem Wohngebiet

Und auch der Preis ist erschwinglich: Während die Brutto-Miete vor einigen Monaten noch bei 8,50 Euro pro Quadratmeter lag, steht sie aktuell bei 5,50 Euro pro Quadratmeter. Auch zwölf Parkplätze vor der Tür gehören zu der Gewerbefläche, die besonders für Groß- und Einzelhandelsunternehmen aus den Bereichen Lebensmittelnahversorgung sowie Sport, Fitness und Gesundheit ausgelegt sein soll.

Bei der Größe macht das eine Gesamtmiete von 4785 Euro – kalt. Hinzu kommen Betriebskosten sowie die Mehrwertsteuer. „Schade, dass man nicht gleich so eingestiegen ist“, sagt Bürgermeister Karl Mair. Denn wäre der günstige Preis von 5,50 Euro von Anfang an so niedrig angesetzt, wäre es leichter gewesen, einen Nachfolger zu finden. Nach zwei Jahren des Leerstands könnte es schwieriger sein, einen Lebensmittelmarkt zu integrieren, vermutet der Rathauschef.

Dass die Schließung des Marktes aber ein Problem für einige Bürger darstellt, wissen Mair und die Gemeindeverwaltung. „Es gibt seit zwei Jahren keine Seniorenfahrt, bei der das nicht das dringlichste Thema ist“, sagt der Bürgermeister gegenüber dem OVB. Mit der Eröffnung des Betreuten Wohnens von Pur Vital gut 200 Meter weiter seien rund 100 neue Anwohner dazugekommen – überwiegend Senioren.

So habe auch die Gemeinde bereits darüber nachgedacht, einen Unternehmer zu unterstützen, um so die Versorgungslücke zu schließen. Allerdings ist für den neuen Ortsteil Haidholzen Süd-Ost – neben Wohnraum für Einheimische und einem Kindergarten – auch ein Lebensmittelgeschäft an der Simsseestraße in der Planung vorgesehen. Deswegen halte man sich in der Hubertusstraße zurück. Wann dort der erste Spatenstich getan wird, steht derzeit noch in den Sternen. Nach aktuellem Stand, so der Bürgermeister, spreche man aber wohl noch von Jahren.

Gleichzeitig ist die Immobilienfläche in die Jahre gekommen. Die Ausgaben für eine Renovierung und die Inneneinrichtung liegen im Normalfall beim Betreiber. Sie verfügt über wenig Parkplätze und liegt nicht an einer Hauptverkehrsstraße. Aus unternehmerischer und strategischer Sicht: ungünstig. Zu diesem Ergebnis kam auch der Wirtschaftsgeograf Dr. Ralph Popien. Dieser bewertete 2018 den Einzelhandel der Gemeinde. Das Ergebnis seines Gutachtens habe laut Mair überhaupt erst dazu geführt, dass ein Supermarkt in Haidholzen Süd-Ost in die Planung einbezogen wurde. Allerdings, das betont Mair, wohnen viele Menschen in fußläufiger Nähe zu dem Markt. Und genau das mache den Standort wiederum attraktiv.

Interessenten springen ab

Während der Schließungsphase 2023 hat es Interessenten gegeben, die erneut ein Lebensmittelgeschäft in der Hubertusstraße eröffnen wollten. Zu einem Vertragsabschluss sei es aber nicht gekommen. Die Gründe: unklar. Anfängliche Gerüchte, die Eigentümerin wolle das Haus verkaufen, wies ihr Büro damals zurück. Vielmehr liefen schon seit Längerem Aktivitäten zur Nachvermietung des Marktes – und noch immer dauern diese an.

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