Prutting – „Seit gestern ist unser Ort in Schockstarre“, sagt Johannes Thusbaß traurig. Der Tod von Nikolaus S. erschüttert die Menschen. Er war Ehemann, Nachbar, Freund und guter Kamerad. Auch der Bürgermeister hat mit ihm einen Freund verloren. „Einen Pfundskerl und meinen ersten Wegbegleiter hier in Prutting.“ Am Mittwoch ist Nikolaus S. nach einem Unfall an seinen schweren Verletzungen verstorben. Ersthelfer, Kameraden und Ärzte haben über Stunden um sein Leben gekämpft.
Wagenheber
war weggekippt
Es war gegen 19.30 Uhr, als die Pruttinger Feuerwehr zu einem schweren Arbeitsunfall gerufen wurde. Die Feuerwehr-Leute kennen die Adresse: Dort lebt Niki S., 42 Jahre alt, selbst seit fast 30 Jahren bei der Feuerwehr. „Er war mit Arbeiten an seinem SUV beschäftigt“, beschreibt die Polizei. „Das Fahrzeug war mit dem Wagenheber angehoben, ein Vorderrad abmontiert worden.“
Nikolaus S. wurde leblos unter seinem Pkw gefunden. „Der Wagenheber war weggekippt“, informiert die Polizei. Der 42-Jährige wurde unter der Vorderachse seines Fahrzeuges eingeklemmt. „Ein Helfer schaffte es, das Opfer zu befreien und leitete bis zum Eintreffen von Feuerwehr und Notarzt Reanimationsmaßnahmen ein.“
25 Pruttinger Feuerwehrler sind vor Ort. Sie sehen, dass ihr Kamerad Niki S. schwerste Kopfverletzungen hat. „Sie haben ihn etwa 45 Minuten lang reanimiert“, sagt Kreisbrandrat Richard Schrank, der ebenfalls vor Ort war. „In solchen Momenten funktioniert man. Da hat man kein Zeitgefühl, alles andere kommt erst weit danach“, beschreibt auch Kreisbrandinspektor Franz Hochhäuser.
Nach ihrem Rettungseinsatz sitzen die Pruttinger Kameraden im Feuerwehrgerätehaus beisammen. „Es ist wichtig, sich offen über solch dramatische Einsätze zu unterhalten“, betont Kreisbrandrat Schrank. Alle haben die schweren Verletzungen ihres Kameraden gesehen und hoffen, dass die Ärzte ihn retten können. Doch gegen 23 Uhr erhalten sie die traurige Nachricht: Niki S. hat es nicht geschafft. Er ist im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen.
„In diesem Moment waren alle noch beisammen und konnten gemeinsam von ihm Abschied nehmen“, sagt Richard Schrank leise.
Unter ihnen ist auch Franz Hochhäuser, einst Kommandant in Prutting und heute Kreisbrandinspektor. „Nikolaus war so etwas wie mein Ziehsohn bei der Pruttinger Feuerwehr, mein Nachfolger als Kommandant“, sagt er. In seiner Stimme liegt die Trauer um einen engen Freund: „Er war ein sehr angenehmer, hilfsbereiter Mensch, immer für den Nächsten da.“
Erst in der Jugendfeuerwehr, dann im aktiven Einsatz, als stellvertretender Kommandant, von 2014 bis 2021 als Kommandant, als Gruppenführer und als Mitglied der psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV-E). Dieser Gruppe des Kreisfeuerwehrverbandes gehören speziell ausgebildete Kameraden an, die psychische Betreuung nach belastenden Einsätzen anbieten. „Niki war es immer wichtig, dass es anderen Menschen gut geht“, sagt Hochhäuser. „Jetzt brauchen wir Pruttinger selbst diese Hilfe.“
Ein Kriseninterventionsteam steht an diesem Abend der Familie von Niki S. zur Seite. Sechs Kameraden des PSNV-E kümmern sich um die psychische Notfallversorgung der Pruttinger Feuerwehr. „Wir sind alle selbst bei Feuerwehren, kennen dramatische Einsätze und sprechen dieselbe Sprache“, erklärt einer der Helfer. Jetzt geht es darum, mit den Pruttingern ins Gespräch zu kommen. Um Belastungsreaktionen wie Schlafstörungen, Unruhe oder hohem Blutdruck vorzubeugen. „Wenn man über das Erlebte sprechen kann, führt das zu einer leichten Entlastung.“
Ein äußerst
hilfsbereiter Mensch
Die Betroffenheit ist groß, die Trauer in Prutting allgegenwärtig. In der Unglücksnacht haben die Kameraden lange beieinander gesessen und ihres Kameraden Nikolaus gedacht. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. „Jeder hat erzählt, was er mit ihm erlebt hat. Wir haben über gemeinsame Einsätze gesprochen, über Feiern und schöne Erlebnisse“, berichtet Hochhäuser. „Und ja, wir haben auch gelacht, denn mit Niki konnte man einfach viel lachen.“ Er sei immer gut drauf gewesen, ein richtiger „Gaudibolzen“, erinnert sich auch Kreisbrandrat Schrank. „Zu allen Schandtaten bereit“, ergänzt Hochhäuser. Eben ein „Pfundskerl“, so Bürgermeister Johannes Thusbaß. Vor allem aber war er ein hilfsbereiter Mensch, der sich für andere engagiert und einfach angepackt hat. „Zuletzt noch an der neuen Terrasse für unseren Gasthof“, berichtet Thusbaß.
Nikolaus S. hinterlässt eine Familie, viele echte Freunde und gute Kameraden. Er kann sich darauf verlassen, dass sie seiner Familie in diesen schweren Stunden zur Seite stehen. „Und auch in Zukunft. Die Familie lassen wir nicht allein“, versichert Franz Hochhäuser. Kathrin Gerlach