„Hatte Tränen in den Augen“

von Redaktion

Bad Endorferin wird in Wildunfall verwickelt und dankt jetzt ihren Helfern

Bad Endorf – Eigentlich war an diesem Abend alles wie immer. Gegen 23 Uhr beendete Monika Fabisiak ihren Spätdienst im Klinikum Vogtareuth. Danach machte sich die Krankenpflegerin auf den Heimweg nach Bad Endorf. Die Strecke nach Hause kennt sie aus dem Effeff, fährt dort fast täglich – auch in der Dunkelheit. In dieser Nacht sollte aber alles ein wenig anders kommen.

Reh auf der
Landstraße

Fabisiak war gerade mitten auf der Strecke unterwegs, als sie am Straßenrand plötzlich einen Schatten wahrnahm. „Plötzlich stand da ein Reh“, erinnert sich die Frau aus Bad Endorf. Sie drückte noch auf die Bremse, aber es war zu spät. Wenige Sekunden später krachte es. „Ich konnte überhaupt nichts machen“, erzählt sie am Telefon. Nach dem ersten Schock stieg sie aus ihrem Auto aus, sah überall die Teile ihres Fahrzeugs auf der Straße liegen. Als sie sich umdrehte, folgte der nächste Schock: „Das Reh hat noch gezuckt“, sagt die Frau aus Bad Endorf.

Monika Fabisiak wusste in dem Moment gar nicht, was sie tun sollte. Das sei ihr erster Autounfall gewesen. Die Frau habe 1000 Fragen im Kopf gehabt: Wen soll sie anrufen? Vor allem um diese Uhrzeit? Ihr Handy habe nur noch zehn Prozent Akku gehabt und ihr bester Freund sei gerade dienstlich in der Nähe von Hamburg gewesen. Ihre beiden besten Freundinnen hätten nachts zudem ihre Handys immer auf stumm geschaltet.

Hilfe bekam Monika Fabisiak dann nicht übers Handy, sondern direkt vor Ort. Eine junge Autofahrerin hielt an der Unfallstelle und fragte, wie es ihr gehe und ob sie Schmerzen habe. Doch die Krankenpflegerin sei so neben der Spur gestanden und habe nur an das Tier denken können. „Ich habe immer nur gesagt, dass ich ein Reh überfahren habe“, erinnert sie sich. Irgendwann hätten sechs weitere Helfer gehalten und die Gruppe habe gemeinsam die Polizei verständigt.

„Ich wusste in dem Moment nicht mal das Kennzeichen von meinem Auto“, sagt die Krankenpflegerin. Umso dankbarer ist sie, dass ihr so viele Menschen in der Situation geholfen haben. Ohne deren Unterstützung hätte sie den Unfall nicht so gut meistern können. Nicht nur, weil sie ihr Schritt für Schritt zur Seite gestanden, sondern auch die Unfallstelle geräumt haben. Und die Helfer seien bis ganz zum Schluss geblieben – bis der Jäger und die Polizei da waren und die Krankenpflegerin nach Hause fahren konnte. „Die Leute haben mich nicht alleine gelassen. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich darüber spreche. Ich bin ihnen einfach dankbar“, sagt Fabisiak am Telefon. Sie sei zum Glück unverletzt geblieben und auch ihr Auto habe nichts Schlimmeres abbekommen.

Wildunfälle sind rund um Rosenheim allerdings keine Seltenheit. Alleine dieses Jahr gab es schon knapp 100 Wildunfälle, teilt Polizeihauptkommissar Robert Maurer auf OVB-Anfrage mit. Zu Personenschäden komme es dem Polizisten zufolge aber selten. Dafür sind die Sachschäden oft hoch.

Erst am Sonntag, 10. August, kam es in einer Nacht gleich zu zwei Wildunfällen. Der erste Zusammenstoß passierte gegen 21.15 Uhr auf der Staatsstraße 2360 bei Söchtenau. Ein 61-jähriger Fahrer konnte vor einem Reh, das aus einem Waldstück sprang, nicht mehr rechtzeitig bremsen – dabei entstand ein Sachschaden von rund 4000 Euro, das Auto musste abgeschleppt werden.

Nur gut eine Stunde später gab es auf der Staatsstraße 2359 in Richtung Rosenheim den nächsten Unfall. Ein Reh überquerte plötzlich die Fahrbahn, die 48-jährige Autofahrerin aus Vogtareuth konnte einen Zusammenstoß nicht mehr vermeiden. Bei diesem Unfall beliefen sich die Schäden auf geschätzte 3000 Euro.

Doch was tun, wenn man einen Wildunfall hat und erst mal auf sich allein gestellt ist? Zunächst sollte man die Unfallstelle absichern, erklärt Robert Maurer. Gibt es neben Sachschäden auch Personenschäden, ist zu prüfen, ob die Rettungskräfte zu verständigen sind und vor Ort Erste Hilfe geleistet werden muss. Wenn das Fahrzeug noch fahrbereit ist, sollte zudem die Unfallstelle geräumt werden. „Erhalten wir die Mitteilung zu einem Wildunfall, verständigt die Polizei den Jagdpächter“, betont Maurer. Die meisten Wildunfälle passieren dem Hauptkommissar zufolge auf der B15 im nördlichen Bereich von Rosenheim. Häufig kracht es auch auf der Miesbacher Straße sowie den Zubringern zur Autobahn. Vorsicht ist außerdem in Riedering auf dem Autobahnzubringer und auf der Strecke im Bereich Niedermoosen Richtung Lauterbach geboten. Besonders im Morgengrauen, wenn sich viele Menschen auf dem Weg zur Arbeit befinden, komme es oft zu Wildunfällen – in den meisten Fällen mit Reh-, Rot- und Damwild, erklärt Maurer.

Polizei rät von
Fernlicht ab

Taucht Wild auf oder neben der Fahrbahn auf, rät die Polizei, die Geschwindigkeit zu verringern, zu bremsen und zu hupen, um das Tier zu vertreiben. Fernlicht sollte ausgeschaltet werden, um das Tier nicht zu irritieren. Das kann sonst zu unvorhersehbarem Verhalten führen. Auf gar keinen Fall sollte man ausweichen, da das sonst zu folgenschweren Unfällen führen kann, sagt Maurer. Welche rechtlichen Folgen drohen, wenn man einfach weiterfährt, hänge vom Wildtier ab. Wird ein Wildunfall mit einem Schalenwild, also einem Tier mit Hufe, nicht gleich gemeldet, dann ist das eine Ordnungswidrigkeit nach dem Bayerischen Jagdgesetz. Bei kleineren Tieren, wie zum Beispiel Hasen, gilt das nicht. „Meldet der Fahrer einen Unfall mit einem kleineren Tier nicht, so kann er aber auch keine Schäden bei seiner Versicherung geltend machen“, erläutert Maurer.

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