Prutting – „Dringliche Anordnungen“ sind ein Verwaltungsinstrument für einen Bürgermeister. Mit ihnen kann er Entscheidungen treffen, ohne dass dafür ein entsprechender Beschluss des Gemeinderates vorliegt. Gedacht ist es für jene Fälle, in denen so schnell gehandelt werden muss, dass keine Zeit bleibt, um bis zur nächsten turnusmäßigen Gemeinderatssitzung zu warten oder einen Sondertermin anzusetzen.
Dringliche
Entscheidung nötig
„Man greift nicht gern zu diesem Mittel“, sagt Pruttings Bürgermeister Johannes Thusbaß, denn eine Frage steht hinterher immer im Raum, selbst wenn sie die Gemeinderäte nicht laut äußern: Konnte man wirklich nicht bis zur Sitzung warten? Oder war es vielleicht der Versuch, möglicherweise längere Diskussionen im Gemeinderat zu umgehen?
Kürzlich hat der Pruttinger Bürgermeister aber eine solche dringliche Entscheidung getroffen und dabei im Nachhinein die volle und uneingeschränkte Zustimmung seines Rates erhalten. Es geht dabei um das Problem Nendlberg, genauer um die Absicht der Gemeinde, ihren Flächennutzungsplan so zu ändern, dass dort drei Wohnhäuser errichtet werden können. Momentan geht das nicht, denn die entsprechende Fläche liegt in einem Landschaftsschutzgebiet, dessen Umgriff verändert werden müsste.
Genau das hat die Gemeinde versucht, das Landratsamt hat die Änderung des Flächennutzungsplans aber untersagt. Gegen diese Entscheidung klagte die Gemeinde. Kürzlich hat die erste Kammer des Verwaltungsgerichtes München ein Urteil gefällt: Die Versagung sei rechtens gewesen.
Die Frage war nun, ob die Gemeinde gegen dieses Urteil in Berufung gehen will. Die Frist für einen entsprechenden Antrag war knapp, sie endete am 30. Juli und damit vor der ordentlichen Gemeinderatssitzung am 5. August. Bürgermeister Johannes Thusbaß stellte deshalb den Antrag auf Zulassung einer Berufung ohne Gemeinderatsbeschluss, eben in der Form einer dringlichen Anordnung.
Die letzte Gemeinderatssitzung zeigte dann, dass alle Räte dieses Vorgehen für richtig halten. Durch die Bank ist man davon überzeugt, dass das Landratsamt mit seiner Untersagung der Flächennutzungsplanänderung auf schwachen Füßen steht. Eine Einschätzung, die von dem Rechtsanwaltsbüro, das von der Gemeinde in dieser Verwaltungsstreitsache beauftragt worden war, voll und ganz geteilt wird.
Lässt man juristische Einzelheiten beiseite und beschreibt nur das „Bauchgefühl“ der Gemeinderäte zu der Untersagung, so stößt man sich im Rat vor allem daran, dass es in unmittelbarer Nähe sehr wohl zumindest einen Fall gibt, in dem das Landratsamt den Bau eines Wohnhauses erlaubte. Und geht man etwas weiter, in den Bereich der Nachbargemeinde Schechen, so wurde dort seitens des Landratsamtes sogar einer Verschiebung eines Naturschutzgebietes zugestimmt, um eine Gewerbeansiedlung zu ermöglichen. „Gewerbe im Naturschutzgebiet, das ist verträglich, drei Wohnhäuser aber sind es nicht“, äußerten mehrere Gemeinderäte ihren Unmut.
Dieser Unmut wird – auch das ist der Rubrik „Bauchgefühl“ zuzuordnen – durch ein Ereignis während des fünfjährigen Verfahrens verstärkt, wie Bürgermeister Johannes Thusbaß erläutert. Am 27. Februar 2024 sei nach fast vierjährigem Warten endlich ein Verhandlungstermin in München angesetzt gewesen. Geladen als Parteien waren Vertreter der Gemeinde, des Landratsamtes und der Regierung von Oberbayern.
Die lang ersehnte Verhandlung sei aber bald wieder zu Ende gewesen. Der Vertreter des Landratsamtes habe die Unterlagen für die Entscheidung des Amtes nicht dabeigehabt, nur deren Deckblatt. Auf die Frage des Gerichts, wo denn die Unterlagen dazu seien, sei die Antwort gewesen: „Im Amt“. Und auf die Nachfrage, warum die Unterlagen denn nicht schon längst, wie vom Gericht gefordert, eingereicht worden wären, sei nur die, so Johannes Thusbaß, spitzzüngige Antwort gekommen: „Ach, haben wir das nicht?“
Verzögerungstaktik
des Landratsamts?
Die Gemeinderäte, das wurde auch in der letzten Sitzung noch einmal deutlich, kommen seither von einem Gefühl nicht los: Dass es da Mitarbeiter im Landratsamt gegeben habe, die kein wirkliches Interesse an einer raschen Gerichtsentscheidung gehabt hätten. Denn jeder wisse um die Überlastung der Verwaltungsgerichte und könne abschätzen, welche Folgen es habe, wenn man einen Termin sozusagen platzen lasse. Es dauerte in der Tat ja noch einmal fast anderthalb Jahre, bis nun ein erstes Urteil gefällt wurde – jenes, das die Gemeinde Prutting nun nicht unwidersprochen hinnehmen will.