Rosenheim – Auch wenn der Sommer gerade eine kurze Pause macht: In den vergangenen heißen Wochen zog es viele Menschen an die Badeseen in der Region. Doch nicht immer endet eine Erfrischung im kühlen Nass angenehm. Schuld daran sind winzige Larven, die sich beim Menschen in die Haut bohren.
Die sogenannten Zerkarien sind eigentliche Wasservogel-Parasiten. Doch auch den Menschen können sie befallen. Bereits Anfang Juli berichtete die Polizei Prien von einem Vorfall am Chiemsee. Eine Familie mit Kindern sei am 29. Juni im Wasser gewesen. Danach klagte sie über Ausschlag und Juckreiz. „Ob es sich tatsächlich um einen Ausschlag aufgrund von Zerkarien gehandelt hat, wurde nicht abschließend durch einen Arzt diagnostiziert“, erklärte eine Sprecherin des Landratsamtes Rosenheim zu diesem Zeitpunkt.
Nur ein Freibad in
der Region betroffen
Ihr zufolge treten Zerkarien immer wieder auch in Seen unserer Region auf. Vor allem bei erhöhter Wasservogelpopulation. Auch hohe Wassertemperaturen können die Zahl der Zerkarien erhöhen. Und die Seen in der Region waren zuletzt durch die Hitzewelle sehr warm.
Die Gemeinde Schechen teilt aber auf OVB-Anfrage mit, dass derzeit kein Vorkommen von Zerkarien im Waldsee bekannt sei. Die Betreiber des Campingplatzes am Erlensee schließen sich an: „Am Erlensee hatten wir noch nie einen Fall von Zerkarien.“ Die Wasserqualität werde regelmäßig vom Landratsamt überprüft. „Bisher gab es nichts zu beanstanden“, betonen die Betreiber.
Auch für den Simssee gibt es eine Entwarnung. „Uns sind derzeit keinerlei Fälle bekannt“, teilt die Gemeinde Stephanskirchen mit. Hier werden ebenfalls regelmäßig Wasserproben entnommen. „Aktuell liegen dem Staatlichen Gesundheitsamt Rosenheim keine Hinweise oder Beschwerden hinsichtlich eines Zerkarien-Vorkommens in einem Badesee der Region vor“, informiert auch das Rosenheimer Landratsamt am Freitag (11. Juli).
Anders sieht es im Filzenbad Samerberg aus. „Dabei handelt es sich um ein künstlich angelegtes Freibad mit biologischer Aufbereitung“, so eine Sprecherin des Landratsamts. Und dort habe es Hinweise auf Zerkarien gegeben. Deshalb seien zunächst temporär Hinweistafeln angebracht worden. Zudem „auch dauerhaft Hinweise zu Zerkarien in den allgemeinen Informationen im Eingangsbereich“.
Bei Zerkarien handelt es sich um Larven von Saugwürmern, die auch in deutschen Badeseen leben, wie die Sprecherin erklärt. „Sie sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen und befallen Wasservögel. Mit deren Kot gelangen die Eier der Saugwürmer ins Badewasser und befallen Wasserschnecken.“ Dort entwickeln sich dann die Larven, die vor allem dann freigesetzt werden, wenn sich das Wasser im See stark erwärmt. „Sie bewegen sich dann in Richtung Licht auf der Suche nach ihrem eigentlichen Wirt, den Wasservögeln“, erklärt die Sprecherin. Allerdings können sie dabei auch badende Menschen befallen und sich bei ihnen in die Haut bohren. „Schwimmer und vor allem spielende Kinder in Flachzonenbereichen, in denen sich die Schnecken bevorzugt aufhalten, können dann von vielen Zerkarien befallen werden.“ In der Regel werden sie allerdings beim Erstkontakt durch das Immunsystem des Menschen abgetötet.
Dennoch: „Gelegentlich kann schon wenige Minuten nach dem erstmaligen Kontakt ein leichtes Hautjucken auftreten, das von kleinen roten Flecken begleitet ist“, so die Landratsamts-Sprecherin. Werde der gleiche Mensch nochmals befallen, könne es durch eine Sensibilisierung zu einem juckenden Hautausschlag, einer typischen allergischen Reaktion, kommen.
An den Romed-Kliniken sind derzeit keine Fälle von Zerkarien-Dermatitis bekannt, wie Dr. Alexander Hainzinger, Oberarzt der Abteilung Krankenhaushygiene und Klinische Infektiologie, auf OVB-Anfrage erklärt. „In den meisten Fällen ist keine spezielle medizinische Behandlung notwendig, da die Beschwerden nach ein bis zwei Wochen von selbst abklingen“, so der Oberarzt.
Bestimmte beruhigende Hautcremes, Antihistaminika oder kühlende Umschläge können jedoch zur Linderung des Juckreizes eingesetzt werden. „Wichtig ist, die betroffenen Stellen nicht aufzukratzen, um zusätzliche bakterielle Infektionen zu vermeiden“, betont Hainzinger.
Er stuft den Befall mit Zerkarien als „medizinisch ungefährlich“ ein. Der Mensch sei eigentlich ein Fehlwirt. „Sie verursachen eine lokale, allergische Hautreaktion, da sie beim Menschen nicht weiter in den Körper eindringen können und rasch absterben“, so der Oberarzt. Allerdings könne es insbesondere bei wiederholtem Kontakt zu unangenehmem Juckreiz, Pusteln oder Hautrötungen kommen. „Diese Symptome sind zwar belastend, vor allem bei Kindern, klingen aber vollständig ab“, erklärt Hainzinger. Bei stärkeren Beschwerden empfiehlt er, ärztlichen Rat einzuholen.
Aktuell kein
Badeverbot
Wer sich schützen will, sollte sich Hainzinger zufolge nach dem Baden möglichst sofort abtrocknen, um eventuell anhaftende Larven von der Haut zu entfernen. Auch nasse Badekleidung sollte zeitnah gewechselt werden. „Zur Vorbeugung kann auch eine spezielle wasserfeste Creme mit Niclosamid oder Vaseline aufgetragen werden“, so der Romed-Arzt. Er weist darauf hin, dass auch das Füttern von Wasservögeln keine gute Idee ist. „Dies fördert das Wachstum und durch die Kotausscheidungen die Vermehrung der Zerkarien“, betont Hainzinger.
Doch können die Gemeinden ein Badeverbot verhängen? „Bei Vorliegen eines auffälligen Laborberichts beim Gesundheitsamt Rosenheim erfolgt eine Rücksprache durch die Gemeinde mit den Experten der Fachstellen“, erklärt die Gemeinde Stephanskirchen. Nach sorgfältigem Abwägen sowie nach Verhältnismäßigkeit werde dann eine entsprechende Gesundheitsanordnung erteilt. Das ist aktuell nicht der Fall. Baden ist in den Seen der Region also weiterhin möglich – auf eigene Verantwortung.