Babensham – „Cringe Päbbn“ – um den Titel des neuen Songs korrekt auszusprechen, bedarf es durchaus etwas Zungenakrobatik. Für „Monaco F“ eine seiner leichtesten Übungen. Praktisch in Lichtgeschwindigkeit sprudeln die Wörter geradezu aus ihm heraus. Als würde man eine Kassette zurückspulen.
Wobei: Gibt es Kassetten denn überhaupt noch? Mitte der 2000er waren sie auf jeden Fall noch in Gebrauch. Es war der Zeitpunkt, als Franz Liebl entschied, die Bühnen dieser Welt als „Monaco F“ unsicher zu machen – und die Musikbranche so komplett auf den Kopf zu stellen.
Niederbayerische
Wurzeln
Rap trifft traditionelles bayerisches Liedgut – Genregrenzen überschreitend, Regeln brechend, neue Wege gehend. „Das kannst du doch nicht machen“: Damit wurde er auf seiner musikalischen Reise mehrfach konfrontiert.
Das Magazin „puls“ bezeichnet ihn einst als „Bayern-Rap-Kini“. Für „Monaco F“ eine Ehre: Freundlichkeit, Würde und Geradlinigkeit machen in seinen Augen einen wahren „Kini“ aus, mit dem auch er sich identifizieren kann. Fest steht: „Monaco F“ lässt sich nicht auf ein musikalisches Genre reduzieren. Er ist Rapper, doch der rote Faden, der sich durch seine Musik zieht, ist er selbst: seine Gedanken, seine Gefühle, sein persönlicher Blick auf die Welt. Ein Querkopf mit niederbayerischen Wurzeln.
Seine Wahlheimat Babensham hat ihn mittlerweile in den Wasserburger Altlandkreis verschlagen. Die Entscheidung, zunächst einmal der Landeshauptstadt einen Besuch abzustatten, gilt als Geburtsstunde seines Künstlernamens: „Als ich vom Bayerischen Wald nach München gezogen bin, hieß es, wenn ich nach Wochen mal wieder im ‚Woid‘ war: ‚Ah, da Monaco Franze ist auch mal wieder daheim‘.“
Bis auf den Witz, dass er (der Franz) nach München (Monaco) gezogen ist, war’s das aber auch schon mit Gemeinsamkeiten mit der gleichnamigen Kultserie aus den 80ern. „Freilich, Wortspiele mit legendären ‚Monaco Franze‘-Zeilen gehen immer und a bissal spinna dua i scho, aber meine Kunstfigur ‚Monaco F‘ ist eine humoristisch zugespitzte Version von mir selber und hat mit Franz Münchinger nichts gemein. Aber ich liebe die Serie“, verrät der Musiker.
Die Klischees zwischen Ober- und Niederbayern kann „Monaco F“ vor allem in puncto Sprache bestätigen: „Für manche hier geht ja im nächst-östlichsten Dorf sofort der Bayerische Wald los. ‚Waidler‘, das ist manchmal eine Art Schimpfwort für langsame, grantige oder mundfaule Menschen. Wenn man es nicht besser weiß, stimmt das schon. Smalltalk mit einem ‚Waidler‘ ist kein Talk. Aber ein ‚Waidler‘ verliert eben keine unnötigen Worte. Wir sind direkt und ehrlich und wollen gleich zum Punkt kommen.“
Dies erschwere womöglich den Erstkontakt manchmal. „Wir wirken dadurch vielleicht nicht gleich so offen, aber das Gegenteil ist der Fall. Wir sind herzliche Menschen“, unterstreicht „Monaco F“, der sich in seiner Freizeit übrigens am liebsten am Penzinger See aufhält.
Sein Dialekt stellte für ihn allerdings auch die größte Herausforderung in der deutschsprachigen Musikbranche dar: „Im Rap ist es wichtig, dass die Leute verstehen, was da gerappt wird, den Wortwitz des Rappers erkennen oder die Dreistigkeit, die er an den Tag legt.“ Seine Musik könne zum größten Teil auch so „gefühlt“ werden.
Aber: Ohne tiefere Kenntnisse des Bayerischen gehe viel an Humor verloren. Von Vorteil sei auch, die Sprache am Ende natürlich zu mögen. „So bin ich halt und nur so gibt’s mich. Insofern meistere ich meine Herausforderung mit Akzeptanz und Selbstbewusstsein.“ Das jedoch war im Rahmen seines künstlerischen Schaffens nicht immer leicht: „Anfang der 2000er bekam ich von einem Radiosender das Feedback, meine Musik werde nie eine Chance haben, da man ja den Dialekt heraushöre. Damals habe ich noch hochdeutsch gerappt. Danach nie wieder. Da kam schon ein wenig der sture ‚Waidler‘ in mir durch. ‚Jetzt erst recht‘, habe ich mir gedacht – es war die richtige Entscheidung.“
Sein neuer Song „Cringe Päbbn (Babba)“ erschien Ende Juli als zweite Nummer aus seinem Songzyklus „Midlife Rises“ und trieft förmlich vor Selbstironie. „Das typische ‚Monaco F‘-Augenzwinkern findet sich quasi im ganzen Song wieder“, erklärt der Musiker, dem durchaus bewusst ist, dass viele oft nicht ganz so genau wissen, wie sie seine Songs deuten sollen – vom Dialekt einmal abgesehen.
In „Cringe Päbbn“ nimmt sich der 46-Jährige selbst aufs Korn: als alternder Rapper, der meint, immer noch extrem cool zu sein und deshalb von seinem eigenen Sohn verspottet wird. Oder aber er macht sich über die jüngere Generation lustig, die noch nichts geleistet hat, aber schon großmäulig durchs Leben läuft.
Dritte Option: Eine Metapher für einen Generationenkonflikt, der oft herbeigeredet wird, aber im Grunde überhaupt nicht existiert, weil Vater und Sohn die gleiche Sprache sprechen – allerdings unterschiedliche Worte wählen.
Viele Erklärungen, welche davon wahr ist, lässt „Monaco F“ augenzwinkernd offen: „Eine davon ist vielleicht richtig. Vielleicht auch gar keine davon. Vielleicht alles.“ „Monaco F“ geht sehr aufgeschlossen und schwammig durchs Leben. Schwammig? „Ich sauge sehr viel auf. Wenn etwas einen Witz hat, empfinde ich es als wert, etwas darüber zu machen. Das kann dieser Generationenkonflikt sein, wie im neuen Song ‚Cringe Päbbn‘, auf den mich ein konkreter Satz meines Sohnes beim Frühstück bringt.“
Das kann aber auch etwas Schwarzhumoriges sein wie im Song „Spülmaschine“, als er seine trostlose Lage als Künstler während der Corona-Pandemie thematisiert. Oder aber wie in seinem größten Song „des Grüne“, den er geschrieben hat, nachdem er zufällig herausgefunden hatte, dass sowohl Hopfen als auch Cannabis Hanfpflanzen sind.
Aus dem Nichts
ein Youtube-Hit
Lange wurde der Musiker belächelt ob seines Dialekt-Raps. Nachdem dann der Song „Watschnbaam“ seiner damaligen Band „Doppel D“ im Herbst 2009 wie aus dem Nichts ein kleiner Youtube-Hit wurde, konnten die Musiker zunächst selbst kaum glauben, dass die Leute plötzlich auf Festivals ihre Songs mitgrölten.
„So geht es mir heute jedes Mal, wenn die Leute auf Konzerten ‚des Grüne‘ oder ‚Bierallergie‘ mitsingen. Ich empfinde das nach wie vor jedes einzelne Mal als etwas sehr Besonderes“, betont „Monaco F“, dem dieser allererste Moment immer im Gedächtnis bleiben wird.
„Das erste Mal, als dieses Gefühl da war, war 2010 auf dem ‚AgratAmAgatha‘-Festival. Im Jahr zuvor waren wir noch nachmittags um drei dran, im Jahr drauf nach ‚Watschnbaam‘ auf einmal Headliner, was wir anfangs für einen Witz hielten. Aber dann war’s eines der schönsten Konzerte ever.“ Auf Bühnen mit seiner Band, umgeben von Leuten, die eine riesengroße Freude dabei haben, genau da sieht sich „Monaco F“ auch in den kommenden Jahren.