Kolbermoor – Bereits in seiner Ausstellung „Feuerraum“ in der Heubergstraße in Kolbermoor zeigt Hendrik Kraus, dass Ofenbauen mehr als nur Einbauen ist – es ist auch kreatives Gestalten. Einer seiner Öfen zeigt das Zusammenspiel aus modernen Keramikfliesen, weißem Putz und einem nach innen versetzten Sockel, der Schattenfuge. Alle Designs der handgesetzten Öfen stammen aus Kraus‘ Feder.
„Ich bin ein
visueller Mensch“
„Ich bin ein visueller Mensch. Mir fallen Details auf“, sagt Kraus. Und dieses Gespür prägt seine Arbeit. Dabei stellt er seinen Kunden nicht einfach einen Ofen ins Haus, im Gegenteil: „Ich habe eine Freude daran, Lebensräume zu gestalten“, sagt er.
Dafür lernt er die Kunden und ihre Häuser erst einmal genauer kennen. „Wenn ich Öfen plane, erstelle ich den Raum eins zu eins und platziere dort den Ofen rein“, sagt Kraus. So möchte er seinen Kunden ein Gefühl für die Proportionen geben. Denn ist ein Ofen erst einmal gebaut, lässt er sich nicht so einfach verschieben.
Seine selbst gemauerten Öfen sollten nicht falsch stehen. Schließlich werden sie von Hand gebaut. Der reine Aufbau dauert vier bis fünf Tage. Dabei beherrschen die Ofenbauer mehrere Handwerkstechniken gleichzeitig: verputzen, mauern, Fliesen legen und schweißen. Kreativität gehört ebenfalls dazu. Diese Vielfältigkeit als Ofenbauer betont auch Dietmar Sewald, Obermeister der Ofen-Luftheizungsbauer-Innung München-Oberbayern. Ein Ofenbauer müsse außerdem mit Glas, Natursteinen, aber auch mit Elektrik umgehen können. „Es ist einer der wenigen Berufe, der in viele andere reingeht“, sagt Sewald.
Für seine Kreativität gewann Kraus jetzt einen Sonderpreis bei Ofenflamme 2025. „Ich hatte vier Ofenanlagen von uns eingesendet und keine große Erwartung gehabt“, sagt Kraus. Er habe sogar zwischenzeitlich vergessen, dass er sich bei diesem Wettbewerb beworben hatte.
Dabei war seine Einsendung wohl überlegt. „Ich habe im Laufe der Jahre eine Liebe zum Design entwickelt und ein gewisses Level erreicht. Da wollte ich es mal probieren“, sagt Kraus. Ihm zufolge ist der Wettbewerb „Ofenflamme“ das Maß aller Dinge, wenn es in seiner Branche um Designpreise geht. Davon wurden ihm bei der Verleihung in Frankfurt gleich zwei übergeben. Einmal in der Kategorie Selection und einmal beim Sonderpreis.
Den Sonderpreis holte er sich mit einem Ofen, den er perfekt in das Treppenhaus seiner Kunden integrieren konnte. „Der Schornstein war mittig im Treppenhaus platziert“, erklärt Kraus. Den Ofen woanders im Raum platzieren und Rohre bis zum Schornstein zu ziehen, kam für ihn nicht infrage. „Das hätte den Charme vom Raum zerstört“, sagt der 45-Jährige.
Stattdessen nutzte er den vorhandenen Platz und platzierte den Ofen in dem modernen Raum, in dem viele Akzente mit Altholz gesetzt wurden. Das verleihe dem ganzen Raum seinen Charme. Hier wollte Kraus ansetzen: „Ich habe den vorhandenen Platz genutzt und den Ofen reingezaubert. So ist kein Wohnraum verloren gegangen“, sagt der Ofenbaumeister.
So windet sich die Treppe um den Ofen. „Dort wäre ohnehin eine Mauer hingekommen, um die Absturzsicherung herzustellen“, sagt Kraus. Diese Sicherung ist jetzt der Ofen. Während unten geheizt wird, gibt es im ersten Stock ein kleines Highlight. „Es sieht aus wie ein ganzer Ofen, aber der obere Teil ist nicht beheizt“, erklärt er. Denn dort befindet sich ein Regal, das den Kunden nochmals Stauraum bietet. Hier hat Kraus darauf geachtet, die Materialien vom Ofen und das Altholz vom Raum zu kombinieren: „Damit alles stimmig ist und es nicht irgendwann aussieht wie in der Villa Kunterbunt.“
Diese Arbeit begeisterte auch die Jury vom Wettbewerb „Ofenflamme“. In der Kategorie Selection konnte Kraus mit „Rotkäppchens Traum“ überzeugen. Die Auftraggeber dieses Ofens hatten ihm erzählt, dass sie mit ihren Kindern immer Märchenbücher davor gelesen hatten. „Das war für mich der Märchenofen“, sagt Kraus.
Beim Umbau des „Märchenofens“ kombinierte er schwarzen Stahl mit roter Keramik – passend zum Märchen von Rotkäppchen. Die Verkleidung der Ofentür wurde rund. „Das ist sehr selten, meistens sind es eckige Türen mit geraden Scheiben“, sagt er. Auch diese Arbeit überzeugte die Jury, weil der Ofen sich in den Wohnraum integriert.
Im Jahr verlassen rund 100 Öfen Kraus‘ Firma. Während sich seine Mitarbeiter um die Fertigung und den Einbau von Öfen kümmern, hat sich Kraus mittlerweile auf die Planung fokussiert. Dabei ist ihr Haupteinzugsgebiet meist der Raum Rosenheim, es geht aber auch mal über die Landesgrenzen hinaus. „Im Landkreis Rosenheim haben wir eine der größten Dichten im Ofenbau“, sagt Sewald dazu. Somit gibt es im Innungsbereich Oberbayern ihm zufolge zwischen 250 und 300 Ofenbauer.
Junge Leute für
Beruf begeistern
Auch wenn es in der Region viele Ofenbauer gibt, möchte Kraus noch mehr Menschen für den Beruf begeistern. So besuchen er und seine Kollegen einige Ausbildungsmessen, um die jungen Leute dafür zu gewinnen.
„Es wird nicht viel Werbung für diesen Beruf gemacht“, sagt er. Ihm zufolge wären manche erstaunt, dass Ofenbauer auch ein eigener Beruf ist.