Kolbermoor – Monatelang gehörte es für viele Naturbegeisterte in der Region zu einem der ersten Schritte des Tages: der Blick auf den Live-Stream des Kolbermoorer Storchennestes. Schließlich konnten die Besucher dort 24 Stunden täglich und in Echtzeit erleben, wie sich ein Storchenpaar in Kolbermoor ansiedelte, das schließlich vier Eier im Nest hatte. Und über Monate konnte man verfolgen, wie die kleinen Küken Pitti und Platsch zu stattlichen Jungstörchen heranreiften. Doch seit einigen Tagen zeigt die Webcam nur noch ein verlassenes Nest. Denn Pitti und Platsch sind mittlerweile in ihr großes Abenteuer aufgebrochen und auf dem Weg in Richtung Süden, um in Afrika zu überwintern. Wie schwer ihr der Abschied von Pitti und Platsch gefallen ist, welche „Renovierungsarbeiten“ für eine mögliche Neubelegung des Nestes anstehen und was ihre schönsten Erlebnisse mit den majestätischen Vögeln war, hat die Kolbermoorerin Cindy Kock (42), Initiatorin des Storchennests, im OVB-Interview verraten.
Die Störche haben sich in Richtung Süden aufgemacht. Fällt Ihnen der Abschied schwer?
Natürlich ist man ein bisschen traurig, jetzt auf ein Nest zu blicken, das seit ein paar Tagen leer ist. Aber andererseits ist es nicht nur für mich persönlich ein Highlight, was mit den Kindern geschaffen wurde, sondern auch für die gesamte Community, gerade im Chat des Live-Streams. Dieser möchte ich auch einen besonderen Dank aussprechen.
Wie würden Sie rückblickend die vergangenen Monate seit Ansiedlung des Storchen-Paares Keira und Alexander beschreiben?
Wenn ich meinen guten Freund Lars aus Fohrde zitiere: „Ein Paar im ersten Jahr zu bekommen, wäre der Sechser im Lotto.“ Daher kann ich heute rückblickend sagen, diesen Hauptgewinn verbuche ich doppelt. Ein Paar und dazu flügge Junge. Denn auch das muss erstmal von Eltern und den Umweltbedingungen geschafft werden. Natürlich mit Höhen und Tiefen. Aber einem Happy End.
Was war Ihr schönstes, was Ihr traurigstes Erlebnis in puncto Kolbermoorer Störche?
Das traurigste Erlebnis war natürlich der Verlust von Mia und Hunter. Das Allerschönste dafür, als Pitti und Platsch zum ersten Mal abgehoben sind vom Nest. Und wie toll der tägliche Austausch mit dem Chat war und immer noch ist. Einfach wunderschön.
Die beiden Jungstörche Pitti und Platsch konnten beringt werden. Welche Informationen können Sie daraus über die Zukunft der beiden beziehen?
Wird einer oder beide gesichtet und kann die Ringnummer leserlich fotografiert werden, kann man diese Ringnummer online unter www.Ring.ac oder direkt an die Vogelwarten wie beispielsweise in Radolfzell melden. Im Anschluss bekommt der jeweilige Beringer eine Info, das bin in diesem Fall ich. Leider betrifft dies auch einen Totfund. Eine Garantie, jemals wieder etwas von Pitti oder Platsch zu hören, gibt es leider nicht.
Es ist ja keineswegs ausgeschlossen, dass das Nest kommendes Jahr erneut „belegt“ wird. Müssen Sie in den kommenden Monaten dort irgendwelche „Renovierungsarbeiten“ durchführen?
Es ist angedacht, im Februar oder März mit der Hebebühne raufzufahren. Der Bauhof Kolbermoor hat sich diesbezüglich schon positiv geäußert. Dieser hatte ja auch die Beringung möglich gemacht, wofür ich sehr dankbar bin. Dann kommt die obere Schicht raus, die Kamera kann gereinigt werden und es wird frisches Stroh aufgepolstert. Das ist wichtig, um Schimmelpilzen vorzubeugen und auch die Wasserdurchlässigkeit zu erhalten. Das ist dann ja auch während der Faschingszeit. Vielleicht seht ihr mich dann im Storchenkostüm (lacht).
Sie haben nicht nur selbst fleißig per Webcam das Geschehen am Nest verfolgt, sondern auch auf der Homepage immer wieder mit Tagebucheinträgen und Infos zu Störchen unterhalten. Was werden Sie nun mit der zusätzlichen „Freizeit“ anfangen?
Es wird in den nächsten Tagen einen zwei- oder mehrteiligen großen Rückblick geben, aus meiner Sicht und mit meinen Gedanken dazu. Aber stillstehen wird die Website unter www.storchennest-kolbermoor.de nicht gänzlich. Aktuell überlege ich, wie ich die Wartezeit bis zur Rückkehr mit sporadischen Bastelideen, Rezepten und eventuell einem Adventskalender für Naturbegeisterte bestücken könnte.
Um Kinder und Jugendliche den Storch als Lebewesen näherzubringen, sind Sie auch in Kindergärten und Schulen unterwegs: Wie ist die Nachfrage und wohin können sich interessierte Schulen und Kindergärten wenden?
Tatsächlich habe ich bisher das Haus für Kinder als einzige Einrichtung besucht. Das mag jetzt etwas „mau“ klingen, trotzdem freut es mich. Dazu kommt, dass das Projekt bis dahin ja auch erst wachsen musste. Ich kann nicht eine Website eröffnen, das Nest live schalten und davon ausgehen, dass die Interessenten mir die Tür einrennen. Lieber wächst etwas langsam und beständig, dafür aber langfristig. Interessierte können sich per E-Mail an die Adresse info@storchennest-kolbermoor.de wenden.
Interview: Mathias Weinzierl