Großkarolinenfeld – Ein großes Ereignis steht in Großkarolinenfeld an: die Wiedereinweihung der Karolinenkirche. Nach mehr als 18 Monaten Bauzeit wird sie am Sonntag, 28. September, um 9.45 Uhr wiedergeweiht. Damit wird der älteste eigenständige evangelische Kirchenbau in Altbayern wieder seiner Bestimmung übergeben. 1822 von Pfälzer Siedlern im klassizistischen Stil errichtet, ist sie seit über 200 Jahren ein Symbol für Mut, Toleranz und Ökumene.
Bereits am Anfang seiner Tätigkeit in Großkarolinenfeld fiel Pfarrer Dr. Richard Graupner die Kühle und Schlichtheit der Kirche auf. „Keine Bilder, aber viel Licht durch die großen Fenster“, konstatierte er. Das war der Startschuss, den Raum zu einem lebendigen Ort von Kunst und Kultur, Spiritualität und Begegnungen zu machen – zur Kunststation Karolinenkirche. Graupner initiierte Konzerte, Kino und zeitgenössische Kunst. Begegnungen, die den Raum veränderten, aber auch die Werke der Künstler, die darin zu sehen sind.
Erfolgreiche Kunstausstellungen
Mit Stolz erinnerte Graupner im Rückblick an die Ausstellung von Peter Casagrande im Jahr 2018 „Das große Format“, bei der der Künstler mit vier großformatigen Bildern mit der Geschichte von Ostern in die Karolinenkirche kam. Für 100 Tage war 2019/2020 das Werk „MUT“ des Münchners Maximowitz zu sehen oder 2022 die wunderbaren Lichtglasmalereien von Sibylle Thebe. In diesem Jahr an Ostern gab es die Pop-Up-Ausstellung „KreuzRundQuer“ von Sabine Straub. Als Erfolg dieser Aktivitäten erhielt die Karolinenkirche 2024 den Titel „Kunststation der Evang.-Luth. Kirche in Bayern“ verliehen.
„Die Jahre gingen aber nicht spurlos an dem Bauwerk vorüber, sodass eine Generalsanierung unumgänglich war“, so Pfarrer Dr. Richard Graupner. Ein großes Projekt, in dem Graupner aber die Chance erkannte, seine Kirche für die Gemeinde zu öffnen und moderner zu machen. Sein Ziel war es, den Innenraum als Ort der Begegnung zu gestalten, der aber trotzdem den liturgischen Bedürfnissen entspricht. „Neben Gottesdiensten soll unsere Kirche aber auch variabel genutzt werden können, etwa für Ausstellungen oder Konzerte“, schilderte Graupner.
Und dann ging es an die große Sanierung. Der Rosenheimer Architekt Sven Grossmann sanierte den Dachstuhl denkmalgerecht und baute einen neuen Holzboden ein. Auch die gesamte Technik, ob Elektronik, Licht- oder Tontechnik, wurde erneuert. Die neuen liturgischen Stücke stammen von der Münchner Künstlerin Katharina
Gaenssler. Die Bausumme von über 2,2 Millionen Euro konnte nur mit tatkräftiger Hilfe der beiden Schirmherrn, Herzog Franz von Bayern und der ehemaligen Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler zusammen mit der Evangelischen Landeskirche und vielen weiteren Förderern geschultert werden.
Nach diesem umfassenden Umbau und dem neuen, flexiblen Konzept öffnet sich die Kirche künftig für vielfältige Nutzungen – sie bringt sich noch stärker als Kulturort in der Region ein. „Kirchen sind schon immer Orte der Begegnung – für Menschen mit viel oder weniger Glauben, mit Fragen und Zweifeln, mit der Sehnsucht nach Schönem, nach Gemeinschaft und dem Wunsch, ins Gespräch zu kommen“, zeigte Graupner die Nutzungsmöglichkeiten in der neuen Kirche auf.
Statt fester Bänke gibt es nun bewegliche Stühle, auch die Altarerhöhung wurde entfernt – alles ist nun ebenerdig. Altar und Taufbecken sind nicht mehr fest installiert, sondern flexibel nutzbar – so entsteht zusätzlicher Raum im Kirchenschiff. Moderne Tontechnik sorgt zudem für optimale Bedingungen, ob bei Gottesdiensten, Konzerten oder kulturellen Veranstaltungen.
Da traf es sich, dass Pfarrer Dr. Richard Graupner zugleich Kunstbeauftragter für den Kirchenkreis Altbayern/Schwaben ist – ein Amt, das den Dialog der Kirche mit zeitgenössischer Kunst und Künstlern fördert. „Eine Kirche mitten im Ort“, so Graupner, „bedeutet ein Raum für Gott, ein Raum für Stille, Lebendigkeit und Ruhe. Und zugleich: ein Raum für Kunst, Kultur und Begegnungen. Hier kann man ins Gespräch kommen, Standpunkte erörtern oder Sachverhalte klären.“
Unterstützt wird das Projekt durch den im Mai 2021 gegründeten Förderverein Karolinenkirche (www.karolinenkirche.de). Seinem Motto gemäß „Kunst. Kultur. Begegnungen wagen“ soll die Kirche neben ihrer spirituellen Bedeutung künftig mit einem erweiterten Nutzungskonzept als Ort der Kultur und der Begegnung genutzt und geöffnet werden.
Zwei Tage vor Wiedereröffnung der Kirche (Sonntag, 9.45 Uhr) wird morgen, Freitag, um 18 Uhr der Kulturraum der Karolinenkirche mit einem Konzert des Leo-Betzl-Trios eröffnet. Ihre Musik ist eine Reise nach innen, lädt zum Träumen genauso wie zum ekstatischen Tanzen.
Im Oktober folgen offene Gespräche (Mittwoch, 15. Oktober) unter dem Motto „Menschen treffen Menschen“ und ein außergewöhnlicher Gottesdienst am Reformationstag (Freitag, 31. Oktober) – ein musikalisches Plädoyer für das Unangepasste. Der November wartet mit einem Theaterabend (Samstag, 22. November) „Lear – Königin im Moor“ auf und mit einem Familiengottesdienst (Sonntag, 30. November) „KircheKunterbunt“ zum Mitmachen.