Ein Kompromiss für die Natur

von Redaktion

Am neuen Mountainbike-Trail im Priental scheiden sich die Geister. Die einen loben das „vorbildliche Projekt“. Andere sehen es als „Frevel an der Natur“ an. Wieder andere sind der Meinung, dass die Natur als Rennstrecke ausreicht. Wie ein Kompromiss gefunden wurde.

Aschau – Am Haindorfer Berg entsteht ein Mountainbike-Trail. Er soll über 1,9 Kilometer und 250 Höhenmeter ins Tal führen. Bis zum Frühjahr will der Geländeradsportverein (GRV) Aschau die Strecke in Eigenleistung ausbauen: mit Naturmaterialien und geringfügigen Eingriffen in die Natur. In der jüngsten Gemeinderatssitzung stellten Vereinsvorsitzender Christoph Bayer und Jugendwart Max Wagner das Projekt vor.

Ersatz für mehrere wilde Routen

„Es gibt am Hainberg momentan mehrere wilde Routen. Deshalb begrüßen wir die Lenkung und zentrale Bündelung der Sportler durch den neuen Trail“, würdigte Bürgermeister Simon Frank die Initiative des Vereins. Auch Wast Pertl begrüßte das „vorbildliche Projekt“, das dazu führen werde, dass „wilde Trails verschwinden“.

In der Gemeinde gibt es aber auch andere Meinungen. Die einen sprechen von „Frevel an der Natur“. Die anderen stellen die Sinnhaftigkeit eines ausgebauten Trails infrage, weil die Natur ihrer Meinung nach als Infrastruktur ausreichend sei.

„Nach dem naturschutzrechtlichen Betretungsrecht hat jeder Menschen freien Zugang zur Natur. Auch Radfahren ist im Wald erlaubt, aber nur auf dafür geeigneten Wegen“, erklärt Joachim Keßler, Leiter des Forstbetriebes Ruhpolding der Bayerischen Staatsforsten. In der Praxis sieht das anders aus. Die Spuren am Haindorfer Berg zeigen es: „Mountainbiker fahren querfeldein, mitten durch den Bestand, verursachen Schäden am Waldboden und an Pflanzen, schrecken das Wild auf“, so der Forstbetriebsleiter.

Der Aschauer Geländesportverein engagiert sich für „ein gutes Klima am Berg“, für das Miteinander von Sport und Natur. „Der Mountainbike-Sport boomt. Wir beobachten einen steigenden Nutzerdruck auf die Berge. Diese Entwicklung wollen wir mit einem naturverträglichen Trailkonzept in die richtige Richtung lenken, weil Angebote besser als Verbote sind“, sagt Christoph Bayer.

Forstbetriebsleiter Keßler sieht es genauso: „Forststraßen sind den Mountainbikern zu langweilig. Sie wollen ins Gelände, suchen Fahrspaß.“ An illegalen Trails Verbotsschilder anzubringen, würde allerdings nichts an der Situation ändern, da man die Einhaltung der Verbote nicht kontrollieren könne. „Deshalb haben wir einen Mittelweg gefunden und stellen die Fläche am Haindorfer Berg zur Verfügung“, erklärt Keßler den Kompromiss für die Natur.

Dass ausgebaute Mountainbike-Strecken gut angenommen werden, zeige sich im Bereich Marquartstein. An der Hochplattenbahn gibt es seit etwa anderthalb Jahren einen Mountainbike-Trail. „Alle sind begeistert. Der Trail ist eine zusätzliche Attraktion für Mountainbiker, lenkt die Besucherströme und entlastet damit andere Flächen“, bilanziert Keßler.

Das ist auch im Priental das Ziel. Hier sind im Moment fünf illegale Strecken bekannt. „Wir haben dort Hinweise angebracht, dass Biker diese doch nicht mehr fahren sollten“, erklärt Bayer. „Außerdem wurden sie mit Totholz aus den betroffenen Waldstücken zugelegt, denn viele Wege gehen durch naturschutzfachlich besonders schützenswerte Bereiche, die wir beruhigen wollen.“

Wann die Trail-Ampel auf Rot steht

Im Frühjahr soll die Strecke am Haindorfer Berg fertig sein. Vom Parkplatz am Freibad in Aschau geht es mit dem Mountainbike erst den Lochgraben hinauf und dann – etwa auf Mitte der Ringstraße – auf 1,9 Kilometern wieder zurück ins Tal. Um das Wild zu schützen, soll eine Trail-Ampel zeigen, wann gefahren werden darf. „Wir kommunizieren die Zeiten auf unserer Website und auf Social Media“, erklärt Bayer. In den Dämmerstunden am Morgen und am Abend, nachts oder bei Forstarbeiten steht die Ampel in Absprache mit den Staatsforsten sowie privaten Waldbauern und Jägern auf Rot. „Wir glauben, dass es aus der Szene heraus funktioniert, denn wer sich nicht an die Regel hält, gefährdet ja das Gesamtprojekt.“

Der Geländeradsportverein Aschau hat vom Amt für Ernährung und Landwirtschaft die Genehmigung, auch den oberen Teil des Haindorfer Berges für Moutainbiker auszubauen. „Davon sehen wir aktuell ab, da die Almwiese der Sameralm ein schützenswerter Bereich ist. Wir bleiben aktuell nur im unteren Bereich“, erklärt Bayer.

Dieser Trail ist
nichts für Anfänger

„Der Mountainbike-Trail wird keine Sportstätte, also keine kommerzielle Infrastruktur“, erläutert der GRV-Vorsitzende auf Nachfrage aus dem Gemeinderat. „Wir bauen den vorhandenen Weg nur mit Naturmaterial aus. Der Weg ist schmaler als eine Downhill-Strecke. Es wird ein Single-Trail, den man nur allein befahren kann. Es gibt auch keine Sprünge, keine ummantelten Bäume. Es wird keinerlei Fremdmaterial eingebracht.“

Trotzdem wird die Strecke am Haindorfer Berg nichts für Anfänger. „Die Schwierigkeit entsteht durch den natürlichen Untergrund und das Gefälle“, erklärt Bayer. Er geht von einer „S2“ auf der Single-Trail-Skala aus. Das heißt, der Weg hält technische Herausforderungen wie Steine und Wurzeln, natürliche Stufen, enge Kurven und eine Steilheit von bis zu 70 Prozent bereit.

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