Von Hitzschlag-Hilfe bis Leichenbergung

von Redaktion

Wer am Simssee unterwegs ist, kann im Notfall auf die Wasserwacht zählen. Die rückt dort unter anderem von der Wachstation Baierbach aus. Wie die Arbeit der Ehrenamtlichen funktioniert, welche Einsätze häufig vorkommen – und was beim Baden am Simssee zur Gefahr werden kann.

Simssee/Baierbach – Wenn das Wetter mitspielt, nutzen etliche Badegäste am Badeplatz Baierbach die ersten Septembertage noch mal richtig aus, um im Simssee schwimmen zu gehen. Wie immer sind auch ein paar Leute mit ihrem Stand-up-Paddle (SUP) unterwegs. Aber nicht alle sind zum Vergnügen hier: Für die Wasserwachtler der Ortsgruppe Rosenheim an der Station Baierbach kann es durchaus ernst werden.

Bis zu 3000
Badegäste am Tag

Ihre Hütte liegt seit mittlerweile mehr als 40 Jahren am linken Rand des Strandbads Baierbach. An guten Tagen sind hier zwischen 2500 und 3000 Leute an und im Wasser unterwegs. Wenn jemand Hilfe braucht, rückt die Wasserwacht aus. Unter der Woche läuft das über die sogenannte Schnelleinsatzgruppe (SEG), die per Piepser alarmiert wird. Bei Badewetter sind am Wochenende allerdings einige Mitglieder vor Ort und leisten Wachdienst. „In der Früh treffen wir uns dann hier, richten unser Zeug her“, erzählt Richard Holzner, Vorsitzender der Ortsgruppe Rosenheim, zu der auch die Station in Baierbach gehört.

Bevor der Wachdienst beginnt, hissen die Ehrenamtlichen die Fahne an der Wachhütte, checken den Sanitätsrucksack, kontrollieren das Boot. „Wir schauen, dass alles einsatzbereit ist“, fügt Florian Bründl hinzu. Er ist Technischer Leiter bei der Wasserwacht. „Anschließend gibt es eine kurze Einweisung.“

Dabei wird auch darüber gesprochen, was heute noch ansteht. Das kann am Simssee eine Segelregatta sein oder ein Langstreckenschwimmer, der sich die knapp 900 Meter lange Strecke von Baierbach nach Ecking zur Brust nehmen will. „Mit dem Fernglas beobachten wir diese Schwimmer immer mal wieder“, erklärt Bründl.

Meist sind es etwa fünf bis sechs Mitglieder, die hier ehrenamtlich Wache schieben. „Der Hauptgrund dafür ist das Verhindern des Ertrinkungstods“, sagt Vorsitzender Richard Holzner. Denn je länger man zum Ausrücken braucht, desto unwahrscheinlicher ist es, dass das Leben eines ertrinkenden Menschen gerettet werden kann. Wenn die Ehrenamtlichen direkt am Wasser sind, können sie sofort ausrücken. „Das Boot liegt schon im Wasser, man kann sofort reagieren, wenn ein Schwimmer in Not ist“, betont Holzner.

Einsätze an
Land und im Wasser

Aber nicht nur im Wasser hilft die Wasserwacht. „Wir haben sehr viele Landeinsätze während des Wachdiensts. Und das ist auch gut so“, sagt Dominik Orthofer, Zweiter Technischer Leiter und Stationswart in Baierbach. Dieses Jahr sei beispielsweise schon jemand umgekippt, aber auch Schlaganfälle, Herzinfarkte oder Hitzschläge können vorkommen.

Trotzdem muss das Team auch mal raus auf den See. „Wenn wirklich jemand tot im Wasser gefunden wird, sind wir diejenigen, die den Leichnam bergen müssen“, so Orthofer. Und auch im Falle einer Vermisstensuche wird die Wasserwacht eingeschaltet. „Wir machen vermehrt die Suche im Bereich Wasser und die Feuerwehr unterstützt an Land“, sagt der Stationswart.

Auch technische Hilfeleistung, wenn etwa ein Segelboot abgeschleppt werden muss, oder die Naturschutzstreife stehen bei der Wasserwacht auf dem Zettel. „Da sind die SUP-Fahrer ein großes Thema“, sagt Richard Holzner. Ein Teil des Simssees ist Naturschutzgebiet. Nicht alle Stand-up-Paddler nehmen Rücksicht darauf und halten sich in verbotenen Zonen auf.

„Wir weisen natürlich darauf hin, haben aber rechtlich keine Handhabe“, erklärt Florian Bründl. Diesen Schuh wolle man sich aber auch nicht anziehen – aus einem guten Grund. „Wir sind da, damit wir den Leuten helfen können, nicht, damit wir sie zurechtweisen“, betont Bründl. Jeder soll ohne Angst auf die Mitglieder der Wasserwacht zukommen können.

Dennoch beschäftigt das Thema SUP auch die Wachstation Baierbach. In den vergangenen Jahren sind es deutlich mehr Paddler geworden, wie die drei Männer erzählen. „Solange sie sich an die Abgrenzungen der Schwimmbereiche halten, gibt es keine Probleme“, sagt Dominik Orthofer.

SUPs können
gefährlich werden

Doch das Stand-up-Paddling birgt auch Gefahren. „Kinder können vom Board aus leicht übersehen werden. Es gibt nicht nur aufblasbare, sondern auch Hartschalen-Boards. Wenn das jemand gegen den Kopf bekommt, kann das schon größere Verletzungen geben“, erklärt Orthofer.

Was einige SUP-Fahrer zudem unterschätzen, ist das Wetter. „Gewitterfronten kommen hier am Simssee recht schlagartig“, erzählt er. Wenn sich der Paddler dann mitten auf dem See befindet, wird es eng. „Auf einmal kommt der Wind, die Wellen werden stärker“, so der Stationswart. Da habe man schon den ein oder anderen abholen müssen.

Richard Holzner hat auch eine Vermutung, warum das so ist. „Die wenigsten SUP-Fahrer setzen sich mit den Wasserthematiken auseinander“, meint er. Am Simssee gebe es nämlich eigentlich zwei Lichter, die eine Sturmwarnung rechtzeitig anzeigen. „Die Segler wissen das, sie müssen ja auch alle einen entsprechenden Segelschein haben. Für SUP-Fahrer gilt das nicht.“ Deshalb könne man schon überlegen, ob es nicht ähnlich zum Fahrrad-Führerschein auch einen SUP-Führerschein geben sollte.

Auch die vielen tödlichen Unfälle an bayerischen Seen gingen an der Wasserwacht Rosenheim nicht vorbei. Und zumindest teilweise können sich die Wasserwachtler erklären, wie es dazu kommen konnte. „Viele Ertrinkungsopfer konnten anscheinend nicht gut schwimmen“, sagt Dominik Orthofer. Bei Unfällen könne dann einerseits die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten eine große Rolle spielen, andererseits die Unterschätzung des Gewässers.

„Hinzu kommt, dass viele bayerische Seen eine Sache gemeinsam haben, die gefährlich werden kann: die Kanten in der Nähe des Ufers“, erklärt Richard Holzner. So könne man an der einen Stelle im Simssee noch gut stehen, ein bisschen weiter sei der See auf einmal drei Meter tief. „Das ist vielen Badegästen nicht bewusst“, sagt er. Gerade Kinder müsse man deshalb immer im Blick behalten. „Klar, wir schauen auf das Gewässer, aber wir sind keine Badeaufsicht“, betont der Vorsitzende.

Zwischen Dankbarkeit
und Beleidigungen

Obwohl die Wasserwacht so vielen Menschen hilft, bekommen ihre Mitglieder oft auch Frust ab. „Wir können uns manchmal einiges anhören. So was wie ‚fünf Tage die Woche haben wir hier Spaß und zwei Tage seid ihr da‘“, erinnert sich Florian Bründl. Auch sämtliche Schimpfwörter seien ihnen schon an den Kopf geworfen worden. Aber es gibt auch die andere Seite, wie Dominik Orthofer erzählt. „Dieses Jahr kam jemand einfach zu uns und hat gesagt, danke, dass ihr da seid und ist wieder gegangen.“ Darüber freue sich dann natürlich die ganze Mannschaft.

Das Gleiche gelte für die Unterstützung des Ehrenamts, vor allem in Form von Spenden. „So gerne wir es würden, wir können nicht von Luft und Liebe leben“, sagt Bründl und schmunzelt. Das technische Equipment, die Instandhaltung der Fahrzeuge und Wachstationen, das alles koste Geld. „Etwa die Gemeinde Stephanskirchen und die Stadt Rosenheim greifen uns dabei aber unter die Arme“, betont Vorsitzender Richard Holzner. Deshalb wollen sich die drei bei allen bedanken, die das Ehrenamt unterstützen. Denn nur so kann die Wasserwacht weiterhin Menschen helfen, für die der Ausflug an den Simssee nicht ganz so schön ist, wie er hätte sein können.

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