Prutting – Man will es ja nicht hoffen. Aber sollte Pruttings Bürgermeister Johannes Thusbaß über Nacht sein Amt nicht mehr ausüben wollen, und sollten es ihm Dr. Mathias Huber und Agnes Bucher, seine Stellvertreter, gleichtun, ja sollte gleich der ganze Gemeinderat nicht mehr mögen: Prutting wäre nicht führungslos. Denn seit Kurzem gibt es im Ort ein „Schattenkabinett“, bereit, jederzeit Amt und Verantwortung auf sich zu nehmen.
Am Anfang stand
der Wahlkampf
Es war nämlich das Ferienprogramm im Rathaus zu Gast und was dort geboten war, war eine Kindergemeinderatssitzung – samt „Wahlkampf“, Aufstellung, Wahl und konstituierende Sitzung, in der gleich auch noch erste Probleme angepackt wurden.
Doch der Reihe nach. Los ging es mit etwas, was den meisten Kindern Spaß macht, nämlich malen. Schließlich braucht man Wahlplakate und die stellten die 13 Kinder für sich gleich selbst her. Darauf zu sehen sein sollte neben ihrem Hobby – schließlich muss ein Gemeinderatskandidat menschlich rüberkommen – auch das, womit sie in Prutting zufrieden waren, vor allem aber, was sich ändern sollte. Dabei trat übrigens zutage, dass man sich um die gerade eben wiedererwachte Wirtshauskultur im Ort keine Sorgen zu machen braucht – die Tatsache, dass Prutting wieder einen Wirt hat, fanden so gut wie alle im wahrsten Wortsinn bemerkenswert. Auch bei den Wünschen gab es gemeinsame Renner: Eine Eisdiele stand da ganz oben auf der Liste.
Dass allerdings zwischen Wahlkampfwünschen und der tatsächlichen Realität, also dem, was wirklich umzusetzen ist, oftmals Lücken klaffen, das musste auch dieser Kindergemeinderat, der übrigens nur einen Sitz weniger hatte als der „große“, bald feststellen. Vorher aber war noch die Wahl fürs Bürgermeisteramt angesetzt und die erfolgte mit einer echten Wahlurne der Gemeinde. Wie im richtigen Leben zeigte sich übrigens die Verteilung zwischen Mann und Frau, nämlich männerlastig. Von den 13 Gemeinderäten waren nur fünf weiblich und fürs Bürgermeisteramt kandidierten gar nur zwei, die anderen lehnten von vornherein dankend ab. Immerhin stellte ein Dirndl, nämlich Eva Kaffl, die Dritte Bürgermeisterin, Vitus Bucher wurde zum Zweiten Bürgermeister gewählt und zum ersten Lorenz Bucher.“
Der bekam übrigens, wie sich das gehört, auch eine Amtskette, die für ihn dem Wert einer echten bestimmt gleichkam, zumindest was Nähr- beziehungsweise Lustwert anbelangt: Sie bestand nämlich aus Lutschern. Doch damit nicht genug, später, beim Rundgang durchs Rathaus bekam er auch noch hochoffiziell von Johannes Thusbaß, seinem Vorgänger, den Rathausschlüssel überreicht.
Der „Altbürgermeister“ führte den neuen Gemeinderat auch ein bisschen durch dessen erste Sitzung, assistiert durch Christina Vodermaier vom Bürgerbüro, denn es standen da schon Probleme an. Neue Fußballtore wären zu beschaffen gewesen, auch Wippe und Schaukel auf dem Spielplatz zu renovieren, schließlich wurde an den Gemeinderat auch der Wunsch herangetragen, dass es wieder mal ein Volksfest geben sollte – aber da war dann auch noch die Toilettenanlage der Schule, fiktiv kaputt und deshalb fiktiv zu erneuern. Alles in allem wären 100000 Euro auszugeben gewesen – allein: Der Gemeinderat hatte nur 40000 zu Verfügung.
Was also tun? Klar: Prioritäten setzen. Dies allerdings eine Aufgabe, mit der sich auch „große“ Gemeinderäte nicht leicht tun und oft nur nach sehr langen und sehr zähen Diskussionen zu einem tragfähigen Kompromiss kommen.
Anders der Pruttinger Nachwuchs-Gemeinderat. Der diskutierte auch, aber wirklich pragmatisch, vernünftig und zielführend. Toilettenanlage musste sein, da war eigentlich kein Zweifel. Auch dass eine Gemeinderätin meinte, man könnte doch zunächst nur ein Klo erneuern – natürlich das für die Mädchen – konnte am Konsens nichts ändern. Das Volksfest, das war zu schieben, auch da war man sich einig, reine Luxusveranstaltungen müssen bei knapper Kasse eben warten.
Bei den Fußballtoren einigte man sich darauf, zunächst nur eines neu zu beschaffen. Denn man kann auch dann Spaß haben, wenn man zunächst nur auf ein Tor hinspielt, so die Meinung, die sich durchsetzte. Durch den Verzicht auf die sofortige Anschaffung des zweiten waren aber Wippe und Schaukel auf dem Spielplatz noch zu erneuern. Das schmunzelnde Fazit von „Altbürgermeister“ Johannes Thusbaß nach dieser erfolgreichen Sitzung: „Da kann sich der große Gemeinderat direkt noch eine Scheibe abschneiden“.
Führung
durch das Rathaus
Wichtiger Punkt des Ferienprogramms war auch noch eine Führung durchs Rathaus – das Amtszimmer des Bürgermeisters wurde begutachtet und auch das Archiv der Gemeinde – schließlich sollte ein Gemeinderat schon wissen, was eigentlich wo im Rathaus ist.
Und natürlich gab es dann auch für den kommunalpolitischen Nachwuchs noch ein paar kleine Privilegien: Als Gemeinderat kommt man auch an Orte, die den normalen Bürgern verwehrt bleiben, neben dem alten Baderhaus war hier eine Besichtigung des Schulhaus-Dachbodens der allgemeine Wunsch gewesen. Und ganz selbstverständlich durfte auch beim „kleinen“ Gemeinderat nicht fehlen, was auch bei den „Großen“ bisweilen das Ende einer erfolgreichen Sitzung markiert: ein Absacker, hier allerdings nicht in der Form von einem Bier, sondern man schleckte gemeinsam ein Eis.