Irschenberg/Nußdorf – Der Saal war voll, die Musik vielfältig und die Stimmung gelöst, doch getragen von großer Ernsthaftigkeit im Umgang mit der alpenländischen Musiktradition.
Der Hoagascht im Trachtenheim Irschenberg machte deutlich, warum die „Saitenstraßenmusi“ aus Nußdorf zu den derzeit spannendsten jungen Volksmusikgruppen zählt. Das Sextett hatte anlässlich des Herma-Haselsteiner-Preises eingeladen, den es 2024 beim Alpenländischen Volksmusikwettbewerb in Innsbruck erhalten hatte. Die Ausrichtung eines eigenen Volksmusikabends ist eine Verpflichtung für die Preisträger, die an diesem Abend jedoch als Herzenssache wahrgenommen wurde.
Abgestimmtes
Zusammenspiel
Das Publikum erwartete kein Wettbewerb, sondern ein fein abgestimmtes Zusammenspiel verschiedener Gruppen aus Bayern und der Schweiz, deren Repertoire und Auftreten sich wie Puzzleteile zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügten. Den Anfang machte der Sagschneider Dreigsang, drei Schwestern aus Lenggries, deren zurückhaltender Gesang sich bei Stücken wie „Wos bleibst denn do draußn beim Lindnbaam“ in feinen Bögen durch den Raum spannte. Später traten die Geschwister Strasser aus Riedering auf, die sich nicht nur gesanglich, sondern auch instrumental mit Harfe, Ziach und Kontrabass souverän selbst begleiteten – ihr „Jetzt ziagt da Herbst ins Land“ berührte nicht nur klanglich, sondern auch inhaltlich. Einen besonderen Akzent setzten die Musiker der Streichmusik Vielsaitig aus dem appenzellischen Teil der Schweiz. Mit Hackbrett, zwei Geigen, Cello und Kontrabass führten ihre Stücke, wie etwa der schwungvolle „Bäre-Schottisch“, das Publikum in neue klangliche Regionen, unterstützt durch ihre prachtvolle Schweizer Tracht. Die Kranzbergblos aus Mittenwald brachte schließlich in ihrer typischen Besetzung mit Bläsern, Harmonika und Harfe Schwung auf die Bühne, beispielsweise mit den „Werdenfelser Klängen“.
Maria Kaiser führte mit musikalischer Fachkenntnis, Feingefühl und einem sicheren Gespür für Übergänge durch das Programm. Sie verband die einzelnen Beiträge mit Hinweisen auf Herkunft, Geschichte und Eigenheiten der Stücke, stets zugänglich und nie belehrend.
Der Höhepunkt des Abends war zweifellos der Auftritt der Gastgeber. Die „Saitenstraßenmusi“ spielte mit jener Vertrautheit, die aus tiefem gemeinsamem Musizieren entsteht. Melodisch getragen von Christoph Sinhart (Posaune), Julia Sinhart (Klarinette) und Elisabeth Sinhart (Geige), rhythmisch fundiert von Florian Schmid am Kontrabass und Jakob Hampel an der Gitarre, und klanglich zusammengehalten von Hannes Schmid an der Steirischen Harmonika, entwickelte sich eine musikalische Dramaturgie, die von stillen Momenten bis hin zu lebhafter Tanzmusik reichte. Auch ein Stück aus der Schweiz – „Kanonenvoll“ – war Teil ihres Repertoires und zeigte, dass musikalische Heimat nicht an Landesgrenzen endet.
Tradition
und Offenheit
Nach dem offiziellen Teil wurde der Saal zum Tanzboden. Die Kranzbergblos und die „Saitenstraßenmusi“ spielten abwechselnd auf und luden damit ein Publikum jeden Alters zum Mitmachen ein. Dass sich an diesem Abend Tradition und Gegenwart, Herkunft und Offenheit so harmonisch begegneten, ist wohl das schönste Ergebnis eines gelungenen Hoagaschts.