Neubeuern – 35 Jahre war Josef Reuder der Ortspfarrer von Neubeuern. Jetzt ist er nach längeren gesundheitlichen Problemen im Alter von 81 Jahren verstorben.
Geboren wurde Josef Reuder am 10. April 1944 in München. Nach seinem Studium der Theologie war seine erste Anstellung als Kaplan in der Pfarrei Johann Baptist in München-Solln, dann in der Pfarrei Allerheiligen in München. Von 1974 bis 1980 war er in Berchtesgaden-Gern tätig. Damals arbeitete er schon mit Franz-Josef Fischer zusammen, dem späteren Organisten in Neubeuern, wo sich die Lebenswege der beiden wieder kreuzten.
Die Besetzung von Pfarrstellen war schon damals schwierig. So war 1980 auch die Pfarrstelle in Neubeuern nicht besetzt. Auf Anregung von Albert Bauer unternahmen die Neubeurer Gläubigen eine Wallfahrt nach Birkenstein und beteten für einen neuen Pfarrer. Offenbar erfolgreich, denn im Frühjahr 1980 zog Josef Reuder in das Pfarrheim ein.
Es war auch eine Zeit des Umbruchs in der katholischen Kirche. Die Veränderungen betrafen die Gottesdienstordnung und die Organisation in der Gemeinde. Pfarrgemeinderäte wurden installiert. In der Kirche Neubeuern wurde die obere Empore, auf der sich die Orgel befand, abgebrochen, was auch zu Protesten führte. Die Kirche in Altenbeuern musste vielseitig renoviert werden, der Kirchturm bekam eine neue Spitze.
Diese Veränderungen und Neuerungen trug Pfarrer Reuder mit, auch wenn er manches kritisch betrachtete. Einiges war von heftigen Diskussionen begleitet. Pfarrer Reuder war ein durchaus streitbarer Kirchenmann. Ab dem 2007 betreute er seelsorgerisch auch die Gemeinde Nußdorf im neu gebildeten Pfarrverband.
Unbestreitbar war sein Interesse an und seine Liebe zu Neubeuern. Die Erkundung und Geschichte des Ortes waren ihm eine Herzensangelegenheit. Viele Nachfragen, Erklärungen und Erläuterungen belegten sein profundes Wissen. Auch in den Neubeurer Vereinen war er engagiert. Er wirkte als Präses bei der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) und war bei vielen Messfeiern und Treffen dabei. Als Chronist begleitete er den Schiffleutverein und er war Mitglied bei der Gebirgsschützenkompanie. Der Geselligkeit war Reuder nicht abgeneigt. So war er auch in der Theatergemeinschaft Neubeuern aktiv. In der Rolle des Jedermann wirkte er bei den Aufführungen zum 1200-jährigen Gemeindejubiläum 1988, und 1993 in der gleichen Rolle, zur Feier der 600 Jahre Marktrecht mit. Unvergessen sind auch seine Auftritte als Brandner Kaspar zusammen mit Dr. Josef Mager, der den „Boandlkramer“ verkörperte. Im Fasching nahm Reuder am Krönungsball teil und spielte mit, wenn die Narren beim Faschingszug den Pfarrhof besetzten.
Vielen Mitbürgern wird er als wortgewaltiger Prediger in Erinnerung bleiben. Mit Beginn seines Ruhestandes zog er sich aus der Öffentlichkeit weitgehend zurück, ohne aber sein Interesse am Ort zu verlieren. Bei Bedarf und Anfrage vollzog er den Altardienst im Pfarrverband und auch darüber hinaus. Später wurde sein Wirkungskreis, gesundheitlich eingeschränkt, immer kleiner, wie auch seine täglichen Spaziergänge. Seinem Wunsch, keine Ansprachen und Reden zu seiner am Freitag 29. August, um 14 Uhr stattfindenden Beerdigung, soll entsprochen werden. Thomas Schwitteck