Großkarolinenfeld – Eine Bauangelegenheit mit großer Wirkung sorgte für enormen Andrang in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates in Großkarolinenfeld (12. August). Auf der Tagesordnung stand der Bauantrag des Freistaates Bayern für die Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft im Gemeindegebiet. Rund 50 Bürger drängten sich in den Zuschauerraum des Sitzungssaals.
Die meisten von ihnen ruhige Zuhörer, einige davon bereits in der Flüchtlingshilfe engagiert. Ein kleiner Teil der Gäste, offensichtlich Gegner des Vorhabens, fiel mehrmals durch lautstarke Meinungsbekundungen auf.
Zu behandeln war der Bauantrag des Freistaates Bayern, vertreten durch das Landratsamt Rosenheim. Geplant ist, auf einem Grundstück in der Pfälzerstraße 19 ein Wohnheim für Geflüchtete zu errichten. Das Areal ist im Besitz der Gemeinde Großkarolinenfeld, die es – zunächst befristet auf sechs Jahre – verpachtet.
Dreistöckiges
Container-Gebäude
Bauamtsleiter Markus Czaja beschrieb das Vorhaben. Demnach soll es ein dreistöckiges Container-Gebäude mit Platz für 54 Geflüchtete werden. Neben Wohnbereichen gibt es Aufenthaltsräume sowie sanitäre Einrichtungen. Die Erschließung sei gesichert, auch die erforderlichen drei Stellplätze seien eingeplant. Dementsprechend beurteilte die Verwaltung das Vorhaben als baurechtlich zulässig.
Bürgermeister Bernd Fessler (Parteifrei) erklärte, warum sich die Gemeinde für diesen Weg entschieden habe. „In anderen Gemeinden ist das in der Vergangenheit oft auf privaten Flächen abgelaufen“, sagte er. Dabei seien zum Beispiel leer stehende Hallen freigemacht und aus wirtschaftlichen Zwecken mit möglichst vielen Geflüchteten besetzt worden. Das empfinde er als „wenig zielführend“.
In der Pfälzerstraße dagegen handele es sich um ein großes Grundstück, das viel Platz biete. Durch die Befristung des Vertrags, so die Hoffnung, habe die Gemeinde etwas Einfluss auf das Vorgehen. Denn wenn es nicht gut laufe, so Fessler, werde man die Pacht nicht verlängern.
Der Bürgermeister lobte das Engagement vieler Gemeindebürger in der Flüchtlingskrise 2015, als Großkarolinenfeld zahlreiche Geflüchtete aufgenommen habe und das dank eines guten Helferkreises problemlos funktioniert habe. „Wir wollen, dass wir auf dieser Schiene weitermachen“, so der Bürgermeister. Er berichtete auch von einer Rücksprache mit dem Leiter der Mittelschule, der entsprechende Kapazitäten für zusätzliche Schüler bestätigt habe.
Klaus Höglauer (PLW) wollte wissen, ob durch die Erschließung des Areals Kosten auf die Gemeinde zukommen. Der Bürgermeister verneinte dies, da es vertraglich mit dem Antragsteller geregelt sei. Dr. Erwin Gutsmiedl (FW-GBV) betonte, dass man sich eine dezentrale Unterbringung gewünscht hätte und kritisierte einen möglichen Anstieg der Sozialausgaben durch die Geflüchteten. „Ich bin der Ansicht, dass vom Staat viel mehr Geld fließen müsste, damit wir das bewerkstelligen können“, sagte er und kündigte an, gegen das Bauvorhaben zu stimmen.
Josef Lausch (FW-GBV) kritisierte den Bürgermeister. „Du hast in der Bauausschusssitzung dazu gesagt, dass wir Gemeinderäte belangt werden können, wenn wir dagegen stimmen. Ich lasse mir aber nicht vorschreiben, wie ich abstimme“, sagte er entrüstet. Fessler erklärte dazu, er habe extra die rechtlichen Kommentare studiert und mit einem Vertreter des Gemeindetags gesprochen. Er erläuterte, dass das Vorhaben baurechtlich zulässig sei. Wenn der Gemeinderat dennoch sein Einvernehmen nicht erteile, es dadurch etwa zu einem Prozess und einer Verzögerung des Projekts käme und zum Beispiel ein finanzieller Schaden entstehe, sei der Gemeinderat belangbar. „Ihr habt ja sogar einen Eid geschworen, dass ihr nach dem Gesetz handelt“, so Fessler.
Bauvorhaben
ist rechtens
Leonhard Krichbaumer (CSU) sprang dem Bürgermeister bei. Heute gehe es rein um das baurechtliche Genehmigungsverfahren. Das Vorhaben sei rechtens. „Ich kann auch nicht im Bauausschuss etwas ablehnen, nur weil ich den Bauherrn nicht mag“, sagte er. Bürgermeister Fessler ergänzte, dass sich die Genehmigung bei der Regierung von Oberbayern rund ein halbes Jahr hingezogen habe, sonst hätte man das auch schon früher transparent gemacht. Solange Grundstücksangelegenheiten aber nicht abgeschlossen seien, dürften sie nicht öffentlich gemacht werden.
Der Gemeinderat hatte im September 2024 in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen, mit dem Landratsamt Verhandlungen bezüglich einer Flüchtlingsunterkunft aufzunehmen – erst seit Kurzem sind die Verträge aber unter Dach und Fach.
Roman Hörfurter (PLW) erklärte: „Wir haben uns lange überlegt, wie es den Leuten in Karo damit geht. Uns ist bewusst, dass es Ängste und Sorgen gibt.“ Daher wollte er aus seiner Erfahrung als Polizeibeamter berichten. Er sei während der Flüchtlingskrise 2015 in einer Gemeinde mit einer großen Unterkunft tätig gewesen. 300 Personen waren dort in einer Turnhalle untergebracht. „Da hat es natürlich auch Konflikte gegeben, doch es waren im Kreis der Flüchtlinge auch immer vernünftige Köpfe dabei, mit denen man das regeln konnte“, berichtete er. Hier sei die Situation anders, da es sich nicht um ein „Riesenquartier“ handele. Er hoffe, den Bürgern einige Ängste nehmen zu können.
Anton Forstmair (FW-GBV) kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung. „Das passt so einfach nicht“, sagte er. „Und wenn wir da mitmachen, dann ändert sich nie etwas.“ Er bemängelte, dass gut integrierte Flüchtlinge abgeschoben würden, während man „die anderen“ nicht erwische. In Teilen stimmte der Bürgermeister zu. „Ich finde, man müsse das viel positiver sehen“, sagte er. Am besten sei, die Flüchtlinge dürften sofort arbeiten. Ein besseres Mittel gegen den demografischen Wandel gebe es nicht.
Bürger sind als
Helfer gefragt
Martin Rieder (SPD) berichtete von seiner positiven Erfahrung mit Geflüchteten in seinem Beruf als Berufsschullehrer. „Das sind doch ganz normale junge Leute.“ Er rief auch die Gemeindebürger auf, als Integrationshelfer mit anzupacken.
Das Gremium erteilte das gemeindliche Einvernehmen für den Bauantrag mit 14:5 Stimmen. Laut Bürgermeister Fessler, der sich auf das Landratsamt bezog, sollen die Container im vierten Quartal aufgestellt werden. Die ersten Geflüchteten könnten dann Ende des Jahres einziehen.